Index
L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetz 1971; Vereinigung der Gemeinde Neuruppersdorf mit den Gemeinden Wildendürnbach und Pottenhofen (§3 Abs13 Z5) nicht unsachlichSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) §3 Abs13 Z5 des Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, Nö. LGBl. 264 (im folgenden kurz: KStrVG), verfügt die Vereinigung der im politischen Bezirk Mistelbach gelegenen Gemeinden Wildendürnbach, Neuruppersdorf und Pottenhofen zur Gemeinde Wildendürnbach. Die von der Vereinigung betroffenen Gemeinden haben gemäß §5 Abs1 KStrVG mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes - das ist seinem §9 zufolge der 1. Jänner 1972 - als eigene Gemeinden zu bestehen aufgehört.
b) Unter dem Datum 14. Dezember 1971 hat die Nö. Landesregierung den Bescheid Z II/1-741 - 1971 erlassen, dessen Spruch lautet:
"Gemäß §3 Abs13 Ziffer 5 des Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. Nr. 264, wurden die Gemeinden Wildendürnbach, Neuruppersdorf und Pottenhofen zur Gemeinde Wildendürnbach vereinigt.
Gemäß §6 Abs2 leg. cit. werden bis zur Angelobung des neu gewählten Bürgermeisters zur Besorgung der unaufschiebbaren Geschäfte dieser Gemeinde bestellt:
Zum Regierungskommissär: ...
Zu Beiräten: ... (es folgen sechs Namen)
Das Beiratsmitglied ... wird zum Stellvertreter des
Regierungskommissärs bestimmt.
Die von der Gemeinde zu tragende Entschädigung des Regierungskommissärs wird mit S 3.232,- festgesetzt."
Keiner der Beschwerdeführer wurde mit dem erwähnten Bescheid zum Regierungskommissär oder zum Beirat bestellt.
Wohl aber waren sie seinerzeit Mitglieder des Gemeinderates der Gemeinde Neuruppersdorf.
2. a) Gegen diesen Bescheid der Nö. Landesregierung vom 14. Dezember 1971 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
b) Die Beschwerdeführer begründen ihre Behauptung, im Gleichheitsrecht verletzt zu sein, ausschließlich damit, daß ihrer Meinung nach die im angefochtenen Bescheid angewendeten Bestimmungen des KStrVG gleichheitswidrig seien.
Unter Hinweis auf die Judikatur des VfGH, insbesondere auf die hg. Erk. VfSlg. 8108/1977 (betreffend die Gemeinde Alberndorf) und VfSlg. 9068/1981 (betreffend die Gemeinde Gerersdorf) bringen sie vor, daß keine sachlichen Gründe für die verfügte Vereinigung von Neuruppersdorf mit Wildendürnbach und Pottenhofen vorgelegen seien. Neuruppersdorf habe zum Zeitpunkt der Vereinigung (1971) zwar bloß 525 Einwohner gehabt. Dennoch sei eine Vereinigung nicht erforderlich gewesen. Die Gemeinde habe über eine eigene ausreichende Infrastruktur (über ausreichende "Dienste") verfügt.
Zwischen Neuruppersdorf und Wildendürnbach hätten kaum wirtschaftliche Verflechtungen und sonstige Verbindungen bestanden. Es habe zwischen diesen beiden Orten auch kein baulicher Zusammenhang bestanden. An all dem habe sich auch nach der Vereinigung nichts geändert.
Die öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen den Ortsteilen der neuen Gemeinde seien äußerst mangelhaft.
Nach der Zusammenlegung habe die neue Gemeindeverwaltung für Neuruppersdorf nur wenige oder unnötige Leistungen erbracht, dafür aber im Ortsteil Wildendürnbach zahlreiche öffentliche Bauten durchgeführt.
Die Verwaltungskosten der zusammengelegten Gemeinde seien wesentlich angestiegen, die Pro-Kopf-Verschuldung sei bedeutend gewachsen.
Von einer Zuordnung der ehemals selbständigen Gemeinde Neuruppersdorf zu Wildendürnbach könne keine Rede sein. Konkrete Vorteile aus der Vereinigung seien nicht erkennbar.
Die Beschwerdeführer regen an, die Verfassungsmäßigkeit des §3 Abs13 Z5 KStrVG von Amts wegen zu prüfen.
3. Die Nö. Landesregierung als belangte Behörde hat am 28. April 1982 eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Sie hat außerdem am 30. September 1982 eine weitere Stellungnahme abgegeben. Darauf haben die Beschwerdeführer am 1. März 1983 repliziert.
II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
1. - 3. ... (Die unter Pkt. 1. bis 3. folgenden Ausführungen entsprechen - lediglich auf den anderen Sachverhalt bezogen - wörtlich denen des Pkt. II.1. bis 3. des Erk. B640/81 v. 3. März 1983) ...
III. In der Sache hat der VfGH erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid wird vor allem auf die Bestimmung des §3 Abs13 Z5 KStrVG gegründet, von der die Beschwerdeführer behaupten, sie sei gleichheitswidrig.
