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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Sbg. JagdG 1977; keine Bedenken gegen die §§20 ff. betreffend die Verwaltung einer Gemeinschaftsjagd durch eine Jagdkommission, im Hinblick auf Art7 Abs1 B-VG; keine denkunmögliche oder willkürliche GesetzesanwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Die Jagdkommission A hat in ihrer Sitzung vom 25. Mai 1979 einstimmig beschlossen, die im Bezirk Hallein/Sbg. gelegene Gemeinschaftsjagd A für die Jagdperiode 1. Jänner 1980 bis 31. Dezember 1988 an die Jagdgesellschaft A im Wege des freien Übereinkommens um einen Pachtschilling von 33 S je ha zu verpachten.
Als weiterer Bewerber um die Verpachtung war nur noch der Bf. aufgetreten, der Eigentümer von Grundflächen in der Größe von 33 ha ist, die zum Gemeinschaftsjagdgebiet A gehören.
Der Beschluß der Jagdkommission wurde gemäß §28 Abs2 des Sbg. Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 94/1977, (SJG) durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde A vom 28. Mai bis 25. Juni 1979 kundgemacht und der Bezirkshauptmannschaft Hallein bekanntgegeben.
b) Mit Eingabe vom 11. Juni 1979 hat der Bf. gegen den Beschluß der Jagdkommission vom 25. Mai 1979 Widerspruch erhoben und den Antrag gestellt, die Bezirkshauptmannschaft Hallein möge die Verpachtung der Gemeinschaftsjagd A im Wege des freien Übereinkommens für unwirksam erklären.
Die Sbg. Landesregierung hat mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. Dezember 1979 diesen Antrag gemäß §28 Abs3 SJG abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Der Bf. begründet seine Behauptung, in den erwähnten Rechten verletzt worden zu sein, ausschließlich damit, daß der Abschn. I Teil C des SJG verfassungswidrig sei:
a) Das Jagdrecht sei mit dem Eigentum an Grund und Boden untrennbar verbunden und stehe dem jeweiligen Grundeigentümer zu. Der Landesgesetzgeber könne nur aus jagdwirtschaftlichen oder jagdpolizeilichen Gründen die Ausübung des Jagdrechtes regeln; nicht jedoch falle es in seine Kompetenz vorzusehen, daß Personen auf nicht ihnen gehörenden Grundstücken das Jagdrecht ausüben dürften und daß Grundstückseigentümern das Jagdausübungsrecht entzogen werden.
b) Die §§20 ff. SJG verletzten das Recht des Bf. auf freie Verfügung über sein Eigentum durch Entziehung des Jagdrechtes, welches unmittelbar mit dem Grundeigentum verbunden sei. Es stehe ihm auch keine indirekte Einflußnahme auf die Ausübung des Jagdrechtes auf seinen Grundstücken zu, werde doch gemäß §20 Abs1 SJG die Gemeinschaftsjagd von der zuständigen Jagdkommission vergeben. Diese Kommission vertrete zwar §20 Abs1 SJG zufolge die Gesamtheit der Grundeigentümer, wobei jedoch diesen kein wie immer gearteter Einfluß auf die Zusammensetzung und die Auswahl der Mitglieder der Jagdkommission zustehe.
c) Gemäß §28 SJG könne der einzelne Grundeigentümer gegen die Verpachtung der Gemeinschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens nicht Widerspruch erheben, sondern nur die Mehrheit der Grundeigentümer. Diese Bestimmung verletze den Gleichheitsgrundsatz insofern, als ein einzelner Grundeigentümer anders gestellt werde als die Hälfte der Grundeigentümer, ohne daß dafür eine sachliche Rechtfertigung vorliege.
d) Durch die Bestimmungen über die Jagdkommission und über die Möglichkeit des Widerspruches gegen die Verpachtung der Gemeinschaftsjagd werde auch das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Es sei dem Bf. nicht möglich, zur Durchsetzung seiner Rechte ein ordentliches Verfahren einleiten zu lassen. Es stehe ihm kein Einfluß auf die Zusammensetzung und die Tätigkeit der Jagdkommission zu. Er könne auch die Entscheidungen der Jagdkommission nicht beeinflussen. Er habe nicht die Möglichkeit, gegen diese Entscheidungen als einzelner irgendwelche Schritte zu unternehmen.
In der Beschwerde wird daher angeregt, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§20 bis 37 SJG einzuleiten.
3. Die Sbg. Landesregierung als bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie begehrt, die Beschwerde abzuweisen.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. a) Das Jagdrecht ist ein aus dem Eigentum an Grund und Boden fließendes Privatrecht; als Ausfluß des Grundeigentums und daher als eine dem Privatrecht angehörende Rechtseinrichtung fällt es in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes. Hingegen kann die Ausübung des Jagdrechtes im allgemeinen Interesse der Jagdwirtschaft und der Jagdpolizei gemäß Art15 Abs1 B-VG durch die Landesgesetzgebung geregelt werden (vgl. zB VfSlg. 8779/1980, 8989/1980, 9121/1981).
