TE Vfgh Erkenntnis 1983/6/22 B578/80

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Veröffentlicht am 22.06.1983
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/03 Personenstandsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
AdelsaufhebungsG §1
Hofkanzleidekret vom 05.04.1844. JGS 799
Vollzugsanweisung zum AdelsaufhebungsG. StGBl 237/1919 §2

Leitsatz

Hofkanzleidekret vom 5. April 1844, JGS 799; Adelsaufhebungsgesetz, StGBl. 211/1919; Vollzugsanweisung, StGBl. 237/1919; Berichtigung der Eintragung eines Namens im Geburts- und Taufbuch; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Sbg. vom 10. April 1969 wurde, gestützt auf das Bundesgesetz BGBl. 64/1969, angeordnet, daß "im Familienbuch des Standesamtes Sbg. 394/46, Zeile 3, ... beim beurkundeten Johann Benno Wilhelm Neumann-Spallart, geb. 24. 12. 1923 in Wien, der Name Neumann-Spallart in Neumann zu berichtigen" ist. (Die weiteren Anordnungen in diesem Bescheid beziehen sich auf Berichtigungen im Geburtenbuch des Standesamtes Sbg. hinsichtlich der ehelichen Kinder des Johann Benno Wilhelm Neumann, des nunmehrigen Beschwerdeführers.)

Der Magistrat Sbg. richtete am 21. Jänner 1980 folgendes Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck:

"Auf Grund der Mitteilung über Eheschließung durch das Standesamt Mondsee vom 7. 12. 1979 (Familienbuch Nr. 50/1979) wird mitgeteilt:

Der Ehemann Johann Benno Wilhelm 'Neumann-Spallart', geb. am 24. 12. 1923 in Wien (PfA. Perchtoldsdorf, XVI/257) hatte am 20. 4. 1946 eine Vorehe geschlossen, die beim Standesamt Sbg., A 394/1946, beurkundet ist. Zu diesem Familienbuch-Eintrag wurde vom Magistrat Sbg. mit Bescheid vom 10. 4. 1969, Zl. ..., die Berichtigung des Familiennamens in Neumann verfügt. Der Namensteil Spallart hat als Adelsprädikat zu entfallen. Der zitierte Bescheid ist rechtskräftig und wird anbei für die Einleitung eines Berichtigungsverfahrens übermittelt."

Eine Durchschrift dieses Schreibens wurde über den Magistrat der Stadt Wien dem Amt der Nö. Landesregierung übermittelt.

2. a) Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 20. August 1980 wurde auf Grund der Bestimmungen des Hofkanzleidekretes vom 5. April 1844, JGS 799, im Zusammenhang mit §1 Abs1 der Zweiten Verordnung über die Einführung des deutschen Personenstandsrechtes im Lande Österreich vom 23. Dezember 1938, DRGBl. I S 1919, sowie auf Grund der Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes, StGBl. 211/1919 und der Vollzugsanweisung, StGBl. 237/1919, verfügt,

"daß die Eintragung im Geburts- und Taufbuch des röm.-kath. Pfarramtes Perchtoldsdorf, Tom. XVI, Fol. 257, RZ 87, lautend auf Johann Benno Wilhelm Neumann-Spallart, geboren am 24. Dezember 1924," (richtig wohl: 1923) "durch die Beischreibung des Vermerkes 'Der Familienname des hier als geboren Verzeichneten sowie der Familienname seines ehelichen Vaters lauten richtig Neumann (nicht Neumann-Spallart). Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 20. August 1980, Zahl II/6-2025-80.' zu berichtigen ist."

b) Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Inneres mit dem Bescheid vom 3. Oktober 1980 keine Folge gegeben.

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Nach den Bestimmungen des Hofkanzleidekretes vom 5. April 1844, J.G.S. Nr. 799, welche gemäß §1 der Zweiten Verordnung über die Einführung des deutschen Personenstandsrechtes im Land Österreich vom 23. Dezember 1938, deutsches RGBl. 1 S. 1919, für die vor dem 1. Jänner 1939 geführten Personenstandsbücher weiterhin in Geltung sind, kann eine Änderung oder Richtigstellung der Matriken 'auf Befehl der Landesstelle geschehen'.

