TE Vfgh Erkenntnis 1983/6/24 B129/79, B606/80

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Veröffentlicht am 24.06.1983
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
StGG Art5

Beachte

Anlaßfälle zu VfSlg. 9676/1983

Leitsatz

Grazer Kanalabgabenordnung 1971; Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 8. Oktober 1975 über Kanalisationsbeiträge; Verletzung des Eigentumsrechtes in den Anlaßfällen nach Aufhebung des §3 Abs3 der Kanalabgabenordnung und der Kundmachung vom 8. Oktober 1975 als gesetzwidrig

Spruch

Die Bescheide werden aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz hat mit Bescheid vom 3. August 1978 der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft anläßlich der erstmaligen Benützung von Teilen der Baulichkeit auf der Liegenschaft Graz XII, Statteggerstraße 18, gemäß §§2 und 4 des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. 71/1955 idF der Nov. LGBl. 40/1971 iVm den §§2 und 3 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, einen Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1979 hat der Gemeinderat einer von der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft erhobenen Berufung teilweise Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, daß der vorgeschriebene Kanalisationsbeitrag herabgesetzt wurde. Der Gemeinderat hat sich in seiner Entscheidung ua. auch darauf berufen, daß die "Erhöhung des Einheitssatzes ... iS des Stadtrechts kundgemacht wurde".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B129/79 protokollierte Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Aktiengesellschaft die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit vor dem Gesetz geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

b) Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz hat mit einem Bescheid vom 21. März 1979 sowie mit vier Bescheiden vom 28. November 1979 anläßlich der erstmaligen Benützung von Baulichkeiten oder ihrer Teile auf der Liegenschaft Graz XII, Andritzer Reichsstraße 66, der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft insgesamt fünf (weitere) Kanalisationsbeiträge vorgeschrieben.

Der Gemeinderat hat mit Bescheid vom 9. Oktober 1980 die von der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft gegen diese fünf Bescheide erhobenen Berufungen - unter anderem auch unter Hinweis auf die Kundmachung der Erhöhung des Einheitssatzes - als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B606/80 protokollierte Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Aktiengesellschaft die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit vor dem Gesetz geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

2. Der VfGH hat unter anderem aus Anlaß dieser Beschwerden die Gesetzmäßigkeit folgender Verordnungsbestimmungen gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen geprüft:

a) des §3 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Rathaus am 25. Mai 1971 und durch Verlautbarung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1971, Nr. 11, S 137 f.;

b) der Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 8. Oktober 1975 über Kanalisationsbeiträge, verlautbart im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1975, Nr. 14, S 250.

Mit Erk. vom 16. März 1983, V12, 13/82 und andere Zahlen, hat der VfGH diese Verordnungsbestimmungen als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Der VfGH hat erwogen:

Mit den angefochtenen Bescheiden ist der Beschwerdeführerin die Entrichtung von Kanalgebühren vorgeschrieben worden. Die Bescheide greifen somit in ihr Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) insbesondere dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage erlassen worden wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte.

Die Vorschreibung erfolgte unter Einschluß von Steigerungsbeträgen auf Grund des §3 Abs3 der Kanalabgabenordnung.

Da diese Bestimmung mit dem unter I.2. zitierten Erk. als gesetzwidrig aufgehoben wurde, ist ein Teil der Rechtsgrundlagen der Bescheide weggefallen, weswegen die Beschwerdeführerin durch die Bescheide im Eigentumsrecht verletzt worden ist.

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B129.1979

Dokumentnummer

JFT_10169376_79B00129_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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