Bei der Regelung der Jagdausübung auf einem Gemeinschaftsjagdgebiet handelt es sich um eine im allgemeinen Interesse der Jagdwirtschaft und der Jagdpolizei gelegene Vorschrift. Soweit dabei hinsichtlich der Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens die erforderlichen zivilrechtlichen Bestimmungen erlassen werden, ist die Kompetenz des Landesgesetzgebers durch Art15 Abs9 B-VG gedeckt. Dies trifft hier zu (vgl. zB VfSlg. 6828/1972 und 9121/1981).
Der VfGH teilt sohin nicht die vom Bf. in Ansehung der Kompetenz des Landesgesetzgebers vorgebrachten Bedenken.
b) Der Bf. meint, daß die §§20 ff. SJG auf verfassungsgesetzlich unzulässige Weise in das Eigentumsrecht der Eigentümer der zum Gemeinschaftsjagdgebiet gehörenden Grundstücke eingreifen.
Diese Bedenken gehen von der Prämisse aus, daß die zitierten Bestimmungen das Jagdrecht der Grundeigentümer beschnitten. Diese Ausgangsposition trifft nicht zu, da diese Vorschriften nicht das Jagdrecht, sondern das Recht zur Ausübung der Jagd regeln. Diese Vorschriften berühren weder den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes noch verstoßen sie gegen eine sonstige verfassungsrechtliche Vorschrift, etwa gegen das Gleichheitsgebot. Es ist sachlich gerechtfertigt, im Interesse der Jagdwirtschaft und der Jagdpolizei die Verwaltung der Gemeinschaftsjagd einer Jagdkommission iS des §21 SJG zu überlassen, auch wenn die Eigentümer der im Gemeinschaftsjagdgebiet gelegenen Grundstücke nicht zwingend in dieser Kommission vertreten sein müssen. Der VfGH kann dem Gesetzgeber nicht entgegentreten, wenn er dem Ziel einer - im öffentlichen Interesse gelegenen - geordneten Jagdwirtschaft den Vorrang vor den privaten wirtschaftlichen Interessen der Grundeigentümer gegeben hat; die im Abschn. I Teil C SJG getroffene Regelung ist nicht ein zur Erreichung dieses Zieles unadäquates Mittel. Es ist vornehmlich Sache der einzelnen Grundeigentümer, ihre privaten Interessen an einem möglichst hohen Pachtschilling durchzusetzen. Die Möglichkeit hiezu haben sie durch Verweigerung der Zustimmung gemäß §28 Abs2 SJG und durch zivilrechtliche Schritte gegenüber einer die erwähnten Interessen mißachtenden Jagdkommission. Die staatlichen Behörden haben bei pflichtgemäßer Ausübung des ihnen nach §28 Abs3 SJG zukommenden Aufsichtsrechtes von Amts wegen einen Beschluß der Jagdkommission auf Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens ua. dann für unwirksam zu erklären, wenn die Interessen der Grundeigentümer sachwidrig vernachlässigt wurden (vgl. zu diesen Fragen VfSlg. 6828/1972, 8205/1977, 8206/1977, 9121/1981).
c) Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles auch nicht das Bedenken, daß §28 Abs1 und 2 SJG deshalb gleichheitswidrig ist, weil diese Bestimmung nur der Mehrheit der Grundeigentümer, nicht aber auch einem einzelnen Grundeigentümer (sofern er nicht mindestens die Hälfte der Grundflächen gemäß §20 Abs1 besitzt) die Möglichkeit bietet, einen Beschluß der Jagdkommission auf Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens unwirksam zu machen. Der Gesetzgeber hat die ihm zukommende rechtspolitische Gestaltungsfreiheit nicht mißbraucht, wenn er diese Möglichkeit nur für die Mehrheit der Grundeigentümer vorsieht.
d) Die zuletzt vom Bf. vorgebrachten Bedenken haben mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nichts zu tun. Im übrigen sind sie in den vorstehenden Ausführungen bereits behandelt.
e) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften weder die vom Bf. vorgetragenen noch sonstige verfassungsrechtliche Bedenken hat.
2. a) Unter diesen Umständen käme nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9014/1981 und 9186/1981) eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur durch eine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung in Betracht.
In dieser Richtung bringt der Bf. nichts vor. Es haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte hiefür ergeben.
Der Bf. ist daher in den erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden.
b) Es haben die zuständigen Behörden eine Sachentscheidung getroffen. Der Bf. ist daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden (vgl. zB VfSlg. 8828/1980, 9105/1981).
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Jagdrecht, Kompetenz Bund - Länder Jagdwesen, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen, Kompetenz Bund - LänderEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B60.1980Dokumentnummer
JFT_10168875_80B00060_00