TE Vfgh Beschluss 1983/6/15 B332/81

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Veröffentlicht am 15.06.1983
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ASVG §420 Abs5
ASVG §423 Abs5 idF ArtV Z15 der 35. Novelle BGBl 585/1980

Leitsatz

ASVG; durch die Enthebung von der Funktion als Versicherungsvertreter (§423 Abs5 und 6) wird in die subjektive Rechtssphäre eines Versicherungsvertreters nicht eingegriffen

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bundesminister für soziale Verwaltung richtete an den Beschwerdeführer das folgende, mit 29. Mai 1981 datierte Schreiben:

"Mit Beziehung auf den aus dem Grunde der Neuwahl in die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien innerhalb von sechs Monaten nach der Wahl des Präsidiums dieser Kammer gestellten diesbezüglichen Antrag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien vom 7. Mai 1981 enthebe ich Sie gemäß §423 Abs5 und 6 in Verbindung mit §448 Abs1 und 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, Ihres Amtes als Versicherungsvertreter aus der Gruppe der Dienstgeber im Überwachungsausschuß und in der Hauptversammlung der Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte und damit auch von Ihrer Funktion als Vorsitzender des Überwachungsausschusses dieser Kasse."

2. Gegen dieses, vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Schreiben richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht geltend, durch das angeführte Schreiben im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art7 B-VG, auf das ihm durch dieselbe Vorschrift gewährleistete Recht, "keine willkürliche Behandlung durch die Verwaltungsbehörde dulden zu müssen" und "durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes durch die Verwaltungsbehörde" in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Es wird der Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des als Bescheid gewerteten Schreibens, für den Fall der Abweisung der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH gestellt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Nach §420 Abs1 ASVG bestehen die Verwaltungskörper der Versicherungsträger (gemäß §419 Abs1 ASVG sind das die Hauptversammlung, der Vorstand, der Überwachungsausschuß und die sonstigen in dieser Bestimmung angeführten Ausschüsse), soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist, aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber (Versicherungsvertreter). Als solche kommen nur Personen in Betracht, die die Voraussetzungen gemäß den weiteren Bestimmungen des §420 ASVG erfüllen.

Nach §420 Abs5 ASVG versehen die Mitglieder der Verwaltungskörper ihr Amt auf Grund einer öffentlichen Verpflichtung als Ehrenamt; ihre Tätigkeit in Ausübung dieses Amtes begründet kein Dienstverhältnis zum Versicherungsträger. Es besteht zwar nach den weiteren Bestimmungen dieses Absatzes die Möglichkeit der Gewährung einer Entschädigung, nicht jedoch ein Rechtsanspruch auf eine solche.

Die Bestellung der Versicherungsvertreter ist in §421 ASVG geregelt.

b) §423 ASVG (in der ab 1. Jänner 1981 geltenden Fassung nach ArtV Z15 der 35. Nov., BGBl. 585/1980) lautet:

"(1) Ein Versicherungsvertreter (Stellvertreter) ist seines Amtes zu entheben:

1. wenn Tatsachen bekannt werden, die seine Bestellung ausschließen würden;

2. wenn sich der Versicherungsvertreter (Stellvertreter) seinen Pflichten entzieht;

3. unbeschadet der Bestimmung des §420 Abs2 zweiter Satz, wenn ein Versicherungsvertreter (Stellvertreter) seit mehr als drei Monaten aufgehört hat, der Gruppe der Dienstgeber oder Dienstnehmer anzugehören, für die er bestellt wurde;

4. wenn ein wichtiger persönlicher Grund zur Enthebung vorliegt und der Versicherungsvertreter (Stellvertreter) seine Enthebung unter Berufung darauf beantragt;

5. wenn einer der im §420 Abs6 genannten Ausschließungsgründe nach der Entsendung eingetreten ist. Vor der Enthebung des Versicherungsvertreters (Stellvertreters) gemäß Z4 oder 5 ist die zur Entsendung berufene Stelle anzuhören.

