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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Versicherungssteuergesetz 1953; keine gleichheitswidrige Anwendung des §9 Abs1Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der VfGH verweist zunächst auf die Entscheidungsgründe seines über eine Beschwerde desselben beschwerdeführenden Versicherungsunternehmens gefällten Erk. B241/75 vom 28. Juni 1977 (VfSlg. 8097/1977), denen insbesondere die Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles zu entnehmen ist. Mit diesem Erk. hob der VfGH den im ersten Rechtsgang erlassenen Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes auf, mit dem der Beschwerdeführerin als der Haftungspflichtigen Versicherungssteuer samt einem Säumniszuschlag vorgeschrieben worden war, weil sie im Bereich der Krankenversicherung an Versicherungsnehmer zurückgezahlte (also nicht rückverrechnete) Bonus- und Gewinnbeteiligungsbeträge von der Jahresversicherungssteuersumme in Abzug gebracht hatte. Der VfGH schloß aus §3 Abs2 VersStG 1953 (damit ist hier und im folgenden das Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. 133, in seiner Stammfassung gemeint, dessen in Betracht zu ziehenden §§3 und 9 Abs1 durch Nov. nicht berührt wurden), daß dieser nur den Fall der Verrechnung eines Gewinnanteiles (oder eines Bonus) und die Bezahlung des Differenzbetrages zwischen Prämie und Gewinnanteil (oder Bonus) zum Gegenstand habe, nicht aber auch die Flüssigmachung eines Gewinnanteiles (oder eines Bonus) durch den Versicherer an den Versicherungsnehmer und die Bezahlung der Prämie in voller Höhe durch den Versicherungsnehmer. §9 Abs1 leg. cit. könnte zwar dahin verstanden werden, daß er nur die versicherungssteuerlichen Folgen der Rückerstattung sogenannter unverdienter Prämien (dh. solcher, in Ansehung deren der Versicherer ein Wagnis nicht getragen hat) zum Gegenstand habe, nicht aber verdienter Prämien. Eine solche Auslegung des §9 Abs1 würde jedoch - wie der VfGH in diesem Erk. weiters meinte -, soweit es sich um die versicherungssteuerlichen Folgen einer Bonusgewährung handelt, zwingend zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung der Versicherungsnehmer als Steuerschuldner führen, und zwar danach, ob der Bonus mit Folgeprämien verrechnet werden könne oder ob eine solche Verrechnung wegen der Beendigung des Versicherungsverhältnisses nicht möglich sei. Eine steuerliche Ungleichbehandlung der Versicherungsnehmer ergäbe sich aber auch nach dem vom steuerpflichtigen Versicherungsnehmer regelmäßig wohl nicht beeinflußbaren Umstand, ob der Versicherer bei Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zur Verrechnung des Bonus mit Folgeprämien bereit sei oder nicht. Der VfGH wertete eine Regelung, die diese Umstände zu Kriterien für die Höhe der sonst nur vom Versicherungsentgelt abhängigen Steuerleistung machte, als gleichheitswidrig, und legte auf Grund dieser Erwägungen §9 Abs1 VersStG 1953 verfassungskonform dahin aus, daß diese Bestimmung auch die Rückerstattung der Versicherungssteuer im Fall des vom Versicherer nicht mit einer Folgeprämie verrechneten, sondern an den Versicherungsnehmer flüssiggemachten Bonus anordne. Im Hinblick auf den untrennbaren Bescheidinhalt gelangte der VfGH zur gänzlichen Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides und sah es insbesondere als entbehrlich an, auf die Frage nach der versicherungssteuerlichen Behandlung ausgeschütteter Gewinnanteile einzugehen.
