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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
ASVG; keine Bedenken gegen §227 Z1; keine gleichheitswidrige Anwendung dieser Bestimmung iVm. ArtVII der 32. Novelle zum ASVGSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Bf. lebte bis 1963 in der Tschechoslowakei und erwarb dort das Ingenieurdiplom. Dann war sie in Österreich als Chemikerin tätig. Seit 1964 ist sie österreichische Staatsbürgerin. Das Reifezeugnis und das Igenieurdiplom ließ sie nostrifizieren. 1978 beantragte sie die Bewilligung des Einkaufes von Versicherungszeiten iS des ArtVII der 32. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 704/1976. Die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bewilligte den Einkauf für 162 Kalendermonate unter Einschluß der Zeiten des Mittelschulbesuches nach Vollendung des 15. Lebensjahres und des Studiums. Die Bf. erhob Einspruch und begehrte, den Einkauf auf 116 Kalendermonate zu beschränken, weil sie im Hinblick auf den Mittel- und Hochschulbesuch von 1955 bis 1960 je acht und für 1961 sechs Ersatzmonate aufweisen könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann von Salzburg dem Einspruch mit der Begründung keine Folge, für eine Anrechnung als Ersatzzeit (§227 Z1 ASVG) fehle es an der Voraussetzung des Besuches einer inländischen Schule oder Hochschule; die Nostrifizierung von Zeugnissen und akademischen Graden reiche dazu nicht aus, sie besage lediglich, daß der Ausbildungsgang für Österreich anerkannt werden müsse.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums gerügt. Die bel. Beh. habe dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Grund für die unterschiedliche Behandlung inländischer und ausländischer Schul- und Studienzeiten könne nur die Sicherstellung sein, daß diese Zeiten wirklich der Vorbereitung auf den künftigen Beruf dienten. Dieser Zielsetzung sei aber Genüge getan, sobald eine Nostrifizierung erfolgt sei. Wenn das Gesetz diese Auslegung nicht erlaube, sei es verfassungswidrig. Gleichheitswidrig sei die Nichtberücksichtigung ausländischer Schul- und Studienzeiten in solchen Fällen auch gegenüber jenen, in denen diese Zeiten aufgrund staatsvertraglicher Regelung oder allenfalls kraft Gegenseitigkeit anerkannt würden.
Die bel. Beh. und die beteiligte Pensionsversicherungsanstalt beantragen, der Beschwerde keine Folge zu geben.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Für das Verfahren zur Durchführung des Einkaufes von Versicherungszeiten gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, daß der Instanzenzug beim Landeshauptmann endet (ArtVII Abs4 der 32. Novelle). Der Instanzenzug ist daher erschöpft.
III. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Unter gewissen Voraussetzungen können Personen, die Beitragszeiten der Pflichtversicherung erworben haben, nach Maßgabe des ArtVII der 32. Novelle zum ASVG für die übrigen nach dem 31. Dezember 1955 und vor dem 1. Jänner 1977 gelegenen Zeiten durch Entrichtung von Beiträgen für den eigenen Versicherungsverlauf wirksame Versicherungszeiten einkaufen (Abs1). Die Entrichtung von Beiträgen ist aber nur für die Gesamtzahl der vollen Kalendermonate solcher Zeiten zulässig, die nicht schon als Versicherungsmonate aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung gelten (Abs2). Kann der Versicherte also Ersatzzeiten aufweisen, so verringert sich die Zahl der Kalendermonate, für die beim Einkauf Beiträge entrichtet werden müssen. Als Ersatzzeiten gelten unter anderem Zeiten, in denen nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine inländische öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete mittlere Schule mit mindestens zweijährigem Bildungsgang, eine höhere Schule, Akademie oder verwandte Lehranstalt oder eine inländische Hochschule bzw. Kunstakademie oder Kunsthochschule in dem für die betreffende Schul(Studien)art vorgeschriebenen normalen Ausbildungs(Studien)gang besucht wurde, und zwar bis zu einem näher geregelten Höchstausmaß durch acht Monate für jedes volle Schuljahr und vier Monate für jedes Studiensemester (§227 Z1 ASVG).
Die Bf. ist der Meinung, daß die Behörde §227 Z1 ASVG fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat. Das ist jedoch nicht der Fall.
