TE Vfgh Beschluss 1983/9/23 B243/77

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Veröffentlicht am 23.09.1983
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Index

37 Geld-, Währungs-und Kreditrecht
37/02 Kreditwesen

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
KWG 1939 §5 Abs1
KWG 1939 §6 Abs1

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; §6 Abs1 KreditwesenG 1939; die an das Kreditinstitut gerichtete Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebes berührt die höchstpersönliche Sphäre des Inhabers; keine Beschwerdelegitimation des Masseverwalters

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Den Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde bildet der vom Bundesminister für Finanzen an ein Kreditinstitut (über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet worden war) gerichtete Bescheid vom 13. Mai 1977, mit welchem gemäß §6 Abs1 litc des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939, DRGBl. I S 1955 (idF des Gesetzes vom 23. Juli 1940, DRGBl. I S 1047, und der V vom 18. September 1944, DRGBl. I S 211 - im folgenden: KWG 1939) die Fortführung des Geschäftsbetriebes untersagt wird. Die Beschwerde führt als bf. Parteien einerseits den Masseverwalter und andererseits den Gemeinschuldner, vertreten durch den Masseverwalter, an.

II. 1. Der VfGH hält im Hinblick auf das alleinige Einschreiten des Masseverwalters unter jeweiliger Berufung auf seine Funktion zunächst fest, daß die Beschwerde nicht etwa zwei verschiedenen bf. Parteien, sondern nur einer einzigen zuzurechnen ist, nämlich dem als Prozeßpartei bloß unterschiedlich bezeichneten Masseverwalter (s. hiezu Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht (1981), S 46, mit Bezugnahme auf SZ XXXV/20).

2. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

a) Nach §5 Abs1 KWG 1939 kann der Bundesminister für Finanzen die Erlaubnis (zum Betrieb der Geschäfte von Kreditinstituten) zurücknehmen, wenn der Geschäftsbetrieb, auf den sich die Erlaubnis bezieht, nicht innerhalb eines Jahres seit der Erteilung der Erlaubnis eröffnet wird (lita) oder wenn der Geschäftsbetrieb ein Jahr lang nicht mehr ausgeübt worden ist (litb); gemäß §6 Abs1 dieses Gesetzes kann der Bundesminister die Fortführung des Geschäftsbetriebes untersagen, wenn die Erlaubnis durch unrichtige Angaben oder durch täuschende Handlungen erwirkt worden ist (lita), wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß Geschäftsleiter der Unternehmung (§4 Abs2) nicht die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit besitzen (litb), oder wenn das Kreditinstitut keine Gewähr für die Sicherheit der ihm anvertrauten Gelder oder Wertpapiere bietet oder wenn es wichtige allgemeine Interessen verletzt (litc).

Aus der Zusammenschau dieser Anordnungen (auf die unten zT noch weiter einzugehen sein wird) wird deutlich, daß das (nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand angehörende - s. §36 Abs5 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979) KWG 1939 je nach dem in Betracht kommenden Tatbestand die Zurücknahme der Erlaubnis einerseits und die Untersagung des Geschäftsbetriebs andererseits als zwei zwar unterschiedlich benannte, im wesentlichen aber zum selben Ergebnis führende Rechtsakte der Beendigung des durch die Erteilung der Erlaubnis begründeten Verwaltungsrechtsverhältnisses kennt.

b) Mit Beschluß Z 1521/78 vom 22. Dezember 1978 (VwSlg. 5332/F) wies der VwGH die an ihn erhobene Beschwerde eines Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen eines Kreditinstitutes mangels Legitimation des Einschreiters zurück, welche sich gegen einen Bescheid des Bundesministers für Finanzen über die Zurücknahme der Erlaubnis gemäß §5 Abs1 litb KWG 1939 richtete. Der VwGH begründete seine Auffassung im wesentlichen folgendermaßen:

"Mit der Erteilung der Erlaubnis iS des §3 Kreditwesengesetz wurde eine Rechtsbeziehung zwischen dem Staat und dem Berechtigten hergestellt, die nur von den Partnern wieder gelöst werden kann. Der Staat (hier durch die bel. Beh. vertreten) kann daher die Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditinstitutes nur unter den im §5 des Kreditwesengesetzes bestimmten Voraussetzungen wieder zurücknehmen. Die Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Natur kann grundsätzlich nur nach dem hiefür erlassenen Gesetz verändert werden, ist nicht übertragbar und unterliegt nicht dem Eingriff Dritter. Die Verfügung über die Erlaubnis gehört aus diesem Grund in die höchstpersönliche Sphäre des Inhabers des Kreditinstitutes, die auch für den Erwerb der Erlaubnis mitbestimmend war.

In Verfahren über die Gewerbeberechtigung hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß dem Masseverwalter nicht die Befugnis zusteht, über das der exekutiven Verwertung nicht zugängliche Gewerberecht selbst in welcher Form immer zu verfügen und er auch nicht berechtigt ist, die Gewerbeberechtigung zurückzulegen. Ihm fehlt daher auch die Befugnis, den Gemeinschuldner in einem Verfahren, das die Zurücknahme der Gewerbeberechtigung betrifft, zu vertreten (s. die Entscheidungen des VwGH vom 31. Oktober 1957, Z 2192/55, vom 27. Mai 1958, Z 735 und 736/57, vom 26. September 1958, Z 416/58, und vom 20. Mai 1970, Z 1842/69).

Die Anwendung der in diesen Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf den Fall der Entziehung der Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz ergibt sich aus der dargestellten Übereinstimmung des Wesens einer solchen Erlaubnis mit einer Gewerbeberechtigung. Der Bf. ist daher zum Einschreiten in seiner Eigenschaft als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Kreditinstitutes nicht legitimiert, ..."

Der VfGH schließt sich dieser Auffassung des VwGH an. Geht man von ihr aus und nimmt auf den oben herausgestellten Umstand Bedacht, daß zwischen der Zurücknahme der Erlaubnis und der Untersagung des Geschäftsbetriebes in Ansehung des Ergebnisses kein ins Gewicht fallender Unterschied besteht, so folgt daraus zusammenfassend, daß der Masseverwalter auch zur Bekämpfung eines an das Kreditinstitut gerichteten Bescheides über die Untersagung des Geschäftsbetriebes nicht legitimiert ist; ein solcher Bescheid berührt nämlich in gleicher Weise wie ein Bescheid über die Zurücknahme der Erlaubnis ausschließlich die höchstpersönliche Sphäre des Inhabers des Kreditinstitutes als des Trägers der Erlaubnis.

3. Die vom Masseverwalter erhobene Beschwerde war sohin wegen der ihm mangelnden Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Kreditwesen, VfGH / Parteien, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B243.1977

Dokumentnummer

JFT_10169077_77B00243_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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