TE Vfgh Erkenntnis 1983/6/20 B531/78

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Veröffentlicht am 20.06.1983
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung 1973

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
MRK Art11
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
GewO 1973 §9 idF vor BGBl 619/1981
GewO 1973 §39

Leitsatz

GewO 1973; keine Bedenken gegen §9; keine denkunmögliche Anwendung des §9 Abs5

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die unter der Firma "A. & A. Verlagsbuchhandel" beschwerdeführende Partei ist eine Kommanditgesellschaft. Ihr einziger Komplementär ist die B. & Co., Reise- und Versandbuchhandel Kommanditgesellschaft, deren einziger persönlich haftender Gesellschafter die A. Gesellschaft m. b. H. ist. Geschäftsführer der

A. Gesellschaft m. b. H. ist W. D. A.

2. a) Am 14. Dezember 1977 meldete die A. & A.

Verlagsbuchhandel-Kommanditgesellschaft beim Magistrat Sbg. das "Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25 der Gewerbeordnung 1973, eingeschränkt auf den Einzelhandel" mit dem Standort in Sbg. an.

Der Magistrat Sbg. stellte mit Bescheid vom 25. Jänner 1978 gemäß §340 Abs1 und 7 iVm §9 Abs3 und 5 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten (gebundenen) Gewerbes am angegebenen Standort nicht vorlägen; die Behörde untersagte daher die Ausübung des Gewerbes.

Dieser Bescheid wird wie folgt begründet:

"Auf Grund der Anmeldung eines Gewerbes hat die Behörde gemäß §340

(1) GewO 1973 zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist gemäß §340 (7) GewO 1973 dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Im vorliegenden Fall wird von einer Kommanditgesellschaft ein Gewerbe angemeldet, für dessen Antritt ein Befähigungsnachweis zu erbringen ist. Sofern Personengesellschaften des Handelsrechtes ein Gewerbe ausüben wollen, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, muß gemäß §9 (3) GewO 1973 ein Gesellschafter der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, als Geschäftsführer bestellt werden.

Dieser Gesellschafter muß einzeln zeichnungsberechtigt oder, falls nur gemeinsame Vertretungsbefugnisse vorgesehen sind, an jeder gemeinsamen Vertretungsbefugnis beteiligt sein. Ist aber eine Personengesellschaft des Handelsrechtes Gesellschafter einer anderen solchen Personengesellschaft, so wird gemäß §9 (5) GewO 1973 dem Abs3 auch entsprochen, wenn als Geschäftsführer eine natürliche Person bestellt wird, die ein Gesellschafter der betreffenden Mitgliedsgesellschaft ist und die innerhalb dieser Mitgliedsgesellschaft die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung hat. Dieser Mitgliedsgesellschaft muß innerhalb der Personengesellschaft des Handelsrechtes die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung zukommen.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Firma 'A. & A. Verlagsbuchhandel', (einer Kommanditgesellschaft), das Gewerbe angemeldet. Komplementär dieser Firma ist die Kommanditgesellschaft 'B. & Co., Reise- und Versandbuchhandel'. Einzige persönlich haftende Gesellschafterin dieser Gesellschaft ist die 'Firma A. Gesellschaft m. b. H.'. Dieser handelsrechtlichen Konstruktion einer doppelstöckigen Personengesellschaft ist es jedoch verwehrt, ein Gewerbe auszuüben, für dessen Antritt ein Befähigungsnachweis zu erbringen ist. In der gegenständlichen Angelegenheit würde nur dann den gewerberechtlichen Vorschriften Rechnung getragen, wenn der nominierte gewerberechtliche Geschäftsführer, Herr W. D. A., geschäftsführender und vertretungsbefugter Gesellschafter der Firma 'B. & Co., Reise- und Versandbuchhandel' wäre. Herr A. ist jedoch lediglich Kommanditist dieser Firma. Es kommt ihm somit keine Funktion zu, wie sie nach §9 (5) GewO 1973 zwingend vorgeschrieben ist.

