TE Vfgh Erkenntnis 1983/9/22 B325/80

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Veröffentlicht am 22.09.1983
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

StGG Art5
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs1

Leitsatz

Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine denkunmögliche Anwendung der verfassungsrechtlich unbedenklichen Bestimmungen des §1 Abs1 iVm. §6 lite

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Im Erbwege wurden sieben Brüder zu je 1/7 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaften EZ 65 und EZ 123 je der KG E (Gemeinde H). Zu diesen Liegenschaften gehören land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von über 7000 Quadratmeter.

Einer der Miteigentümer, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet worden war, übergab mit dem Kaufvertrag vom 20. Dezember 1978 seinen 1/7 Anteil an den Bf. Mit dem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Urfahr-Umgebung vom 23. August 1979 wurde der vereinbarten Übertragung des Eigentumsrechtes gemäß §1 Abs1 iVm §6 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. Nr. 53 - Oö. GVG 1975 - die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagt. Die Versagung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Abverkauf eines 1/7 Anteiles an einer Kleinlandwirtschaft den im Oö. GVG 1975 geschützten öffentlichen Interessen nicht entspreche, weil durch das Hinzutreten eines Familienfremden die Bewirtschaftung der Liegenschaft wesentlich erschwert werde.

Der vom Bf. gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 7. Mai 1980 nicht Folge gegeben.

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 7. Mai 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein.

Er stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung ist eine Berufung nicht zulässig (§18 Abs2 Oö. GVG 1975). Der Instanzenzug ist erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig (vgl. VfGH 28. Juni 1982 B436/81).

2. Nach §1 Abs1 Oö. GVG 1975 bedarf die Übertragung des Eigentums und die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Nach §4 Abs1 Oö. GVG 1975 müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

Nach §6 lite Oö. GVG 1975 sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß nur eine spekulative Kapitalanlage beabsichtigt ist.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden. Beim VfGH sind solche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8766/1980, VfGH 28. Juni 1982 B53/80).

3. a) Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Er begründet diese Behauptung im wesentlichen damit, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides von der bel. Beh. vertretene Ansicht, daß es sich bei den gegenständlichen Liegenschaften um einen kleinlandwirtschaftlichen Betrieb handle, die Grundstücke ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen seien und daher die Grundverkehrsbehörde ihre Zuständigkeit mit Recht bejaht habe, unrichtig sei.

b) Im Hinblick auf dieses Vorbringen ist zunächst zu prüfen, ob die Grundstücke, deren Erwerb vom Bf. zu 1/7 Anteil beabsichtigt ist, land- und forstwirtschaftliche Grundstücke iS des §1 Abs1 Oö. GVG 1975 sind. Würde es sich nämlich nicht um Grundstücke solcher Art handeln, würde die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde nicht gegeben und iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt sein (vgl. VfSlg. 8257/1978).

c) Die bel. Beh. hat nach der Begründung ihres Bescheides durch einen Lokalaugenschein festgestellt, daß es sich bei den Liegenschaften EZ 65 und 123 KG E um einen kleinlandwirtschaftlichen Betrieb handelt, der infolge der familiären Verhältnisse derzeit in der Weise genützt wird, daß auf der Liegenschaft im Einvernehmen der Miteigentümer von einem dieser Miteigentümer Schafe gehalten werden. Damit liege eine zwar nur extensive, aber einem landwirtschaftlichen Betrieb dienende Nutzung der Grundstücke vor.

Im Hinblick auf diese Feststellungen der bel. Beh., die im übrigen vom Bf. nicht bestritten werden, ist es nach Auffassung des VfGH nicht zweifelhaft, daß die Liegenschaften, an denen der Bf. zu 1/7 Anteil das Eigentum zu erwerben beabsichtigt, als Grundstücke zu qualifizieren sind, auf denen Landwirtschaft betrieben wird (vgl. VfSlg. 8257/1978). Aus dem vom Bf. allein vorgebrachten Umstand, daß bei der Vornahme des Lokalaugenscheines eine desolate, seit längerer Zeit nicht mehr bewohnte Hofstelle festgestellt worden sei, läßt sich der Schluß, daß die zur Kaufliegenschaft gehörigen Grundflächen ihre Eigenschaften als der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmete Grundstücke verloren hätten, nicht ableiten.

Weder die erstinstanzliche noch die bel. Beh. hat demnach bei der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen wäre.

