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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Antrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Altaussee vom 20. Dezember 1974, betreffend die Festsetzung der Mindestgröße von Bau-Grundstücken; keine Legitimation; Subsidiarität des IndividualantragesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die Einschreiter bringen in ihrem auf Art139 B-VG gestützten Antrag - sinngemäß zusammengefaßt - vor, daß sie je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft mit einem 591 Quadratmeter großen Grundstück in der KG Altaussee seien, für das der Bürgermeister der Gemeinde Altaussee dem Erstantragsteller eine Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses erteilt habe. Nachdem über die von Anrainern gegen diesen Bescheid des Bürgermeisters erhobene Berufung nicht innerhalb der Frist des §73 AVG entschieden worden sei, habe der Erstantragsteller Säumnisbeschwerde an den VwGH erhoben. Im Verfahren über diese Beschwerde sei Abschnitt I Punkt 1 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Altaussee vom 20. 12. 1974, Z 153-9/1975, (worin die Mindestgröße der Baugrundstücke für ein Einfamilienhaus mit 700 Quadratmeter festgesetzt wird) präjudiziell, weil die festgelegte Mindestgröße zur Stattgebung der Berufung führen könnte.
Die Antragsteller legen ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der bezogenen Verordnungsbestimmung dar und begehren deren Aufhebung.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Im Verfahren über Individualanträge auf Verordnungsprüfung iS des Art139 Abs1 letzter Satz B-VG hat der VfGH stets im Einzelfall zu untersuchen, ob der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers als unmittelbar durch die Verordnung bewirkt zu qualifizieren und die Antragslegitimation unter diesem Blickpunkt zu bejahen ist. Hiebei ist nach der ständigen Rechtsprechung (s. zB VfSlg. 8404/1978 oder aus jüngster Zeit VfSlg. 9497/1982) lediglich zu prüfen, ob die angefochtene Verordnung dem Antragsteller gegenüber die von ihm ins Treffen geführten Wirkungen hat, bejahendenfalls ob diese Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG fordert; nicht zu untersuchen ist hingegen, ob die Verordnung sonstige (unmittelbare) Wirkungen hat. Es kommt nämlich im jeweils gegebenen Zusammenhang ausschließlich auf die Behauptungen des Antragstellers an, in welcher Hinsicht die bekämpfte Verordnung seine Rechtssphäre berührt und diese - im Fall der Gesetzwidrigkeit der Verordnung - verletzt.
Von dieser Auffassung ausgehend, ist die Legitimation der Antragsteller zu verneinen, weil nach ihrer Darstellung die angefochtene Verordnungsvorschrift nur nach Maßgabe der vom VwGH im Verfahren über die Säumnisbeschwerde zu treffenden Entscheidung, also nur mittelbar Wirkungen entfaltet. Im Hinblick auf diesen Umstand braucht sich der VfGH nicht weiter damit auseinanderzusetzen, daß bloß der Erstantragsteller, nicht aber die Zweitantragstellerin Partei im anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist.
2. Im Hinblick auf ein sogleich zu erwähnendes Antragsvorbringen erscheint dem VfGH noch eine Klarstellung bezüglich der Rechtsschutzmöglichkeiten des Erstantragstellers geboten. Der Antrag bezeichnet die vom VwGH zu treffende Entscheidung als "Ersatzbescheid zufolge Säumnis der belangten Behörde", gegen den "eine Bescheidbeschwerde gemäß Art144 B-VG nicht möglich ist" und knüpft daran die Schlußfolgerung, daß "den Antragstellern damit ein Verfahren zur Überprüfung genereller Normen nicht zur Verfügung stehen würde". Damit verkennt der Erstantragsteller anscheinend, daß der Individualantrag auf Verordnungsprüfung auch ein in der Beziehung subsidiäres Rechtsinstrument ist, als der antragstellenden Partei die Provozierung eines Verordnungsprüfungsantrages an den VfGH durch ein von ihr angerufenes Gericht unzumutbar sein muß (s. zB VfSlg. 9285/1981), und daß der VwGH - wie sich aus dem Zusammenhalt des Art89 Abs2 mit Art135 Abs4 B-VG ergibt - auch in einem Verfahren über eine Säumnisbeschwerde verpflichtet wäre, im Fall von Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit einer anzuwendenden Verordnung mit einem Prüfungsantrag an den VfGH heranzutreten (vgl. dazu VfSlg. 9421/1982). Ob der Erstantragsteller allerdings von der ihm an sich offenstehenden Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht hat, dem VwGH im Verfahren über die erhobene Säumnisbeschwerde seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnungsstelle darzulegen und eine Anfechtung anzuregen, ob - verneinendenfalls - der Stand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dies noch zuließe sowie schließlich ob sich die bekämpfte Verordnungsbestimmung im Säumnisbeschwerdeverfahren überhaupt als präjudiziell erweist, ist hingegen hier nicht zu beurteilen.
3. Der vorliegende Antrag war sohin wegen der fehlenden Legitimation der Einschreiter zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:V29.1983Dokumentnummer
JFT_10169385_83V00029_00