Auf Grund der eindeutigen Aussage des Gesetzes und der im konkreten Fall gegebenen Sachverhaltslage sieht die Gewerbebehörde keine Möglichkeit, die erstattete Gewerbeanmeldung zur Kenntnis zu nehmen.

Es war deshalb über die Gewerbeanmeldung spruchgemäß zu entscheiden."

b) Gegen diesen Bescheid hat die A. & A. Verlagsbuchhandel Kommanditgesellschaft Berufung eingebracht. Diesem Rechtsmittel wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Sbg. vom 28. Juli 1978 keine Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde vollinhaltlich bestätigt.

In der Begründung der Berufungsentscheidung wird zunächst auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides Bezug genommen, der die Berufungsbehördebeitritt. Sodann lautet es im Berufungsbescheid:

"Soweit in der Berufung noch vorgebracht wird, daß die 'zweistöckige' Ges. m. b. H. & Co. KG naturgemäß in der Regel keine natürliche Person als Gesellschafter der Mitgliedsgesellschaft hat, so muß hiezu auf den eindeutigen Wortlaut des §9 Abs5 GewO 1973 hingewiesen werden, der eine Gewerbeausübung nur dann zuläßt, wenn als Geschäftsführer eine natürliche Person bestellt wird, die ein zur Geschäftsführung und zur Vertretung berechtigter Gesellschafter der Mitgliedsgesellschaft ist. Wenn ein solcher Gesellschafter nicht vorhanden ist, fehlt es an einer gesetzlichen Voraussetzung für das Gewerbeausübungsrecht. Zu der in der Berufung geltend gemachten analogen Anwendung des §9 Abs4 GewO 1973 ist festzustellen, daß diese Gesetzesstelle nur die selbst das Gewerbeausübungsrecht beanspruchende juristische Person meint und nicht eine bloße Mitgliedsgesellschaft. Der weiteren in der Berufung vorgebrachten Rechtsmeinung, daß der Gesetzgeber uneingeschränkt allen Personengesellschaften des Handelsrechtes die Gewerberechtsfähigkeit zuerkannt hat, kann die Berufungsbehörde nur insoweit folgen, als das Gewerbeausübungsrecht diesen Gesellschaften nur dann zusteht, wenn den Bestimmungen des §9 GewO 1973 nachgekommen werden kann.

Der Berufung war somit ein Erfolg zu versagen."

3. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

4. Der Landeshauptmann von Sbg. als belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der er die im bekämpften Bescheid vertretene Rechtsmeinung verteidigt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach §9 Abs1 GewO 1973 können auch Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§39 und 40) bestellt haben. Die Abs3 bis 5 des §9 GewO in der damals maßgeblichen Fassung (nämlich jener vor dem Inkrafttreten der GewO-Nov. 1981, BGBl. 619) lauteten:

"(3) Sofern Personengesellschaften des Handelsrechtes ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, muß ein Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, als Geschäftsführer (§39) bestellt werden. Dieser Gesellschafter muß einzeln zeichnungsberechtigt oder, falls nur gemeinsame Vertretungsbefugnisse vorgesehen sind, an jeder gemeinsamen Vertretungsbefugnis beteiligt sein. Diese Bestimmungen gelten nicht für konzessionierte Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes (§7) ausgeübt werden.

(4) Ist eine juristische Person Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechtes, so wird dem Abs3 auch entsprochen, wenn als Geschäftsführer (§39) dieser Personengesellschaft eine natürliche Person bestellt wird, die dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der betreffenden juristischen Person angehört und innerhalb dieses Organs die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung hat. Dieser juristischen Person muß innerhalb der Personengesellschaft des Handelsrechtes die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung zukommen.

(5) Ist eine Personengesellschaft des Handelsrechtes Gesellschafter einer anderen solchen Personengesellschaft, so wird dem Abs3 auch entsprochen, wenn als Geschäftsführer (§39) eine natürliche Person bestellt wird, die ein Gesellschafter der betreffenden Mitgliedsgesellschaft ist, und die innerhalb dieser Mitgliedsgesellschaft die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung hat. Dieser Mitgliedsgesellschaft muß innerhalb der Personengesellschaft des Handelsrechtes die im Abs3 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung zukommen."

