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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelbLeitsatz
Art144 B-VG, Beschlagnahmeanordnung nach §§89 ff. Finanzstrafgesetz ist ein Bescheid, der nicht unmittelbar Gegenstand einer Beschwerde sein kannSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. a) Die vorliegende, offenkundig auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde bekämpft die Beschlagnahme des PKW des Bf. durch Organe des Zollamtes Linz als Finanzstrafbehörde I. Instanz am 11. April 1983.
Die Beschlagnahme erfolgte aufgrund einer - der Beschwerde angeschlossenen - Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes Linz als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom 24. März 1983, in der es heißt: "Es ergeht an die Erhebungsbeamten des Zollamtes Linz als Finanzstrafbehörde I. Instanz die Anordnung, nachstehende Gegenstände zu beschlagnahmen: PKW der Marke Mercedes 240 D, amtl. Kennz. ...."
Über dem fettgedruckten Wort "Beschlagnahmeanordnung" steht:
"Bescheid ergeht an Herrn Manfred M. ..." Am Ende der Beschlagnahmeanordnung befindet sich eine Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis, daß gegen diesen Bescheid gemäß §152 Abs2 FinStrG das Rechtsmittel der Beschwerde an die Finanzlandesdirektion zulässig sei.
In der Beschwerde an den VfGH heißt es auf S 4, daß "dieser Bescheid" dem Bf. am 11. April 1983 ausgefolgt worden sei. Im weiteren Verlauf der Beschwerdeausführungen stellt sich der Bf. jedoch auf den Standpunkt, daß die Beschlagnahmeanordnung nach der Regelung des FinStrG (§§89 ff. und 152) eine bloß verfahrensleitende Verfügung sei, gegen die ein Rechtsmittel unzulässig sei.
Der Bf. beantragt, die angefochtene Beschlagnahme wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten des Bf. aufzuheben, in eventu festzustellen, daß die Beschlagnahme rechtswidrig erfolgte, hilfsweise die Beschwerde dem VwGH abzutreten.
b) In einem ergänzenden Schriftsatz bringt der Bf. unter Hinweis auf die neue Judikatur des VfGH (VfSlg. 9308/1981) sowie aufgrund des Umstandes, daß sich das Zollamt Linz erstaunt gezeigt habe, daß die Beschlagnahmeanordnung nicht durch Beschwerde gemäß §152 Abs1 FinstrG bekämpft worden sei, zusätzlich vor, daß sich die Beschlagnahmeanordnung vom 24. März 1983 in einer behördeninternen Anweisung an Organe der bel. Beh. erschöpfe. Dies stelle auch iS der jüngeren Judikatur des VfGH zum Beschlagnahmeverfahren nach dem Finanzstrafgesetz keinen Bescheid dar, da nicht über Rechtsverhältnisse behördenexterner bestimmter Personen abgesprochen werde; es fehle daher ein unabdingbares Bescheidessentiale. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß das Zollamt Linz oberhalb der Bezeichnung "Beschlagnahmeanordnung" angefügt habe "Bescheid ergeht an Herrn Manfred M".
2. Gemäß Art144 Abs1 Satz 2 B-VG idF der Nov. BGBl. Nr. 302/1975 erkennt der VfGH über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person. Darunter fallen Verwaltungsakte, die bis zum Inkrafttreten der B-VG-Nov. 1975, BGBl. Nr. 302, nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH als sogenannte faktische Amthandlungen (mit individuell-normativem Inhalt) bekämpfbar waren, wie dies ua. für eine Beschlagnahme, dh. die zwangsweise Entziehung einer Sache zum Zweck der Verwahrung (VfSlg. 4947/1965, 6754/1972, 9099/1981), zutrifft, die nicht aufgrund eines - sie anordnenden - verwaltungsbehördlichen Bescheides stattfand.
Wurde eine Beschlagnahme hingegen bescheidmäßig verfügt, kann sie - wie der VfGH schon wiederholt aussprach - nicht unmittelbar Gegenstand einer Beschwerdeführung nach Art144 Abs1 B-VG sein (vgl. zB VfSlg. 2450/1952, 3848/1960, 4947/1965, 5720/1968, 9099/1981).
3. Diese Rechtsprechung wird auch vom Bf. nicht in Zweifel gezogen. Er verneint aber den Bescheidcharakter der hier vorliegenden Beschlagnahmeanordnung.
Zu dieser Frage hat der VfGH in dem vom Bf. selbst zitierten Erk. vom 16. Dezember 1981, B101/81 (= VfSlg. 9308/1981) folgendes ausgeführt:
"Nun muß zwar eine Beschlagnahmeanordnung nach der Vorschrift des §89 Abs1 FinStrG - die bestimmt, daß die Finanzstrafbehörde die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen können, anzuordnen hat, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist - in Bescheidform ergehen (s. dazu VfSlg. 4219/1962 und VwSlg. 2590 F/1962), weil damit eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weisenormativ geregelt, mithin ein Rechtsverhältnis für den Einzelfall bindend gestaltet wird (s. zB VfSlg. 6187/1970; VfGH 27. Feber 1981 B673/80). Als solcher Bescheid - der, da nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wurde, der Anfechtung mit Administrativbeschwerde gemäß §152 Abs1 FinStrG unterliegt - ist jedoch die in Rede stehende "Beschlagnahmeanordnung" nach §89 Abs1 FinStrG deshalb nicht anzusehen, weil sie sich ihrem Inhalt nach - es fehlt ein Betroffener als Bescheidadressat - nicht an bestimmte (natürliche oder juristische) Personen, insbesondere auch nicht an den Bf. richtet, also nicht über Rechtsverhältnisse individuell bestimmter Personen abspricht, sich vielmehr der Sache nach in einer behördeninternen Anweisung an Organe der bel. Beh. erschöpft, sodaß es hier nach Lagerung des Falles - allein schon aus diesem Grund - an einem unabdingbaren Bescheidessentiale mangelt (vgl. Mannlicher - Quell, Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, S 291 ff. Anm. 1)."
Im Unterschied zu dem mit dem genannten Erk. VfSlg. 9308/1981 entschiedenen Fall ist die Beschlagnahmeanordnung hier ausdrücklich an den Bf. ergangen und ihm auch zugestellt worden; ein Bescheidadressat ist also vorhanden.
Der Bf. ist mit seiner Argumentation, die Beschlagnahmeanordnung bleibe ungeachtet dessen eine behördeninterne Anweisung, der Spruch regle in keiner Weise den Bf. betreffende Rechtsverhältnisse, nicht im Recht. Der VfGH vertritt nämlich in ständiger Rechtsprechung (s. VfSlg. 7067/1973, 9346/1982, VfGH 25. Feber 1983 B439/82) die Rechtsauffassung, daß ein schriftlicher Hausdurchsuchungsbefehl nach §93 Abs1 FinStrG - welcher ebenfalls die behördeninterne Anordnung zur Vornahme der betreffenden Amtshandlung enthält - die Rechtslage des von der Hausdurchsuchung Betroffenen der Finanzbehörde gegenüber bindend gestaltet und als Bescheid anzusehen ist. Dieser Gedankengang trifft auch auf die Beschlagnahme zu.
4. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß die Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes Linz vom 24. März 1983 im vorliegenden Fall als verwaltungsbehördlicher Bescheid zu werten ist.
Die mit verwaltungsbehördlichem Bescheid verfügte Beschlagnahme kann nicht unmittelbar Gegenstand einer Beschwerdeführung nach Art144 Abs1 B-VG sein.
Der die Amtshandlung deckende Bescheid unterliegt aber, weil nicht ein Rechtsmittel gesetzlich für unzulässig erklärt wurde, der Anfechtung mit Beschwerde gemäß §152 Abs1 FinStrG (VfGH 25. Feber 1983 B439/82). Da nach Art144 Abs1 letzter Satz B-VG (§82 Abs1 VerfGG) Beschwerde an den VfGH erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden kann, ist auch dann ein Prozeßhindernis gegeben, und zwar der Unzuständigkeitsgrund der Nichterschöpfung des Instanzenzuges, wenn man die vorliegende Beschwerde als gegen den Bescheid selbst gerichtet ansähe.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VfGH ist abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur für den hier nicht gegebenen Fall einer ablehnenden Sachentscheidung des VfGH vorgesehen ist, nicht hingegen auch bei einer Zurückweisung einer - wie hier - unzulässigen Beschwerde (vgl. hiezu ebenfalls VfGH 25. Feber 1983 B439/83).
Schlagworte
Finanzstrafrecht, Beschlagnahme, VfGH / InstanzenzugserschöpfungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B299.1983Dokumentnummer
JFT_10168876_83B00299_00