Das Amt der Nö. Landesregierung ist daher zur Berichtigung des Geburts- und Taufbuches des röm. kath. Pfarramtes Perchtoldsdorf, Tom. XVI, Fol. 257, Rz. 87, lautend auf Johann Wilhelm Neumann-Spallart zuständig.

Zu den Ausführungen des Berufungswerbers wird bemerkt:

Gemäß §1 des Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 211/1919, wurden der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge, sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhang stehende Titel und Würden und damit verbundene Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger aufgehoben.

Nach §2 der hiezu ergangenen Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 237/1919, sind durch §1 des zitierten Gesetzes unter anderem das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von', das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinn auch das Ehrenwort Edler sowie die Prädikate Erlaucht, Durchlaucht und Hoheit gezählt wurden und das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z.B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen, aufgehoben worden.

Nach den im Österreichischen Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, erliegenden Adelsakten hat der Urgroßvater des Berufungswerbers, Prof. Josef Neumann Ende 1874 an das Innenministerium ein undatiertes Gesuch um 'Erhebung in den österreichischen Ritterstand mit dem Prädicat von Spallart' gerichtet. Diesem Ersuchen wurde mit Diplom vom 22. Jänner 1875 entsprochen.

Da auf Grund der Bestimmungen des §2 der zitierten Vollzugsanweisung sowohl das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von' als auch das Recht zur Führung von Prädikaten und das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen 'Ritter' aufgehoben worden ist, sind demnach die Nachkommen des Prof. Josef Ritter Neumann von Spallart mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vollzugsanweisung nur mehr berechtigt, den Familiennamen 'Neumann' zu führen.

Nach §6 der eingangs zitierten Vollzugsanweisung sind bereits vor dem Inkrafttreten dieser Vollzugsanweisung erfolgte Eintragungen in den Geburts-, Heirats- und Sterbematriken, die mit den Bestimmungen dieser Vollzugsanweisung nicht im Einklang stehen, von Amts wegen nicht abzuändern; für die Erteilung von Abschriften und Auszügen bleiben die ursprünglichen Eintragungen maßgebend, insolange die Richtigstellung nicht durchgeführt ist. Neueintragungen haben jedoch den Bestimmungen dieser Vollzugsanweisung zu entsprechen.

Da die Eintragung des röm. kath. Pfarramtes Perchtoldsdorf im Geburts- und Taufbuch betreffend den Berufungswerber nicht dem 2. Satz des §6 der Vollzugsanweisung entspricht, war die Berichtigung durch das Amt der Nö. Landesregierung anzuordnen."

3. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, daß durch den angefochtenen Bescheid "zunächst ... das im Verfassungsrang stehende Namensrecht des Beschwerdeführers, das sich aus dem zur Zeit der Eintragung im Taufregister geltenden §146 ABGB ableitet, verletzt worden" sei.

Es wird der Antrag gestellt, der VfGH wolle aussprechen, "daß durch die gesetzwidrige Abänderung des Familiennamens des Beschwerdeführers 'Neumann-Spallart' in 'Neumann' das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Gleichheit vor dem Gesetz und somit auf Führung des Familiennamens seines ehelichen Vaters Julius Neumann-Spallart verletzt wurde, in eventu auch, daß durch die willkürliche Abänderung des Familiennamens des Vaters des Beschwerdeführers Julius Neumann-Spallart im Taufbuch der Pfarre Perchtoldsdorf, Tom XVI, Fol. 257, Reihezahl 87, eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes des Beschwerdeführers auf den ordentlichen Richter (wegen Änderung des Familiennamens seines ehelichen Vaters ohne ein Verwaltungsverfahren) gemäß §1 des Ges. v. 27. 10. 1862, ÖRGBl.NR. 87 erfolgt ist".

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) Wie sich aus dem Erk. des VfGH VfSlg. 5350/1966 ergibt, war die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von NÖ zur Anordnung der Berichtigung des Geburts- und Taufbuches des röm.-kath. Pfarramtes Perchtoldsdorf im erstinstanzlichen Bescheid auf Grund des Hofkanzleidekretes vom 5. April 1844, JGS 799, gegeben, weil diese Vorschrift nach §1 der Zweiten Verordnung über die Einführung des deutschen Personenstandsrechtes im Lande Österreich vom 23. Dezember 1938, DRGBl. I S 1919, für die vor dem 1. Jänner 1939 geführten Personenstandsbücher weiterhin in Geltung geblieben ist.

