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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine Bedenken gegen §1 Abs1 und §4 Abs1; denkunmögliche Anwendung dieser BestimmungenSpruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Mit Kaufvertrag vom 6. Juni 1981 erwarb der Beschwerdeführer von Dr. I. St. die Baugrundstücke 315, 316, 317, 318, 319, sowie die nach dem Grundkataster als Garten, landwirtschaftliche Nutzfläche oder Wald bezeichneten Grundstücke 2772, 2773, 2776, 2777, 2774, 2779, 2769, 2770, 2771 und 2775, sämtliche KG S., somit einen Grundkomplex im Gesamtausmaß von 38.242 Quadratmeter um den Kaufpreis von S 5 Millionen.
Bei dem Baugrundstück 315 handelt es sich um das Schloß D. in der Gemeinde S., bei den übrigen Baugrundstücken um die Wirtschaftsgebäude und Stallungen, die vom Beschwerdeführer für einen Schweinemastbetrieb verwendet werden.
b) Mit dem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Grein vom 13. November 1981 wurde der Übertragung des Eigentums an den in lita angeführten Grundstücken von der bisherigen Eigentümerin an den Beschwerdeführer als Käufer gemäß §1 Abs2 iVm §4 Abs1 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 53/1975, die Genehmigung versagt.
c) Der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 6. Mai 1982 nicht Folge gegeben.
2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 6. Mai 1982 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.
Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
An Stelle der am 1. Dezember 1982 verstorbenen Verkäuferin haben die erbserklärten Erben als Beteiligte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eine Äußerung erstattet.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach §1 Abs1 Oö. GVG 1975 bedarf die Übertragung des Eigentums und die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.
Nach §4 Abs1 Oö. GVG müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.
2. a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wird der Beschwerdeführer in der Ausübung seiner Privatrechte beschränkt. Der angefochtene Bescheid greift daher in das Eigentum des Beschwerdeführers ein (vgl. VfSlg. 9009/1981).
Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
b) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Bestimmungen des Oö. Grundverkehrsgesetzes sind in der Beschwerde nicht vorgebracht worden. Beim VfGH sind solche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfGH 28. 6. 1982 B53/80).
3. a) In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, daß die vom Beschwerdeführer erworbenen Liegenschaften bis zum Jahre 1947 landwirtschaftlich genutzt worden seien. Die Verkäuferin habe den landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben.
Der Käufer habe auf der erworbenen Liegenschaft einen Schweinemastbetrieb eröffnet; er habe im Zeitpunkt des von der Landesgrundverkehrskommission durchgeführten Lokalaugenscheines am 6. Mai 1982 ungefähr 300 Schweine in den vorhandenen Wirtschaftsgebäuden untergebracht gehabt. Das für die Mast erforderliche Futter müsse vom Käufer gekauft werden, weil die gekauften Grundstücke zur Gewinnung der Futterbasis nicht geeignet seien. Die vom Beschwerdeführer betriebene "bodenunabhängige" Massentierhaltung (nämlich die Haltung von ca. 300 Schweinen) beeinträchtige oder gefährde "die Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung durch die übrigen Landwirte in diesem Gebiet". Während sich bei der (von diesen Landwirten vorgenommenen) "bodenabhängigen" Massenhaltung landwirtschaftlicher Nutztiere der Umfang der Tierhaltung nach der vorhandenen Futterbasis richte, sei dies bei der (vom Beschwerdeführer betriebenen) "bodenunabhängigen" Tierhaltung nicht der Fall. Die vom Beschwerdeführer betriebene Schweinemast diene daher, auch wenn man sie nicht als Gewerbebetrieb, sondern als einen landwirtschaftlichen Betrieb betrachte, nicht der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes, er schwäche vielmehr die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe der Umgebung, die sich bei der Tierhaltung an den vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzflächen orientieren müßten, während der Beschwerdeführer die Tiere ohne Rücksicht darauf halten und in den Handel bringen könne.
b) Wie sich aus der angeführten Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde die Genehmigung zur Übertragung des Eigentums an den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken von der bisherigen Eigentümerin an den Beschwerdeführer als Käufer zur Verhinderung einer Konkurrenzierung zwischen der vom Beschwerdeführer auf diesen Grundstücken betriebenen Schweinemästerei und der Tierhaltung (Schweinehaltung), die von den Eigentümern der umliegenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke betrieben wird, versagt. Die Verhinderung eines Konkurrenzverhaltens unter den Eigentümern landwirtschaftlich genutzter Grundstücke fällt aber nicht in den Bereich der durch das Grundverkehrsgesetz geschützten öffentlichen Interessen. In diesem Gesetz vermag daher die von der belangten Behörde vorgenommene Versagung der Genehmigung zur Eigentumsübertragung eine Deckung nicht zu finden; dieses Gesetz ist bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides mit einer der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Fehlerhaftigkeit angewendet worden.
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Schlagworte
GrundverkehrsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B467.1982Dokumentnummer
JFT_10169387_82B00467_00