TE Vfgh Beschluss 2006/6/14 A27/05

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Veröffentlicht am 14.06.2006
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §20 Abs3

Leitsatz

Abweisung des Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht in eine Stellungnahme der Finanzprokuratur und einen Bericht des Berichterstatters eines Landesagrarsenates infolge berechtigten Ausschlusses der Aktenteile von der Akteneinsicht durch die belangte Behörde

Spruch

Der Antrag der Klägerin, Akteneinsicht in ein "Schreiben der Finanzprokuratur samt Rechtsgutachten" vom 18. Februar 1998, in einen "Bericht des Berichterstatters" des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 2. Dezember 2002, in Beratungsprotokolle des Obersten Agrarsenates vom 7. März 2001 und 4. Juni 2003 und in Berichteranträge und Protokolle des Verwaltungsgerichtshofes zu gewähren, wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

Gemäß §20 Abs3 VfGG können die Behörden bei Vorlage von Akten an den Verfassungsgerichtshof bekannt geben, ob und welche Akten oder Aktenteile im öffentlichen Interesse von der sonst den Beteiligten zustehenden Einsicht auszuschließen sind. Erachtet der Referent, dass die von der Behörde mitgeteilte Ausschließung von Akten oder Aktenteilen zu weit gehe, so hat er die Behörde über seine Bedenken einzuvernehmen und kann allenfalls einen in nichtöffentlicher Sitzung zu fassenden Beschluss des Gerichtshofes darüber einholen.

Der vom belangten Bund bei der Vorlage der auf die Rechtssache Bezug habenden Akten begehrte Ausschluss der im Spruch genannten Aktenteile von der Akteneinsicht ist indessen berechtigt:

Das "Schreiben" mit "Rechtsgutachten" der Finanzprokuratur ist die Kopie eines Schreibens an das Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst) im Zuge des von der Klägerin schon vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gegen den Bund angestrengten Staatshaftungsverfahrens wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch das Verhalten der Agrarbehörden. Es handelt sich daher um die Rechtsberatung des Bundes als der gegnerischen Prozesspartei im Staatshaftungsverfahren, vergleichbar der Konsultation eines Rechtsanwaltes.

Der Bericht des Berichterstatters des Landesagrarsenates ist ein in Berichtsform gehaltener Entscheidungsvorschlag, der wegen Devolution der Sache an den Obersten Agrarsenat - wie die Klägerin weiß - nicht mehr zur Behandlung kam. Als Teilschritt einer (beabsichtigten) behördlichen Willensbildung unterliegt er dem für die Unabhängigkeit des Kollegialorgans wesentlichen Beratungsgeheimnis. Gleiches gilt für die Beratungsprotokolle des Obersten Agrarsenates sowie die Berichteranträge und Beratungsprotokolle des Verwaltungsgerichtshofes. Der Antrag tut nicht dar, welche besonderen Gründe gleichwohl eine Einsicht erfordern könnten. Dass die Oberinstanz wie auch nunmehr der Verfassungsgerichtshof in diese Schriftstücke Einsicht nehmen könnte, reicht für eine Durchbrechung des Grundsatzes der geheimen Beratung nicht aus (vgl. schon für das von der Klägerin zu B1012/03 angestrengte Verfassungsgerichtshofverfahren den dortigen Beschluss vom 3. Dezember 2003, ON 12).

Da es den betroffenen Organen - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht freigestanden ist, die in Rede stehenden Aktenteile (wieder) aus den Akten zu entfernen, kann auch aus der bloßen Tatsache ihrer (Mit-)Vorlage kein Recht auf Einsicht in diese Schriftstücke abgeleitet werden.

Schlagworte

VfGH / Akteneinsicht, Staatshaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:A27.2005

Dokumentnummer

JFT_09939386_05A00027_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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