Des weiteren ergibt sich aus dem angeführten Erk., daß die belangte Behörde, als sie durch die Abweisung der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung die Berichtigung der Geburtsmatrikel verfügte, innerhalb ihrer Zuständigkeit eine im Gesetz vorgesehene Verfügung getroffen hat.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschriften, auf die sich diese Anordnung stützt, sind weder in der Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem VfGH entstanden.

Da somit sowohl der erstinstanzliche als auch der zweitinstanzliche Bescheid von der zuständigen Behörde erlassen und damit auf Grund verfassungsrechtlich unbedenklicher Rechtsvorschriften eine Sachentscheidung getroffen wurde, ist es ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sein konnte.

b) Nun begründet aber der Beschwerdeführer die behauptete Verletzung dieses Rechtes damit, daß "ohne irgend ein vorausgegangenes Verwaltungsverfahren" auch der Familienname seines ehelichen Vaters abgeändert worden sei.

Hiezu ist zu bemerken, daß die Eintragungen in den Personenstandsbüchern nur eine beurkundende, aber keine rechtsbegründende Wirkung haben. Das Recht zur Führung eines bestimmten Familiennamens ist nicht eine Folge der Eintragung in den Personenstandsbüchern, sondern findet seinen Rechtsgrund in dem vom Gesetz über den Erwerb des Namens anerkannten Tatbestand, wie insbesondere Abstammung, Legitimation, Eheschließung, Annahme an Kindes Statt und Namensänderungen. Auch einer berichtigten Eintragung in einem Personenstandsbuch kommt keine größere Beweiskraft als einer gewöhnlichen Eintragung zu. Daher ist es auch nicht ausgeschlossen, den Nachweis zu erbringen, daß eine berichtigte Eintragung unrichtig ist, und die nochmalige Berichtigung durchzuführen. Der Eintragung als solcher kommt niemals Rechtskraftwirkung zu. Eine Namensänderung oder auch nur eine Feststellung des Familiennamens mit allgemein verbindlicher Wirkung iS des §8 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Jänner 1939, GBLÖ Nr. 144/1938, ist nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen, sodaß die verfügte Berichtigung der Matriken keine weitergehenden Rechtswirkungen hat (vgl. VwGH 27. 10. 1982 Z 01/3477/80).

Demnach übersieht der Beschwerdeführer, daß der angefochtene Bescheid nicht die Änderung seines Namens, sondern die Berichtigung der Eintragung seines Namens im Geburts- und Taufbuch verfügt, wogegen die Namensänderung unmittelbar durch die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten gesetzlichen Vorschriften bewirkt worden ist. Sein Recht auf Führung des ihm nach dem Gesetz zukommenden Namens ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht berührt worden.

Im Hinblick darauf ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die behauptete Rechtsverletzung darzutun.

2. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, daß zunächst "das im Verfassungsrang stehende Namensrecht des Beschwerdeführers, das sich aus dem zur Zeit der Eintragung im Taufregister geltenden §146 ABGB ableitet, verletzt worden" sei.

b) Abgesehen davon, daß - nach den vorherigen Ausführungen (Z1 litb) - das Recht des Beschwerdeführers einen bestimmten Namen zu führen, überhaupt nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist und daß demnach durch diesen ein solches Recht nicht verletzt werden konnte, handelt es sich bei §146 ABGB nicht um eine im Verfassungsrang stehende Bestimmung.

c) Im Hinblick auf den angeführten Inhalt des angefochtenen Bescheides und auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit seiner Rechtsgrundlagen könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde willkürlich zur Annahme gekommen wäre, daß zufolge der von Gesetzes wegen eingetretenen Änderung im Namen "Neumann-Spallart" die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides (I.2. lita) enthaltene Anordnung zur Berichtigung der Eintragung im Geburts- und Taufbuch des röm.-kath. Pfarramtes Perchtoldsdorf zu treffen war. Davon kann aber - wie sich aus der ausführlichen Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - keine Rede sein.

Ob diese Anordnung auch in richtiger Anwendung des Gesetzes getroffen worden ist, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen (s. das Erk. VwGH 27. 10. 1982 Z 01/3477/80).

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Personenstandswesen, Adel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B578.1980

Dokumentnummer

JFT_10169378_80B00578_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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