Dem §340 Abs1 GewO zufolge hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen.

Gemäß §340 Abs7 GewO hat dann, wenn die im Abs1 erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen, die Bezirksverwaltungsbehörde dies mit Bescheid festzustellen, und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

2. Die Beschwerdeführerin behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Erwerbsausübungsfreiheit und "in Ansehung ihrer Gesellschafter auch im Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen (Art11 MRK)," verletzt worden zu sein.

Sie begründet dies damit, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt beigemessen habe, der es, wenn es ihn hätte, als verfassungswidrig wegen Verletzung der oben erwähnten Verfassungsgrundsätze erscheinen ließe. Die belangte Behörde habe sich bei ihrer Auslegung auf den Wortlaut des §9 Abs5 GewO 1973 berufen, der für den Fall, daß eine Personengesellschaft des Handelsrechtes Gesellschafter einer anderen solchen Personengesellschaft ist, eine Gewerbeausübung nur dann zulasse, wenn als Geschäftsführer eine natürliche Person bestellt wird, die ein zur Geschäftsführung und zur Vertretung berechtigter Gesellschafter der Mitgliedsgesellschaft ist.

Eine sachliche Rechtfertigung dafür, eine dieser Voraussetzung nicht entsprechende Gesellschaftsbildung - im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsbildungen - von der Gewerbeausübung auszuschließen, sei nicht erkennbar. Wenn das Gesetz den von der Behörde angenommenen Inhalt hätte, würde es auch gegen den in Art6 StGG verankerten Grundsatz der Erwerbsfreiheit verstoßen; der Gesetzesvorbehalt gestatte dem Gesetzgeber der Gewerbeordnung zwar, Bedingungen für die Ausübung von Gewerben aufzustellen, nicht aber, einen bestimmten Personenkreis von der Gewerbeausübung von vornherein auszuschließen.

Art11 MRK gewährleiste jedermann das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Eine Einschränkung des Rechtes, sich zu Handelsgesellschaften zusammenzuschließen, für bestimmte Rechtsträger (zB für eine Kommanditgesellschaft bestimmter Art, die Komplementär einer anderen Kommanditgesellschaft werden will), könne in einer demokratischen Gesellschaft nicht als notwendig iS des Vorbehaltes zu dieser Konventionsbestimmung angesehen werden. Werde aber einer handelsrechtlich zulässigen Gesellschaft durch eine gewerberechtliche Vorschrift die Teilnahme am Wirtschaftsleben verboten, zu der sie errichtet wurde - eine nicht unter die Gewerbeordnung fallende Betätigung sei für eine Personengesellschaft des Handelsrechtes nicht denkbar -, dann werde damit nicht nur das Recht auf Erwerbsfreiheit, sondern auch das durch Art11 MRK gewährleistete Grundrecht in seinem Kernbereich verletzt.

Hätte die GewO 1973 tatsächlich den Inhalt, den ihr die Behörde beimißt, so würde sie nach Meinung der Beschwerdeführerin also in mehrfacher Hinsicht gegen verfassungsgesetzliche Vorschriften verstoßen. Es sei jedoch auch eine andere Auslegung möglich, nach der das Gesetz verfassungskonform wäre, und der daher der Vorzug zu geben sei.