... (Die Ausführungen des zweiten Absatzes in diesem Punkt entsprechen wörtlich denen des zweiten Absatzes in Pkt. III.1. des Erk. B640/81 v. 3. März 1983) ...
Das zitierte Landesgesetz LGBl. 1030-0 hingegen ist nicht präjudiziell, sodaß schon aus diesem Grunde der Anregung der Beschwerdeführer, auch dieses Gesetz zu prüfen, nicht nachgekommen werden kann.
2. - 4. a) ... (Die unter Pkt. 2. bis 4.a folgenden Ausführungen entsprechen - lediglich auf den anderen Sachverhalt bezogen - wörtlich denen des Pkt. III.2. bis 4.a des Erk. B640/81 v. 3. März 1983) ...
b) Die Gemeinde Neuruppersdorf hatte im Jahre 1971 bloß 525 Einwohner. Neuruppersdorf war daher eine Kleingemeinde, gegen deren Auflösung nach dem Gesagten von Verfassungs wegen grundsätzlich nichts einzuwenden war.
Ganz besondere Umstände, die im Jahre 1971 trotz der geringen Einwohnerzahl für das Bestehenbleiben von Neuruppersdorf sprachen, hat das Verfahren nicht erbracht.
Ebensowenig hat sich ergeben, daß irgendwelche Umstände, mit denen der Gesetzgeber des Jahres 1971 rechnen mußte, dagegen sprachen, Neuruppersdorf gerade mit Wildendürnbach und Pottenhofen zu vereinigen. Wildendürnbach und Neuruppersdorf sind nur etwa 1 - 2 km voneinander entfernt. Die Straßenverbindung ist gut. Die sogenannte "Hauptdorfkarte" weist als Zuordnung von Neuruppersdorf zu einer anderen Gemeinde lediglich eine solche zu Wildendürnbach (einer Gemeinde mit "mäßig großer überörtlicher Bedeutung") aus. Wenn der Gesetzgeber 1971 die Kleingemeinde Neuruppersdorf auflösen wollte, hatte er also kaum eine andere Wahl, als sie mit Wildendürnbach zusammenzulegen.
... (Die in diesem Punkt folgenden Ausführungen entsprechen wörtlich denen des Pkt. III.4.c) aa des Erk. B640/81 vom 3. März 1983) ...
bb) Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführer als nicht zielführend:
Der Schwerpunkt der Argumentation der Beschwerdeführer liegt im Vorwurf, die von den Organen der neuen Gemeinde Wildendürnbach verfolgte Politik wirke sich zum Nachteil des Ortsteiles Neuruppersdorf aus. Selbst wenn dieses Vorbringen zutreffen sollte - was im übrigen von der Nö. Landesregierung unter Anführung näherer Umstände bestritten wird - so ist es im gegebenen Zusammenhang rechtlich unerheblich; ein derartiges Verhalten der Gemeindeorgane könnte nämlich - da besondere Umstände, die ein derartiges Verhalten der Organe der neuen Gemeinde erwarten ließen, nicht vorlagen - nicht dem Gemeindestruktur-Gesetzgeber angelastet werden.
Gleiches gilt für die Behauptung, die Verwaltungskosten der zusammengelegten Gemeinde seien überproportional angestiegen. Im übrigen ist zu bedenken, daß den Gemeinden in den letzten Jahren vermehrt Aufgaben entstanden sind und deshalb auch ein Anwachsen der Verwaltungskosten nur schwer vermeidbar war.
Auch das weitere Beschwerdevorbringen, das darauf hinausläuft, der - wirtschaftlich relativ starke - Ortsteil Neuruppersdorf finanziere Vorhaben im Ortsteil Wildendürnbach, weist - selbst wenn es zutreffen sollte - keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach, da sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm von Verfassungs wegen zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes bewegt, wenn er gerade darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gebieten einen Ausgleich zu schaffen, und sich dazu (auch) des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient.
Der Nö. Landesgesetzgeber konnte im Jahre 1971 begründet annehmen, die Vereinigung der Gemeinde Neuruppersdorf mit den Gemeinden Wildendürnbach und Pottenhofen werde ein leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher gewährleisten. Wenn diese Vorteile in der Folge nicht oder nicht im erwarteten Ausmaß eingetreten sein sollten, so könnte dies für den Landesgesetzgeber oder Verordnungsgeber (§9 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-4) allenfalls Anlaß bieten, die Kommunalstruktur neuerlich zu ändern, würde aber nicht bewirken, daß die Prognoseentscheidung des Jahres 1971 als unsachlich zu bezeichnen wäre.
d) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles weder gegen §3 Abs13 Z5 KStrVG 1971 noch gegen die anderen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften verfassungsrechtliche Bedenken - etwa im Hinblick auf den Gleichheitssatz - hat.
5. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, daß bei der Vollziehung des Gesetzes Fehler unterlaufen wären. Anhaltspunkte dafür hat das Verfahren auch sonst nicht ergeben.
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid sohin im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.
6. Die Beschwerdeführer sind auch nicht in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Gemeinderecht ZusammenlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B153.1982Dokumentnummer
JFT_10169685_82B00153_00