TE Vfgh Beschluss 1983/6/16 B613/82

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Veröffentlicht am 16.06.1983
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6105 Erbhof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Tir HöfeG §5 Abs1
Tir HöfeG §14

Leitsatz

Tir. Höfegesetz; Bewilligung der Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes iS einer letztwilligen Verfügung; keine Beschwer der Verlassenschaft Art144 Abs1 B-VG; keine Beschwerdelegitimation des erbserklärten Erben vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. M. N., geborene H., stellte auf Grund der Verlassenschaftsabhandlung nach J. H. als Legatarin bei der Ortshöfekommission Kössen bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag auf Abschreibung der "Sprissler-Alpe" in EZ 239 II KG K. (realrechtlich verbunden mit der Stammliegenschaft in EZ 211 I KG K.). Diesem Antrag hat die Ortshöfekommission Kössen bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit Bescheid vom 23. Juni 1982, Z H-50/82/14, gemäß §5 Abs1 des Tir. Landesgesetzes betreffend die besonderen Rechtsverhältnisse geschlossener Höfe (Tir. HöfeG), GuVBl. 47/1900 idF LGBl. 35/1970, stattgegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des J. H., Adoptivsohn des verstorbenen J. H., als erbserklärter Erbe, dem die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen worden war, nachdem ihm auf sein Verlangen der angefochtene Bescheid zugestellt worden war. Die Beschwerde wird sowohl namens der Verlassenschaft als auch im eigenen Namen erhoben. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Ausübung der gesamten staatlichen Verwaltung nur auf Grund der Gesetze verletzt zu sein. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer die Beschwerde ausdrücklich im eigenen Namen erhebt, ist die Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen, weil durch den angefochtenen Bescheid bis zur Beendigung des Abhandlungsverfahrens lediglich Rechte der Verlassenschaft, nicht aber im öffentlichen Recht verankerte Rechte des erbserklärten Erben verletzt werden könnten. Zur Vertretung der Verlassenschaft vor der Einantwortung ist der Erbe legitimiert, dem die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen wurde (§810 ABGB, §145 AußStrG) oder ein Kurator, und für den Fall, daß eine Verlassenschaftsabhandlung von Amts wegen nicht einzuleiten ist, der zur Erbschaft Berufene, der berechtigt ist, die zum Nachlaß gehörenden Rechte geltend zu machen (§72 Abs2 AußStrG) (vgl. dazu VwGH 18. 11. 1976 Z 1181/76; 31. 3. 1976 Z 2072/75; VfGH 4. 3. 1982 B242/81).

2. Aber auch soweit der Beschwerdeführer die Beschwerde namens der Verlassenschaft nach J. H. als Erbe, dem die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen wurde, erhebt, ist sie aus folgenden Erwägungen mangels Legitimation zurückzuweisen.

Gemäß §2 Tir. HöfeG bedürfen alle Veränderungen an dem Bestand und Umfang der geschlossenen Höfe - abgesehen von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmen - der Bewilligung durch die Höfebehörde. Die belangte Behörde stützt ihren Bescheid auf die Bestimmung des §5 Abs1 Tir. HöfeG. Danach ist die Bewilligung zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes zu erteilen, wenn der Hof nach der Abtrennung zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie noch hinreicht und wenn der beantragten Abtrennung erhebliche wirtschaftliche oder landeskulturelle Bedenken nicht entgegenstehen. Die Höfebehörden haben nach Prüfung dieser im öffentlichen Interesse gelegenen Gesichtspunkte die beantragte Bewilligung zu erteilen oder zu versagen. Die Gültigkeit eines Rechtsgeschäftes, des Titels, ist allein nach den Bestimmungen des Privatrechtes zu beurteilen und wird durch die Entscheidung der Höfebehörden nicht berührt. Streitigkeiten über die Gültigkeit des Titels sind vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.

Allerdings bestimmt §14 Tir. HöfeG, daß die Änderungen im Bestand geschlossener Höfe erst nach erfolgter Durchführung im Grundbuch in Wirksamkeit treten. Dem Grundbuchsgesuch ist neben den für die Eintragung sonst erforderlichen Urkunden auch die Bewilligung der Höfebehörde vorzulegen. Durch eine Versagung der höferechtlichen Bewilligung wird daher die Übergabe des Bestandteiles des geschlossenen Hofes verhindert. Die beschwerdeführende Verlassenschaft könnte nur durch eine solche Versagung der Bewilligung in ihren Rechten verletzt sein, weil ihr rechtliches Interesse allein auf die Abwehr eines im öffentlichen Recht beruhenden Eingriffes in ihre Privatrechtssphäre gerichtet ist. Durch die Erteilung der Bewilligung der Abtrennung iS der letztwilligen Verfügung hingegen können Rechte der Verlassenschaft nicht berührt werden (vgl. VfGH 26. 6. 1982 B414, 415/79). Der beschwerdeführenden Verlassenschaft fehlt daher jegliche Beschwer, weshalb die Beschwerde allein schon aus diesem Grund mangels Legitimation zu ihrer Erhebung zurückzuweisen ist.

Schlagworte

VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B613.1982

Dokumentnummer

JFT_10169384_82B00613_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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