Index
L5 KulturrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Vbg. LandschaftsschutzG; bloßes Anhörungsrecht der Gemeinde im Verfahren über bewilligungspflichtige Bodenabbauanlagen (§11 Abs4 iVm. §8 Abs1); keine Parteistellung der Gemeinde; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch erteilte mit Bescheid vom 21. Juni 1977 der Vbg. Z Gesellschaft mbH unter Berufung auf §11 des Landschaftsschutzgesetzes, Vbg. LGBl. 33/1973 (mit der im folgenden gebrauchten Abkürzung "LSchG" ist stets dieses Gesetz in seiner zitierten Stammfassung gemeint), die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung sowie die (im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht weiter interessierende) gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für einen in der Gemeinde Klaus gelegenen Mergelsteinbruch. Die gegen die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung von der Gemeinde, die sich in ihrer Stellungnahme gegen die Bewilligungserteilung ausgesprochen hatte, ergriffene Berufung wies die Vbg. Landesregierung mit Bescheid vom 15. September 1977 zurück und begründete diese Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen:
In den Vorschriften der §§11 Abs4 und 8 Abs1 LSchG sei normiert, daß vor der Entscheidung über ein Bewilligungsansuchen der Gemeinde, in deren Bereich das Vorhaben ausgeführt werden soll, Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme innert angemessener Frist zu geben sei. Mit dieser Bestimmung sei der Gemeinde ein Begutachtungsrecht eingeräumt, das auf der einen Seite die Pflicht zur Anhörung und auf der anderen Seite das Recht zur Erstattung eines fachlichen Vorschlages umfasse. Nicht eingeräumt sei der Gemeinde damit ein subjektiv-öffentliches Recht, welches eine Parteistellung und damit auch das Recht zur Einbringung einer Berufung beinhalte.
2. Gegen den Bescheid der Vbg. Landesregierung richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der Gemeinde Klaus, in welcher die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Bescheidaufhebung sowie - hilfsweise - die Beschwerdeabtretung an den VwGH begehrt wird.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die bf. Gemeinde lehnt die der Zurückweisung ihrer Berufung zugrunde liegende Auffassung der belangten Landesregierung weiterhin ab, ihr komme im durchgeführten landschaftsschutzbehördlichen Verfahren Parteistellung nicht zu. Sie wirft der Landesregierung darob eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vor, und zwar - worauf später einzugehen sein wird - des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie eine Verletzung "in den durch die Bundesverfassungsnovelle (Gemeinde-Verfassungsnovelle) BGBl. Nr. 205/1962 gewährleisteten verfassungsgesetzlichen Rechten". In letzterer Hinsicht nimmt die Bf. - sinngemäß auf das Wesentliche zusammengefaßt - den Standpunkt ein, daß die mit dem erstinstanzlichen Bescheid meritorisch entschiedene Verwaltungsangelegenheit als dem örtlichen Landschafts- und Naturschutz zugehörig in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde falle, und leitet daraus die Verpflichtung der Naturschutzbehörde ab, ihr im Verwaltungsverfahren Parteistellung einzuräumen.
Es kann jedoch auf sich beruhen, ob und bejahendenfalls welche Rechtsverletzung - so des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gemeindeselbstverwaltungsrechtes (s. dazu zB VfSlg. 7459/1974) oder etwa eine Rechtsverletzung infolge der Verfassungswidrigkeit im Verwaltungsverfahren angewendeter Gesetzesvorschriften - aus dem Beschwerdevorwurf im Fall seines Zutreffens resultierte, da dessen Ausgangsposition verfehlt ist.
Der VfGH hat zwar in zwei Erk. (VfSlg. 8944/1980 mit Bezugnahme auf VfSlg. 6186/1970) die Auffassung vertreten, daß der örtliche Landschafts- und Naturschutz in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt; soweit den Landschafts- und Naturschutz betreffende Bestimmungen im Zusammenhang mit Bauwerken stehen, zählen sie - wie der VfGH in diesen Entscheidungen ausgesprochen hat - zur örtlichen Baupolizei, ansonsten zu den Angelegenheiten des örtlichen Landschafts- und Naturschutzes. Entgegen der nicht weiter begründeten Behauptung der bf. Gemeinde liegt hier eine solche Angelegenheit jedoch nicht vor. Gegenstand des naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahrens war ein dem mit "Bodenabbau" überschriebenen
3. Abschn. des LandschaftsschutzG zu unterstellender Steinbruch, also eine Bodenabbauanlage, die sich sowohl ihrer Art als auch - bei gebotener Durchschnittsbetrachtung - ihrer Dimension nach einer auf die örtlichen Gesichtspunkte beschränkten Behandlung unter dem Blickwinkel des Landschafts- und Naturschutzes entzieht, vielmehr geradezu typisch eine Angelegenheit des überörtlichen Landschafts- und Naturschutzes bildet und sohin keineswegs in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt.
2. Es ist aber auch der bereits erwähnte weitere Beschwerdevorwurf nicht berechtigt, daß die Bf. in dem ihr verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei. Denn unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 9094/1981) könnte diese Rechtsverletzung nach der Lage dieser Beschwerdesache nur in dem - wie die folgenden Ausführungen zeigen - hier nicht gegebenen Fall stattgefunden haben, daß die bel. Beh. die an sie erhobene Berufung zu unrecht zurückgewiesen, also in der hiefür maßgeblichen Annahme geirrt hätte, der Bf. komme Parteistellung nicht zu.
Der (im 3. Abschn. "Bodenabbau" enthaltene) §11 Abs4 LSchG sieht ua. vor, daß (im Verfahren über bewilligungspflichtige Bodenabbauanlagen) §8 Abs1 sinngemäß gilt, demzufolge vor der Entscheidung über ein Bewilligungsansuchen der Gemeinde, in deren Bereich das Vorhaben ausgeführt werden soll, Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme innert angemessener Frist zu geben ist. Weder aus dieser Gesetzesbestimmung noch aus einer anderen Vorschrift des LSchG kann nun abgeleitet werden, daß der Gemeinde ein Anspruch auf die Erlassung eines Bescheides bestimmten Inhaltes gegeben oder daß ihr ein über das bloße Anhörungsrecht hinausreichendes Recht auf Beteiligung am weiteren Verfahren eingeräumt werden sollte. An dieser Gesetzeslage geht die Beschwerdeargumentation vorbei, die sich - sinngemäß zusammengefaßt - einerseits auf den der Gemeinde in Angelegenheiten des örtlichen Landschafts- und Naturschutzes gewährleisteten Wirkungsbereich und andererseits darauf beruft, daß der Gemeinde bezüglich der im Bewilligungsverfahren nach §11 zu wahrenden Interessen des Landschaftschutzes und der Raumplanung "am ehesten die Beurteilungsmöglichkeiten" zukämen.
3. Das Beschwerdeverfahren ergab auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die bf. Gemeinde in anderen als den von ihr geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm vorliege.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Baupolizei örtliche, Landschaftsschutz, Naturschutz, Anhörungsrecht, Parteistellung Naturschutz, Parteistellung LandschaftsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B418.1977Dokumentnummer
JFT_10169077_77B00418_00