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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art140 Abs1 / PräjudizialitätBeachte
vgl. Kundmachung BGBl. 447/1983 am 6. September 1983Leitsatz
BSVG; Feststellung der Verfassungswidrigkeit einiger Worte in §128 Abs1 idF BGBl 559/1978 (betreffend Witwerpension)Spruch
Die Worte "wenn diese seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes dauernd erwerbsunfähig (§124) und bedürftig ist, solange die beiden letzten Voraussetzungen zutreffen," in §128 Abs1 Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BSVG, BGBl. 559/1978, waren verfassungswidrig.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches verpflichtet.
Das Kostenbegehren der im Anlaßverfahren klagenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Das Oberlandesgericht Wien stellt unter 32 R 178/81 gemäß Art89 Abs3 und 140 Abs1 B-VG den Antrag, auszusprechen, daß in der Bestimmung des §128 Abs1 BSVG in seiner Fassung vor Wirksamwerden der 4. Nov. zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 284/1981, die Worte "wenn diese seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes dauernd erwerbsunfähig (§124) und bedürftig ist, solange die beiden letzten Voraussetzungen zutreffen," verfassungswidrig waren. Es hat über eine Berufung gegen ein Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für OÖ zu entscheiden, mit dem über eine Klage auf Gewährung einer Witwerpension nach einer am 22. April 1981 verstorbenen Versicherten abgesprochen wurde; es erachtet die angeführten Worte der Bestimmung des §128 Abs1 BSVG aus den im Erk. VfSlg. 8871/1980 dargelegten Gründen für verfassungswidrig.
Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.
II. Der VfGH hat erwogen:
Abs1 des mit "Witwerpension" überschriebenen §128 BSVG hat in der Stammfassung des Gesetzes BGBl. 559/1978 gelautet:
(1) Witwerpension gebührt dem Ehegatten nach dem Tode seiner versicherten Ehegattin, wenn diese seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes dauernd erwerbsunfähig (§124) und bedürftig ist, solange die beiden letzten Voraussetzungen zutreffen."
§128 wurde durch ArtI Z10 der 4. Nov. zum BSVG, BGBl. 284/1981, mit Wirksamkeit ab 1. Juni 1981 aufgehoben.
Die Regelung über den Anspruch sowohl auf Witwenpension als auch auf Witwerpension ist heute in dem (mit "Witwen(Witwer)pension" überschrieben) §127 BSVG in der durch ArtI Z9 der 4. Nov. geschaffenen Fassung enthalten. Diese ist mit 1. Juni 1981 wirksam geworden. Zu dieser Regelung enthält ArtII Abs8 der 4. Nov. zum BSVG folgende Übergangsbestimmung:
"(8) Die Bestimmungen der §§126, 127, 136 und 139 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes in der Fassung des ArtI Z8, 9, 12 und 14 sind hinsichtlich des Anspruches auf Witwerpension nur anzuwenden, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Mai 1981 eingetreten ist."
III. Der Antrag ist zulässig.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Todes der Versicherten (22. April 1981) und im Hinblick darauf, daß von dem hiezu berechtigten Sohn des verstorbenen Klägers (§73 BSVG) die Fortsetzung des schiedsgerichtlichen Verfahrens begehrt wurde (§182 BSVG iVm §408 ASVG), ist die Annahme des antragstellenden Gerichtes, daß es bei der Entscheidung über das Klagebegehren die Bestimmung des §128 Abs1 BSVG anzuwenden hat, jedenfalls denkmöglich.
IV. Der Antrag ist auch begründet.
Die Gesetzesbestimmung, bezüglich deren das antragstellende Gericht die Feststellung des VfGH begehrt, daß sie verfassungswidrig war, entspricht mit unwesentlichen Abweichungen der im §259 Abs1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. 189/1955, idF des ArtXIV Z5 des Bundesgesetzes BGBl. 280/1978 enthaltenen Wortfolge, die vom VfGH mit dem Erk. VfSlg. 8871/1980 als verfassungswidrig aufgehoben wurde, sowie den in §78 des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes - GSPVG, BGBl. 292/1957 und in §74 Abs1 des Bauern-Pensionsversicherungsgesetzes - B-PVG, BGBl. 28/1970, idF des ArtXVI Z1 des Bundesgesetzes BGBl. 280/1978 enthaltenen Wortfolgen, bezüglich derer der VfGH im angeführten Erk. ausgesprochen hat, daß sie verfassungswidrig waren.
Die Gründe, aus denen die in den angeführten Bestimmungen enthaltenen Worte vom VfGH als verfassungswidrig aufgehoben wurden bzw. festgestellt wurde, daß sie verfassungswidrig waren, treffen daher auch auf die in §128 Abs1 BSVG enthaltenen Worte "wenn diese seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes dauernd erwerbsunfähig (§124) und bedürftig ist, solange die beiden letzten Voraussetzungen zutreffen" zu (vgl. VfSlg. 9067/1981).
V. Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art140 Abs5
B-VG.
VI. Ein Kostenzuspruch ist im Verfahren nach den §§63 bis 65 VerfGG nicht vorgesehen. Es wird Aufgabe des antragstellenden Gerichtes sein, über einen allfälligen Kostenersatzanspruch zu erkennen (vgl. VfSlg. 7380/1974 und 8572/1979).
Schlagworte
Sozialversicherung, Witwerpension, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:G87.1981Dokumentnummer
JFT_10169386_81G00087_00