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25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Worte "oder seines Vertreters" in §364 Abs1 Z1 StPO; keine Legitimation mangels unmittelbarer Wirksamkeit der angefochtenen NormSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit einem beim VfGH eingebrachten Schriftsatz begehrt der Einschreiter Dr. FM aus Anlaß des gegen ihn geführten Strafverfahrens AZ 11 Vr 699/77 des Kreisgerichtes Wels unter Berufung auf Art140 B-VG die Aufhebung der Worte "oder seines Vertreters" in §364 Abs1 Z1 StPO als verfassungswidrig, und zwar wegen Widerspruchs zu Art7 Abs1 B-VG (Art2 StGG) und Art6 MRK.
2. Über diesen Antrag wurde erwogen:
2.1. §364 Abs1 Z1 StPO regelt die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels gegen Urteile der Strafgerichte:
Vermag der Beschuldigte nachzuweisen, daß es ihm durch unabwendbare Umstände ohne sein oder seines Vertreters Verschulden unmöglich gemacht wurde, eine solche Frist einzuhalten, ist dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugegeben. In Anwendung dieses Paragraphen erging im Strafverfahren AZ 11 Vr 699/77 des Kreisgerichtes Wels der Beschluß des OGH vom 19. Mai 1983, Z 13 Os 70/83-8, womit die von Dr. F M begehrte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 2. März 1982 verweigert wurde.
2.2. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG idF BGBl. Nr. 302/1975 erkennt der VfGH "über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ..."
2.3. Aus dem Zusammenhang der Antragsausführungen folgt, daß der Einschreiter die Aufhebung des verfassungswidrig erachteten Teils des §364 Abs1 Z1 StPO ausschließlich deshalb beantragt, weil der OGH im Strafverfahren AZ 11 Vr 699/77 des Kreisgerichtes Wels mit Beschluß vom 19. Mai 1983, Z 13 Os 70/83-8, den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten, das ist des jetzigen Antragstellers in Handhabung der Vorschrift des §364 Abs1 Z1 StPO abschlägig entschieden hatte (s. 2.1.).
Demgemäß erweist sich aber das weitere Antragsvorbringen, daß hier die Voraussetzungen für die Anfechtungslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG erfüllt seien, als unzutreffend. Denn die Bestimmung des §364 Abs1 Z1 StPO konnte für den Antragsteller im Strafverfahren AZ 11 Vr 699/77 des Kreisgerichtes Wels nach Lagerung des konkreten Falls überhaupt nur durch die - ihn berührende - Entscheidung des OGH vom 19. Mai 1983 wirksam werden.
Somit fehlt es hier jedenfalls an der für einen Individualantrag gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zwingend geforderten Voraussetzung, daß das - anzufechtende - Gesetz für den Antragsteller ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung wirksam geworden sei (s. dazu zB VfSlg. 8554/1979, 9276/1981). Die Tatsache, daß der OGH in dem vom Antragsteller angestrengten Verfahren keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der von ihm angewendeten Gesetzesbestimmungen hegte, hat weder zur Folge, daß das Gesetz nunmehr unmittelbar in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, noch ergibt sich daraus eine gleichsam subsidiäre Antragslegitimation (vgl. VfSlg. 9220/1981).
2.4. Aus diesen Erwägungen war der Antrag des Dr. F M mangels Vorliegens der Antragslegitimation - gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 idF BGBl. Nr. 353/1981 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung schon in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Strafprozeßrecht, WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:G47.1983Dokumentnummer
JFT_10169076_83G00047_00