§227 Z1 ASVG "soll diejenigen Versicherten, bei denen infolge erweiterter Schulbildung der Eintritt in das Erwerbsleben und damit auch der Beginn der Versicherung hinausgeschoben wird, einigermaßen für den daraus resultierenden Verlust an Beitragszeiten schadlos halten" (Regierungsvorlage 599 BlgNR 7. GP, 71). Das Gesetz spricht ausdrücklich von inländischen mittleren Schulen und Hochschulen und diese Beschränkung hat nicht den von der Bf. vermuteten Grund, ein bestimmtes Schulniveau sicherzustellen. Wie die Gegenschrift der beteiligten Pensionsversicherungsanstalt richtig aufzeigt, ist nicht die Frage der Gleichwertigkeit des Schul- oder Hochschulbesuches, sondern der Grundsatz der territorialen Beschränkung des Sozialversicherungsrechts der für die Auslegung maßgebliche Gesetzeszweck:
"Nach dem Willen des Gesetzgebers ist das in Österreich geltende Pensionsrecht vom Beitragsprinzip beherrscht. Abgesehen von jenen Bestimmungen, die im Sinne des sozialen Ausgleiches die Einbeziehung der vor Inkrafttreten des geltenden Rechtes liegenden Zeiten beinhalten, setzt sich auch bei den jeweiligen für die Zukunft normierten Ersatzzeitenregelungen der Beitragsgedanke fort, indem der Gesetzgeber eine beitragslose und somit ersatzweise Berücksichtigung von Zeiten auf jene - taxativ aufgezählten - Fälle beschränkt, in denen dem Versicherten eine Beitragszahlung aufgrund besonderer Lebensumstände nicht möglich bzw. nicht zumutbar war.
Im Bereich des ASVG wird in jedem dieser Fälle, sei es der Fall des Schulbesuches, der Fall der Kriegsdienstleistung oder der später hinzugekommenen Fälle des Wochengeld-, Karenzurlaubsgeld-, Krankengeld- oder Arbeitslosengeldbezuges, deutlich, daß die Zugehörigkeit zum Kreis der Versicherten wegen nur vorübergehender, teils gesetzlich (zB durch den Mutterschutz) bedingter Ermangelung des Bezuges von beitragspflichtigem Entgelt unterbrochen ist.
Diese an sich geforderte Zugehörigkeit zum Kreis der in Österreich Versicherten wird entweder durch die Bezeichnung der in Österreich geltenden Regelung, wie zB des Wochengeldbezuges, bzw. des Gesetzes, wie zB des Wehrgesetzes, oder durch die Einschränkung auf eine Tätigkeit im Gebiete der Republik Österreich (§227 Z9 ASVG) bzw. auf inländische Schulen und inländische Hochschulen (§227 Z1 ASVG) zum Ausdruck gebracht."
Am Erwerb von Beitragszeiten in der österreichischen Sozialversicherung ist durch den Schul- oder Hochschulbesuch nämlich nur derjenige gehindert, der andernfalls in Österreich einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen wäre. Wenn der Gesetzgeber bloß vom Besuch einer inländischen Schule annimmt, daß er den Erwerb von Beitragszeiten in Österreich hindert, ist das ebenso sachlich wie der Umstand, daß er der Sozialversicherung nur die Beschäftigung im Inland unterwirft (§1 ASVG). Wenn aber Zeiten einer Beschäftigung im Ausland aus irgendwelchen Gründen der Beschäftigung im Inland gleichgestellt werden, ist aus denselben Überlegungen auch wieder eine Gleichstellung von Zeiten eines dortigen Schulbesuches gerechtfertigt.
Hat aber die bel. Beh. dem Gesetz keinen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt - daß sie Willkür geübt hätte, ist nicht erkennbar und wird auch von der Beschwerde nicht behauptet -, dann ist dem Vorwurf der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte der Boden entzogen. Auch sonst hat der VfGH gegen das Gesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu §227 Z1 ASVG idF der 9. Nov., BGBl. Nr. 13/1962, VfSlg. 6276/1970). Da von denkunmöglicher Gesetzesanwendung nicht die Rede sein kann, erübrigt es sich näher auf die Frage einzugehen, ob der angefochtene Bescheid - wie behauptet - in das Eigentumsrecht der Bf. eingreift. Soweit in der Beschwerde davon gesprochen wird, daß sich die Bf. durch die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Norm im Eigentumsrecht verletzt erachte, weil die abgeforderte Zahlung der gesetzlichen Grundlage entbehre, sind ihre Ausführungen unverständlich.
Da die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte offenkundig nicht vorliegt, rechtswidrige generelle Normen nicht angewendet wurden und auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, kann die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 VerfGG).
Schlagworte
Sozialversicherung, Beitragszeiten (Sozialversicherung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B497.1979Dokumentnummer
JFT_10169077_79B00497_00