RS Vwgh 2006/4/25 2002/06/0100

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.04.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
25/01 Strafprozess
27/01 Rechtsanwälte

Norm

MRK Art6;
RAO 1868 §16 Abs2 idF 1999/I/071;
RAO 1868 §45 idF 1999/I/071;
StPO 1975 §42 Abs1 idF 1999/I/055;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/06/0104 E 25. April 2006

Rechtssatz

Der gemäß § 45 RAO als Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt hat gemäß § 16 Abs. 2 RAO die Vertretung oder Verteidigung mit der gleichen Sorgfalt wie ein frei gewählter Rechtsanwalt zu besorgen, dieser Grundsatz dient einer dem Gleichheitssatz entsprechenden Verwirklichung des Rechts auf ein faires Verfahren für Beschuldigte und Angeklagte, denen gemäß § 41 Abs. 2 StPO ein Verfahrenshelfer beigegeben ist. Werden nun bei Verfahrenshilfen von überlanger Dauer mehrere Rechtsanwälte gleichzeitig zur Vermeidung einer überdurchschnittlichen Belastung eines einzelnen Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer bestellt, so kann eine solche Vorgangsweise die Erfüllung jener Verpflichtungen, die jedem einzelnen Rechtsanwalt in Vertretung der Partei obliegen, beeinträchtigen oder mit dieser nicht vereinbar sein, wenn mehrere zur Verteidigung befugte und verpflichtete Rechtsanwälte Schwierigkeiten mit der Koordination und der Aufteilung ihrer Aufgaben haben (Hinweis E VfGH vom 27. Februar 1991, VfSlg 12638/1991). Die gleichzeitige Bestellung von mehreren Rechtsanwälten als Verfahrenshilfeverteidiger entbinden jeden einzelnen gemäß § 45 RAO bestellten Rechtsanwalt nämlich nicht von seiner ihm gemäß § 16 Abs. 2 RAO obliegenden Verpflichtung, die Vertretung oder Verteidigung der Partei mit der gleichen Sorgfalt wie ein frei gewählter Rechtsanwalt zu besorgen. Die gleichzeitige Mitbestellung eines oder mehrerer Rechtsanwälte zusätzlich zu einem vom Beschuldigten oder Angeklagten gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz StPO namhaft gemachten Rechtsanwalt wird bei dieser Sachlage daher nur dann dem Gesetz entsprechen, wenn dies zur Gewährleistung einer effektiven Vertretung und Verteidigung des Verfahrensbeholfenen erforderlich oder zweckmäßig ist und eine Beeinträchtigung der Gewährleistung einer effektiven Vertretung und Verteidigung vor dem Hintergrund des Art. 6 EMRK ausgeschlossen werden kann.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002060100.X04

Im RIS seit

19.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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