(2) Die Enthebung der Obmänner und der Vorsitzenden des Überwachungsausschusses und der Landesstellenausschüsse sowie deren Stellvertreter steht der Aufsichtsbehörde, die der sonstigen Mitglieder des Überwachungsausschusses dem Vorsitzenden dieses Ausschusses, die der sonstigen Versicherungsvertreter (Stellvertreter) dem Obmann zu.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann Versicherungsvertreter (Stellvertreter) auf begründeten Antrag der zur Entsendung berufenen Stelle ihres Amtes entheben.

(4) Vor der Enthebung eines Versicherungsvertreters (Stellvertreters) nach Abs1 Z1 bis 3, Abs2 und 3 ist diesem Gelegenheit zur Äußerung zu geben und gleichzeitig die entsendeberechtigte Stelle (§421) zu verständigen. Dem vom Obmann oder vom Vorsitzenden des Überwachungsausschusses Enthobenen steht das Recht der Beschwerde zu. Sie ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über die Enthebung bei der Aufsichtsbehörde einzubringen. Diese entscheidet endgültig.

(5) Die Aufsichtsbehörde hat dem Antrag einer entsendeberechtigten Stelle (§421) auf Enthebung der von dieser entsendeten Versicherungsvertreter (Stellvertreter) zu entsprechen, wenn der Antrag aus dem Grunde der Neuwahl in die betreffende Interessenvertretung innerhalb von sechs Monaten nach der Neuwahl gestellt wird. In diesem Fall entfällt die Anhörung der zu enthebenden Versicherungsvertreter (Stellvertreter). Die Bestimmungen des ersten und zweiten Satzes gelten sinngemäß für den Antrag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft auf Enthebung der auf ihren Vorschlag vom Bundesministerium für soziale Verwaltung entsendeten Versicherungsvertreter (Stellvertreter) bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt.

(6) Ist das Mitglied eines Verwaltungskörpers gleichzeitig auch Mitglied eines anderen Verwaltungskörpers bei ein und demselben Versicherungsträger (§427 Abs2), so erstreckt sich die Enthebung auch auf das Amt im anderen Verwaltungskörper.

(7) Von einer Enthebung (Abs1 bis 3) ist die Aufsichtsbehörde in Kenntnis zu setzen, die die entsendeberechtigte Stelle zur Entsendung eines neuen Versicherungsvertreters (Stellvertreters) aufzufordern hat."

2. Nach dem angeführten Wortlaut des §423 Abs5 ASVG steht einem Versicherungsvertreter in dem Fall, daß der Antrag auf Enthebung aus dem Grunde der Neuwahl gestellt wird - im Gegensatz zum Fall einer Enthebung nach dem ersten Satz des Abs4 - ein Recht auf Anhörung nicht zu.

Aus dem Zusammenhang des §420 Abs5 mit §423 Abs5 ASVG ergibt sich nach Ansicht des VfGH - der dabei die dem Erk. des VwGH VwSlg. 5142 (A)/1959 zugrundeliegende Meinung nicht übersieht -, daß die Enthebung von der Funktion als Versicherungsvertreter bei einem aus dem Grunde der Neuwahl gestellten Antrag lediglich die Beendigung eines auf Grund einer öffentlichen Verpflichtung versehenen Ehrenamtes zur Folge hat. Durch die Enthebung von dieser Funktion wird in die subjektive Rechtssphäre eines Versicherungsvertreters nicht eingegriffen (vlg. VfSlg. 8774/1980).

Wenn aber durch das in I.1. angeführte Schreiben des Bundesministers für soziale Verwaltung in subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht eingegriffen worden ist, ist dieser zur Erhebung der Beschwerde dagegen nicht legitimiert.

Die Beschwerde war daher mangels Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Sozialversicherung, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B332.1981

Dokumentnummer

JFT_10169385_81B00332_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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