2. Mit Bescheid vom 22. November 1977 entschied die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. neuerlich über die Berufung. Sie entsprach dem Berufungsbegehren hinsichtlich der an Versicherungsnehmer gezahlten Bonusbeträge und wies das Rechtsmittel im übrigen unter Abänderung des Nachforderungsbetrages an Versicherungssteuer sowie des Säumniszuschlages ab. Die Rückzahlungsbeträge aus dem Titel Gewinnbeteiligung stellten keine Teile des Versicherungsentgelts, sondern Anteile an der Gewinnrücklage dar, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer Versicherungsleistungen in Anspruch genommen habe oder nicht. Kraft den Allgemeinen Versicherungsbedingungen stehe den Versicherungsnehmern nämlich unter gewissen Voraussetzungen ein Anspruch aufeinen Anteil an der Gewinnrücklage zu. Hier bilde nicht das einzelne Risiko den Maßstab für die Auszahlung des Gewinnanteils, sondern der Verlauf der Geschäfte einer größeren Gruppe von Versicherungsverhältnissen; lediglich als Hilfsmittel zur Bemessung der Höhe des Gewinnanteils werde der Monatsbetrag herangezogen. Demnach sei die Erstattungsvorschrift des §9 Abs1 VersStG 1953, die ausschließlich auf die Rückzahlung von Prämien abgestellt sei, auf die Ausschüttung von Gewinnbeteiligungsbeträgen nicht anwendbar. Aus §3 Abs2 VersStG 1953 sei für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil eine Verrechnung der Gewinnanteile auf die Prämie nicht stattgefunden habe, jene vielmehr in barem ausbezahlt worden seien.
3. Diesen Berufungsbescheid ficht das Versicherungsunternehmen mit der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde an, in der eine Verletzung des Gleichheitsrechtes behauptet und die Bescheidaufhebung sowie - hilfsweise - die Beschwerdeabtretung an den VwGH begehrt wird.
Die Beschwerdeführerin meint, daß die Erwägungen im oben ausführlich zitierten Erk. nicht nur auf den Fall der Zurückzahlung eines Teiles des Versicherungsentgelts wegen der Herabsetzung desselben durch Bonusgewährung, sondern auch auf den ihrer Auffassung nach völlig gleichgelagerten "Fall der Zurückzahlung eines Teiles des ursprünglichen Versicherungsentgelts wegen Herabsetzung durch Gewährung eines Gewinnanteiles" zuträfen. Würde die endgültige Höhe der Versicherungssteuer tatsächlich davon abhängen, ob der vom Versicherer gewährte Gewinnanteil auf eine Folgeprämie verrechnet oder ob er an den Versicherungsnehmer flüssiggemacht werde, so wäre dies - genauso wie im Fall des Bonus - eine sachlich nicht begründbare Differenzierung, die dem Gleichheitsgebot widerspräche.
§9 Abs1 VersStG 1953 sei in verfassungskonformer Auslegung dahin zu verstehen, daß er die Rückerstattung der Versicherungssteuer auch im Falle der vom Versicherer nicht mit Folgeprämien verrechneten, sondern an den Versicherungsnehmer flüssiggemachten Gewinnanteile anordne. Wenn es auch zutreffen möge, daß bei der Rückzahlung von Teilen des ursprünglich festgesetzten Versicherungsentgelts aus dem Titel der Gewährung eines Gewinnanteiles nicht das einzelne Risiko (gemeint sei der individuelle Schadenverlauf), sondern der Verlauf der Geschäfte einer größeren Gruppe von Versicherungsverhältnissen den Maßstab für die Auszahlung bilde, so ändere dies nichts daran, daß die Rückzahlung einer oder mehrerer Monatsprämien an den Versicherungsnehmer eine Herabsetzung des Versicherungsentgelts iS von §9 Abs1 leg. cit. darstelle.
Eine nicht den dargelegten Auffassungen entsprechende Auslegung des §9 Abs1 VersStG 1953 würde nach Ansicht der Beschwerdeführerin diese Gesetzesstelle iVm §3 Abs2 mit Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot belasten, weil wirtschaftlich gleichgelagerte Sachverhalte versicherungssteuerlich ungleich behandelt würden.
Die Beschwerdeführerin glaubt auch, daß der Wortlaut des zweiten Satzes im §3 Abs2 VersStG 1953 für ihre Ansicht spreche, und begründet dies folgendermaßen: "Gilt nämlich auch die Rückvergütung eines Teiles der Prämie für schadenfreien Verlauf (Bonus) als Gewinnanteil, dann kann dies nur bedeuten, daß diese beiden Formen der nachträglichen Herabsetzung des Versicherungsentgeltes in versicherungssteuerlicher Hinsicht gleich zu behandeln sind."