Das rechtspolitische Ziel des §9 GewO sei es, dann, wenn ein juristisches Gebilde ein an einen Befähigungsnachweis gebundenes Gewerbe ausübt, sicherzustellen, daß ein verantwortlicher und befähigter Geschäftsführer vorhanden ist, der die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften dadurch sicherstellen soll, daß das Gebilde ohne seine Mitwirkung keine Rechtshandlungen setzen kann. Diesem rechtspolitischen Ziel sei bei der sogenannten "doppelstöckigen Gesellschaft m. b. H. & Co KG" dann entsprochen, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. entsprechend befähigt und vertretungsbefugt ist, denn auch hier könne die das Gewerbe ausübende Kommanditgesellschaft organschaftlich nur von dem solcherart befähigten Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. oder unter seiner Mitwirkung vertreten werden. Die belangte Behörde hätte daher eine Auslegung wählen müssen, die nicht am Wortlaut klebe. Sie hätte vielmehr die Grundsätze über die objektiv-teleologische Interpretation anwenden müssen; dann hätte sie der Beschwerdeführerin "die angestrebte und ihr durch §9 Abs1 GewO zugesicherte Gewerbeberechtigung bei sinnvoller Verknüpfung der Regelungen des Abs4 und des Abs5" (des §9 GewO) "zwanglos erteilen können und müssen".

Aber selbst wenn man annähme, der Beschwerdefall könnte auch bei gleichzeitiger Heranziehung der Abs4 und 5 des §9 GewO dem Gesetzeswortlaut nicht mehr subsumiert werden, würde eine Gesetzeslücke, eine planwidrige Unvollständigkeit vorliegen, die durch Analogie gemäß §7 ABGB zu schließen wäre.

3. a) Das angemeldete Gewerbe ist ein gebundenes Gewerbe, für dessen Ausübung ein Befähigungsnachweis Voraussetzung ist (s. §6 Z2 iVm §103 Abs1 litb Z25 GewO). Das Gewerbe soll durch eine Personengesellschaft des Handelsrechtes (nämlich durch eine Kommanditgesellschaft) ausgeübt werden.

Anhand der allgemeinen Vorschrift des §9 Abs1 GewO allein läßt sich der vorliegende Fall nicht lösen. Es sind vielmehr darüber hinaus die speziellen Bestimmungen der folgenden Abs3 bis 5 zu beachten (s. die weiter unten wiedergegebenen Zitate aus dem Erk. des VwGH 24. 4. 1981 Z 04/1094/80).

Abs3 kann im folgenden Fall nicht zum Tragen kommen. Dieser Vorschrift zufolge kann nämlich nur eine natürliche Person, die nach dem Gesellschaftsvertrag der OHG oder der KG, die das Gewerbe ausüben will, zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden. Hier aber soll das Gewerbe durch eine KG ausgeübt werden, die als Gesellschafter iS des §9 Abs3 GewO keine natürliche Person, sondern ausschließlich eine andere KG hat.

Abs4 scheidet bei isolierter und wörtlicher Auslegung gleichfalls von vornherein aus, weil diese Bestimmung ihrem Wortlaut zufolge nur den Fall erfaßt, daß eine juristische Person Gesellschafter jener Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, die das Gewerbe ausüben will, hier aber als Mitgliedsgesellschaft eben nicht eine juristische Person, sondern - wie erwähnt - eine Kommanditgesellschaft auftritt.

Wohl aber ist der vorliegende Sachverhalt insofern unter den Abs5 des §9 GewO zu subsumieren, als eine Personengesellschaft des Handelsrechtes (eine Kommanditgesellschaft) Gesellschafter einer anderen solchen Personengesellschaft (gleichfalls einer Kommanditgesellschaft) ist. Auch diese Bestimmung sieht aber ihrem Wortlaut zufolge als erste Voraussetzung vor, daß als Geschäftsführer eine natürliche Person bestellt wird, die ein Gesellschafter der betreffenden Mitgliedsgesellschaft ist und innerhalb dieser Mitgliedsgesellschaft nach deren Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Mitgliedsgesellschaft berechtigt ist. Mitgliedsgesellschaft ist hier die B. & Co, Reise- und Versandbuchhandel KG. Diese KG hat ihrerseits aber keine natürliche Person als derartigen Gesellschafter, persönlich haftender Gesellschafter dieser KG ist vielmehr ausschließlich die A. Gesellschaft m. b. H.