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4. a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes wird der Erwerber (Übernehmer, Käufer) in der Ausübung des durch das Rechtsgeschäft begründeten privaten Rechtes auf Erwerb des Eigentums an dem Grundstück beschränkt. Ein solcher Versagungsbescheid greift in das Eigentumsrecht des Übernehmers ein (vgl. VfSlg. 8309/1978, 8518/1979, 8893/1980).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Bf. als Käufer des im Kaufvertrag vom 20. Dezember 1978 angeführten Liegenschaftsanteiles im Eigentumsrecht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfGH 28. Juni 1982 B436/81, 13. Juni 1983 B467/82).

b) In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zunächst darauf verwiesen, daß der Bf. zusammen mit seiner Ehegattin in unmittelbarer Nähe der Liegenschaften, an denen er 1/7 Anteil zu erwerben beabsichtige, ein Wohnhaus mit etwa 3000 Quadratmeter Grund besitze. Während der Bf. im erstinstanzlichen Verfahren den Ankauf dieses Liegenschaftsanteiles im wesentlichen damit begründet habe, er wolle verhindern, daß diese Grundstücke verbaut würden, und überdies noch vorgebracht habe, er habe den ihm gehörigen Grund Landwirten zur unentgeltlichen Nutzung überlassen, habe der Bf. im Berufungsverfahren den Ankauf des Liegenschaftsanteiles damit begründet, daß er beabsichtige, auf Dauer in H eine Nebenerwerbslandwirtschaft, auf der auch Tiere gehalten würden, zu führen. Ein Ankauf eines 1/7 Anteiles an einer Kleinlandwirtschaft sei aber kaum geeignet, eine Kleinlandwirtschaft errichten zu können. Insbesondere komme dies dann nicht in Betracht, wenn - wie das Verfahren ergeben habe - die weiteren Miteigentümer und auch Nachbarn nicht bereit seien, an den Bf. weitere Grundstücke oder Liegenschaftsanteile zu veräußern.

Da der Bf. nach seinen eigenen Angaben die verhältnismäßig kleinen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die ihm bereits gehörten, in der Vergangenheit nicht selbst bewirtschaftet habe, müsse damit gerechnet werden, daß er auch die landwirtschaftlichen Nutzflächen, die er nunmehr erwerbe, nicht selbst bewirtschaften würde. Da die Miteigentümer mit ihm keinesfalls in einer Miteigentumsgemeinschaft verbleiben wollten, erscheine eine Realteilung wahrscheinlich, wobei es dann dazu käme, daß der dem Bf. zufallende Grundanteil von ihm nicht selbst bewirtschaftet würde.

c) Die bel. Beh. ist damit nach eingehender Auseinandersetzung mit den landwirtschaftlichen Nutzungsverhältnissen zur Auffassung gelangt, daß der Erwerb des 1/7 Anteiles an den Kaufliegenschaften durch den Bf. mit den Erfordernissen des §4 Abs1 Oö. GVG 1975, wonach Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerstreiten dürfen, wegen der Erschwerung der Bewirtschaftung der Kaufliegenschaft und wegen der drohenden Gefahr einer Zersplitterung durch eine in Aussicht zu nehmende Teilung nicht in Einklang steht. Die von der Behörde gezogene Schlußfolgerung ist jedenfalls dem Gesetz unterstellbar und keinesfalls so fehlerhaft, daß die Fehlerhaftigkeit einer Gesetzlosigkeit gleichgehalten werden müßte. Mit dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach die in der Begründung des Bescheides befürchteten Auswirkungen nur eintreten könnten, wenn der Beschwerdeführer die Mehrheit der Eigentumsanteile erwerben würde, wird allenfalls dargetan, daß die bel. Beh. eine unrichtige Entscheidung gefällt habe, nicht aber dargelegt, daß der Entscheidung eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zugrunde liege.

Mit seinem Vorbringen, daß über den von der bel. Beh. vorgenommenen Lokalaugenschein kein Protokoll nach §14 AVG aufgenommen, sondern das Ergebnis nur mangelhaft in einem Aktenvermerk festgehalten sei, ferner daß sich die bel. Beh. einer Verletzung des Parteiengehörs nach §37 AVG schuldig gemacht habe, werden allenfalls Verstöße gegen einfachgesetzliche Verfahrensvorschriften geltend gemacht; aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich kein Hinweis für eine Mangelhaftigkeit des von der bel. Beh. durchgeführten Ermittlungsverfahrens, die einen Eingriff in die Verfassungssphäre des Bf. zur Folge haben könnte.

d) Nach Auffassung des VfGH ist von der bel. Beh. die grundverkehrsbehördliche Genehmigung allein schon im Hinblick auf einen Widerspruch des Rechtsgeschäftes zum öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes denkmöglich versagt worden. Es braucht daher nicht mehr geprüft zu werden, ob die Versagung des Rechtsgeschäftes denkmöglich auch auf die Bestimmung des §6 lite Oö. GVG 1975 gestützt werden konnte.

Zusammenfassend ergibt sich, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden ist.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B325.1980

Dokumentnummer

JFT_10169078_80B00325_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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