4. Die belangte Behörde beantragt die Abweisung der Beschwerde und führt in ihrer Gegenschrift weitere Argumente an, um ihren in der Bescheidbegründung eingenommenen Standpunkt zu stützen.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Wie sich aus der Legaldefinition des §3 Abs2 zweiter Satz VersStG 1953 "Als Gewinnanteil gilt auch die Rückvergütung eines Teiles der Prämie für schadenfreien Verlauf (Bonus)." ergibt, besteht ein Bonus iS dieser Gesetzesstelle stets in der Rückerstattung eines Teiles einer für einen vergangenen Versicherungszeitraum bezahlten Prämie. Die Verrechnung eines Gewinnanteiles iS des ersten Satzes im §3 Abs2 ("Wird auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschied zwischen Prämie und Gewinnanteil an den Versicherer gezahlt, so ist dieser Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt.") beinhaltet hingegen die Ermäßigung der Prämie für einen neuen Versicherungszeitraum, der sogenannten Folgeprämie. Der Umstand, daß sich ein Gewinnanteil gemäß Allgemeinen Versicherungsbedingungen aus der Höhe von Prämien ableitet, die auf einen vergangenen Zeitraum entfallen, ist im gegebenen Zusammenhang ohne Belang; wesentlich ist hier nicht die Bemessung dieser Leistung des Versicherers, sondern ihr Grund, nämlich die Teilhabe des Versicherungsnehmers an einem nach bestimmten Grundsätzen ermittelten Teil des Unternehmensgewinns aus einer Vielzahl von Versicherungsverhältnissen ohne Rücksicht auf den Verlauf des konkreten Versicherungsverhältnisses. Der grundlegende versicherungssteuerliche Unterschied zwischen der Bonusgewährung und der Verrechnung von Gewinnanteilen besteht nun darin, daß bloß im Fall der Bonusgewährung eine bereits entrichtete Versicherungssteuer in Betracht gezogen werden kann (nämlich die anläßlich der Bezahlung der - später teilweise rückvergüteten - Prämie vom Versicherungsnehmer an den Versicherer als Teil des Versicherungsentgelts geleistete Steuer), bei der Verrechnung von Gewinnanteilen hingegen nicht, weil es sich hier - wie eben dargelegt - um eine Ermäßigung künftiger Prämien handelt. Aus diesem Grund kommen die für die Bonusgewährung durch Barzahlung für den Bereich des die Erstattung der Versicherungssteuer regelnden §9 Abs1 VersStG 1953 unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes entwickelten, im Erk. VfSlg. 8097/1977 dargelegten Gedanken im Fall einer Flüssigmachung von Gewinnanteilen nicht zum Tragen.
Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere ihre Argumentation aus dem Wortlaut des §3 Abs2 VersStG 1953, betrifft nur die Frage der richtigen Gesetzeshandhabung, die jedoch nicht vom VfGH zu beantworten ist.
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin das Gleichheitsgebot eine Auslegung des §9 Abs1 VersStG 1953 dahin, daß Versicherungssteuer auch bei Flüssigmachung eines Gewinnanteiles an den Versicherungsnehmer zu erstatten wäre, nicht gebietet; die behauptete gleichheitswidrige Gesetzeshandhabung fand sohin nicht statt.
2. Das Beschwerdeverfahren ergab schließlich keinen Anhaltspunkt dafür, daß die belangte Behörde bei der Erlassung ihres - auf verfassungsrechtlich unbedenklichen Grundlagen beruhenden (s. auch dazu VfSlg. 8097/1977) - Bescheides willkürlich vorgegangen und die Beschwerdeführerin dadurch im Gleichheitsrecht verletzt hätte. Da sohin weder eine Verletzung des Gleichheitsrechtes noch die eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hervorkam, aber auch keine Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, war die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
VersicherungssteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B109.1978Dokumentnummer
JFT_10169383_78B00109_00