Es kann der Behörde daher nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe das Gesetz denkunmöglich angewendet, wenn sie einer Wortinterpretation folgend - zum Ergebnis gelangte, daß eine sogenannte "zweistöckige Gesellschaft m. b. H. & Co. KG" (also eine Kommanditgesellschaft, bei der nicht eine Gesellschaft m. b. H., sondern wiederum eine Gesellschaft m. b. H. & Co. KG Komplementärin ist) keine Berechtigung zur Ausübung eines Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, erlangen kann, sofern sie nicht auch eine natürliche Person als Komplementär hat (was hier nicht der Fall ist). Zu diesem Ergebnis gelangte auch der VwGH im Erk. vom 24. 4. 1981, Z 04/1094/80. In diesem Erk. wird ua. folgendes dargetan:

"Eine die 'zweistöckige' Gesellschaft m. b. H. & Co. KG umfassende - etwa, wie dies der Beschwerdeführerin vorschwebt, dem §9 Abs4 GewO 1973 ähnliche - Regelung kann aber im Wege der Auslegung nicht substituiert werden. Bemerkt wird, daß der von der Beschwerdeführerin behauptete Widerspruch zwischen der Rechtsauffassung der belangten Behörde und dem §9 Abs1 GewO 1973 nicht vorliegt. Hinsichtlich der Ausübung von Gewerben, die an die Erbringung eines Befähigungsnachweises gebunden sind, durch Personengesellschaften des Handelsrechtes werden die Voraussetzungen, die der zu bestellende Geschäftsführer zu erfüllen hat, abschließend in den Absätzen 3 bis 5 des §9 GewO 1973 geregelt."

b) Auch wenn das Gesetz den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt hat, bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen diese Vorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken:

§9 iVm §39 GewO schreibt vor, daß dann, wenn eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ein Gewerbe ausüben will, eine natürliche Person als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu bestellen ist, der der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist und der den für die Ausübung des Gewerbes normierten persönlichen Voraussetzungen entspricht. Diese Regelung ist durchaus sachlich. Ein adäquates Mittel, das damit angestrebte Ziel zu erreichen, ist es, wenn das Gesetz dafür vorsorgt, daß die Behörde direkt und ohne Schwierigkeiten auf die gewerberechtlich haftende (physische) Person greifen kann.

Es besteht daher nicht das Bedenken, daß die getroffene Regelung unsachlich und damit gleichheitswidrig ist.

Unter diesen Voraussetzungen kann auch nicht davon gesprochen werden, daß die in Betracht kommenden Vorschriften des §9 GewO gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Art6 StGG - der einen Gesetzesvorbehalt enthält - verstoßen. Diese Vorschriften berühren keinesfalls den Wesensgehalt dieses Grundrechtes. Der Gesetzesvorbehalt ermächtigt den Gesetzgeber grundsätzlich auch, den Personenkreis, den er zur Gewerbsausübung zuläßt, einzuschränken, sofern diese Einschränkung nur sachlich ist (vgl. VfSlg. 8968/1980).

Gleiches gilt für den von der Beschwerdeführerin erhobenen weiteren Vorwurf, die zitierten Bestimmungen verstießen - hätten sie den von der Behörde angenommenen Inhalt - auch gegen Art11 MRK. Auch dieser steht nämlich seinem Abs2 zufolge unter Gesetzesvorbehalt. Der VfGH findet nicht, daß der hier für den Gesetzgeber abgesteckte Rahmen überschritten wurde. Bei diesem Ergebnis kann unerörtert bleiben, ob §9 GewO, der lediglich bestimmte Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes durch Personenvereinigungen vorsieht, überhaupt in das durch Art11 MRK verbürgte Grundrecht eingreift, wird doch die Gründung einer Handelsgesellschaft durch §9 GewO unmittelbar nicht berührt.

c) Die Beschwerdeführerin ist sohin nicht in den von ihr bezeichneten Grundrechten verletzt worden.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Gewerberecht, Befähigungsnachweis, Erwerbsausübungsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B531.1978

Dokumentnummer

JFT_10169380_78B00531_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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