TE Vfgh Erkenntnis 1983/9/22 B83/81

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.1983
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §6 lita

Leitsatz

Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine gleichheitswidrige Anwendung des (verfassungsrechtlich unbedenklichen) §6 lita

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf. Dr. H H hat mit mehreren mit den Miteigentümern abgeschlossenen Kaufverträgen 3/4 Anteile und der Bf. Dr. R G 1/4 Anteil an der Liegenschaft EZ 46 KG E (Gemeinde H) erworben. Die Bezirksgrundverkehrskommission Urfahr-Umgebung hat den in den Kaufverträgen vereinbarten Übertragungen der Eigentumsanteile an die Bf. die grundverkehrsbehördliche Genehmigung im wesentlichen mit der Begründung versagt, daß es sich bei den Kaufverträgen um eine spekulative Kapitalsanlage iS des §6 lite des Oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. Nr. 53, - Oö. GVG 1975 - handle und daß es im übrigen nicht glaubhaft sei, daß die Käufer die Liegenschaft selbst bewirtschafteten. Dabei ging die Bezirksgrundverkehrskommission davon aus, daß es sich bei der Liegenschaft EZ 46 KGE um ein landwirtschaftliches Kleinanwesen handle, zu dem annähernd 5000 Quadratmeter Grund gehörten und das im Ortszentrum von H liege. Den von den Bf. gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Berufungen hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 14. November 1980 nicht Folge gegeben.

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 14. November 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Sie stellen den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung ist eine Berufung nicht zulässig (§18 Abs2 Oö. GVG 1975). Der Instanzenzug ist erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig (vgl. VfSlg. 8766/1980, VfGH 28. Juni 1982 B436/81).

2. Nach §6 Oö. GVG 1975 sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß der Erwerber das Grundstück zu dem Zwecke erwirbt, um es als Ganzes oder geteilt mit Gewinn weiter zu veräußern (lita) oder daß nur eine spekulative Kapitalanlage beabsichtigt ist (lite).

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen des Oö. GVG 1975 und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden. Im Verfahren vor dem VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8766/1980, VfGH 28. Juni 1982 B53/80).

3. a) Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Sie begründen ihre Behauptung damit, daß die Liegenschaft EZ 46 KG E einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb nicht gewidmet sei, weshalb die vorliegenden Kaufverträge auch nicht den Bestimmungen des Oö. GVG 1975 unterlägen.

b) Die bel. Beh. hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß anläßlich des Verfahrens, das den Gegenstand des hiergerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu B325/80 gebildet hat, ein Lokalaugenschein durchgeführt und die gegenständliche Liegenschaft besichtigt worden sei. Dabei sei festgestellt worden, daß es sich bei den zum Kaufobjekt gehörigen Baulichkeiten um Wohn- und Wirtschaftsgebäude handle, wie sie für landwirtschaftliche Kleinanwesen landesüblich seien. Die Gebäude seien derzeit nicht bewohnt und auch die Wirtschaftsgebäude nicht benützt. Zum Anwesen gehörten nicht ganz 5000 Quadratmeter Grund, der als Wiese genutzt worden sei, wobei sich auf dem Grund vereinzelt Obstbäume befunden hätten. Die Wiese sei gemäht gewesen und habe im Zeitpunkt der Besichtigung einen bewirtschafteten Eindruck gemacht. Die Verkäufer, die keine Landwirte seien, hätten, wenn auch nicht selbst, so durch andere, die Liegenschaft landwirtschaftlich nutzen lassen, indem sie die Wiese mähen und das anfallende Gras der Verwertung in einer Landwirtschaft zuführen ließen.

c) Der VfGH ist im Hinblick auf die unbestritten gebliebenen Ausführungen über die Nutzung der Grundstücke als Wiese und die Verwertung des gewonnenen Grases für einen anderen Landwirtschaftsbetrieb der Auffassung, daß es sich bei den von den Bf. erworbenen Grundflächen um Grundstücke handelt, auf denen Landwirtschaft betrieben wird (vgl. VfSlg. 8257/1978). Sie sind als landwirtschaftliche Grundstücke iS des §1 Abs1 Oö. GVG 1975 zu qualifizieren.

Bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat demnach die bel. Beh. jedenfalls keinesfalls eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen wäre. Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

d) Zur Behauptung, daß die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter deshalb vorliege, weil bei der Beschlußfassung der Bezirksgrundverkehrskommission der Bürgermeister der Gemeinde H mitgewirkt habe, von dieser Mitwirkung aber wegen Befangenheit ausgeschlossen gewesen wäre, ist zu bemerken, daß nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch eine Mitwirkung eines befangenen Organwalters an einer Entscheidung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht berührt wird (vgl. VfSlg. 8865/1980, 9116/1981).

4. a) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von den Bf. behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur vorliegen, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte.

Die Bf. begründen den Vorwurf der Gleichheitsverletzung mit der Behauptung, daß "ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren weder von der 1. noch von der 2. Instanz durchgeführt" worden sei und daß demnach der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein derart qualifiziert mangelhaftes Verfahren zugrunde liege, daß nicht bloß eine Verletzung einfachgesetzlicher Verfahrensvorschriften, sondern ein Eingriff in die Verfassungssphäre bewirkt worden wäre.

b) Dieses Vorbringen steht in Widerspruch zu den Verwaltungsakten.

Die erstinstanzliche Behörde hat sich in einer mündlichen Verhandlung, bei der der Bf. Dr. H H mit seinem Rechtsbeistand anwesend war, eingehend mit dem Liegenschaftserwerb durch die Bf. befaßt. Dabei wurde vom Beschwerdevertreter ausgeführt, daß die Nutzung der erworbenen Kaufgrundstücke durch den Bf. Dr. H H "intensiver sein wird, als vorher". Außerdem wurde auch angeführt, daß der Erwerber Dr. R G keine Landwirtschaft betreibt. Eingehend hat sich die erstinstanzliche Behörde auch mit dem Schreiben des Bf. Dr. H H an die Gemeinde H auseinandergesetzt, mit dem vom Bf. Dr. H H die Liegenschaft der Gemeinde H angeboten wurde. Da nach diesem Schreiben der Käufer Dr. H H für das Kaufobjekt nicht nur den halben Kaufpreis, den er bezahlt hat, verlangte, sondern auch eine Grundfläche, die etwa das 9fache des Ausmaßes des Kaufobjektes beinhaltet, ist die erstinstanzliche Behörde zur Auffassung gelangt, daß eine spekulative Kapitalsanlage zu besorgen sei, und hat aus diesem Grunde gemäß §6 lite die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt.

In der Begründung des zweitinstanzlichen Bescheides wird nach dem Hinweis auf den Inhalt des vom Bf. Dr. H H an die Gemeinde H gerichteten Schreibens dargelegt, daß die Vorgangsweise des Dr. H H im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Grunderwerb die Annahme des Vorliegens eines Spekulationsgeschäftes iS des §6 lita Oö. GVG 1975 rechtfertige, sodaß in erster Linie aus diesem Grunde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen sei.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß sowohl der erstinstanzliche als auch der zweitinstanzliche Bescheid nach eingehenden Ermittlungen über die voraussichtlichen Auswirkungen des Erwerbs der Kaufliegenschaft durch die Bf. erlassen wurden. Der Vorwurf der Bf., daß ein Mangel des Ermittlungsverfahrens vorliege, durch den ihre Verfassungssphäre verletzt worden sei, trifft daher nicht zu.

Aus den Verwaltungsakten und aus dem Ablauf des Verwaltungsgeschehens ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Annahme, daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung im Hinblick auf eine Benachteiligung der Bf. aus unsachlichen Gründen versagt worden wäre oder daß der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch stünde.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nicht vor.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B83.1981

Dokumentnummer

JFT_10169078_81B00083_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten