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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
EStG 1972; keine Bedenken gegen §16 Abs1 Z8 lita; keine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Berechnungsbasis der Entwicklung des Geldwertes anzupassen; keine Verletzung des Eigentums- und des GleichheitsrechtesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Bf. ist seit 1954 Eigentümerin einer Liegenschaft in Klagenfurt, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient. Der Einheitswert wurde zum 1. Jänner 1963 mit 528000 S festgestellt. Bis 1976 wurden bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vom Finanzamt jährlich 2,5 vH dieses Einheitswertes als AfA angesetzt.
Zum 1. Jänner 1977 wurde der Einheitswert der Liegenschaft mit 1062000 S bestimmt. Die Bf. begehrte hierauf für das Jahr 1977 die Absetzung von 2,5 vH des neuen Einheitswertes. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Ktn. vom 20. November 1979 wurde diesem Begehren nicht Rechnung getragen. Es blieb bei der Anwendung des Hundertsatzes vom Einheitswert des Jahres 1963.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz gerügt wird.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§2 Abs4 Z2 EStG 1972), Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§16 Abs1 erster und zweiter Satz). Nach §16 Abs1 (dritter Satz) EStG sind Werbungskosten auch
"8. AfA und für Substanzverringerung (§7). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so sind für die Bemessung der AfA oder Substanzverringerung als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen:
a) Bei einem Gebäude, das vor dem 1. Jänner 1963 angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden ist, der Einheitswert zum 1. Jänner 1963 oder auf Antrag der Betrag, der für die Anschaffung am 1. Jänner 1963 hätte aufgewendet werden müssen,
b) bei einem Gebäude, das nach dem 31. Dezember 1962 unentgeltlich erworben worden ist, der Einheitswert, der für den letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt festgestellt worden ist, oder auf Antrag der Betrag, der für die Anschaffung im Zeitpunkt des Erwerbes hätte aufgewendet werden müssen,
c) bei einem sonstigen Wirtschaftsgut, das vor dem 1. Jänner 1963 angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden ist, der Betrag, den der Steuerpflichtige für die Anschaffung am 1. Jänner 1963 hätte aufwenden müssen,
d) bei einem sonstigen Wirtschaftsgut, das nach dem 31. Dezember 1962 unentgeltlich erworben worden ist, der Betrag, den der Steuerpflichtige für die Anschaffung im Zeitpunkt des Erwerbes hätte aufwenden müssen.
Die Bestimmungen des §6 Z11 gelten sinngemäß."
Die Beschwerde hält es für verfassungswidrig, daß der einmal festgesetzte Einheitswert auf Dauer maßgeblich bleiben soll. Die AfA müsse ebenso steigen wie die Wiederbeschaffungskosten. Andernfalls würde ohne zwingendes öffentliches Interesse in das Eigentum an Mietwohnhäusern eingegriffen, und die Eigentümer solcher Liegenschaften würden gegenüber anderen Unternehmergruppen unsachlich benachteiligt. Gerade bei langlebigen Wirtschaftsgütern wirke sich die Geldverminderung empfindlich aus.
Der VfGH teilt diese Bedenken nicht:
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt, wobei sich die Absetzung nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes bemißt (§7 Abs1 EStG). Gleichwohl wird für Gebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und schon vor dem 1. Jänner 1963 angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden sind, als Ausgangspunkt der Berechnung der Einheitswert zum 1. Jänner 1963 oder auf Antrag der Betrag, der für die Anschaffung am 1. Jänner 1963 hätte aufgewendet werden müssen, also ein Stichtag nach der Anschaffung oder Herstellung bestimmt (§16 Abs1 Z8 lita). Die Berechnungsbasis wird insoweit während der Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes ausnahmsweise geändert (vgl. VfSlg. 7295/1974 zum gleichlautenden §9 Abs1 Z6 lita EStG 1967). Darin liegt offenbar keine Benachteiligung, sondern höchstens eine Begünstigung der Bezieher von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegenüber anderen Gruppen von Steuerpflichtigen.
Im übrigen verpflichtet aber keine Verfassungsbestimmung den Gesetzgeber, der AfA die Wiederherstellungskosten zugrunde zu legen oder die Berechnungsbasis der Entwicklung des Geldwertes ganz allgemein derart anzupassen, daß sie mit sinkendem Geldwert steigt. Der Gesetzgeber kann vielmehr die Herstellungskosten in jener Höhe auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes verteilen, in der sie entstanden sind. Es ist kein zwingender Grund vorhanden, die vielfach eintretenden und niemals generell vermeidbaren Nachteile einer Geldwertminderung gerade in solchen Fällen abzufangen (vgl. auch VfSlg. 7770/1976). Ob auch eine andere, solche Nachteile vermeidende Lösung möglich und für Fälle dieser Art zweckmäßig wäre, berührt die Frage der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Regelung nicht.
2. Gegen andere Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind Bedenken weder vorgebracht worden noch im Verfahren entstanden. Die Beschwerde behauptet auch keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Vollziehung, und das Verfahren hat hiefür keine Anhaltspunkte ergeben.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Schlagworte
Einkommensteuer, Werbungskosten, InflationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B36.1980Dokumentnummer
JFT_10168875_80B00036_00