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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Nö. JagdG; Genehmigung der Verlängerung des mit einer Jagdgesellschaft bestehenden Jagdpachtverhältnisses; keine willkürliche Anwendung des §70; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Der Gesetzesprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der Bf. ist Eigentümer einer Liegenschaft im Genossenschaftsjagdgebiet St. Mit Bescheid vom 21. September 1977 wies die Nö. Landesregierung seine Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 2. Mai 1977 ab, mit dem die Verlängerung des mit der Jagdgesellschaft St. bestehenden Jagdpachtverhältnisses für die Jagdperiode 1978 bis 1983 genehmigt worden war.
Der Berufungsbescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher der Bf. die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Der Bf. erhebt gegen die belangte Landesregierung zunächst unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten den Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, der aber insgesamt nicht gerechtfertigt ist.
a) Nach Ansicht des Bf. war der Jagdausschuß der Jagdgenossenschaft St. anläßlich der Beschlußfassung über die Verlängerung des Jagdpachtverhältnisses am 21. März 1977 (und - wie offenbar gemeint ist - bezüglich der Antragstellung auf Genehmigung der Verpachtung) nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt; die (in der Sitzung des Jagdausschusses vom 9. März 1977 durchgeführte) Wahl des Obmanns und Obmannstellvertreters sei nicht vom Bürgermeister geleitet und nicht geheim mit Stimmzetteln durchgeführt worden. Die bel. Beh. habe diesem in der Berufung geltend gemachten Umstand keine Beachtung beigemessen, sondern lediglich darauf verwiesen, daß der Jagdausschußobmann am 9. März 1977 ordnungsgemäß gewählt worden sei.
Der Bf. bestreitet also selbst nicht, daß die hiezu berufenen Mitglieder des Jagdausschusses aus ihrer Mitte einen Obmann (sowie einen Obmannstellvertreter) gewählt haben; er behauptet lediglich die Rechtswidrigkeit dieser Wahl. Hierüber hat jedoch gemäß §24 Abs6 des vom Bf. bezogenen Gesetzes über die Wahlordnung für die Wahl des Jagdausschusses, LGBl. Nr. 275/1969 (dieses nunmehr mit der Kundmachung der Nö. Landesregierung LGBl. 6501-0 als "Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung" wiederverlautbarte Gesetz galt im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in seiner Stammfassung) ausschließlich die (nach §3 Abs4 eingerichtete) Bezirkswahlkommission aufgrund einer (Administrativ-)Beschwerde zu entscheiden, die gemäß §24 Abs8 nur von einem Mitglied des betreffenden Jagdausschusses eingebracht werden kann.
Da außerhalb des eben beschriebenen (Administrativ-)Beschwerdeverfahrens die Rechtswidrigkeit der Wahl des Obmanns (Obmannstellvertreters) eines Jagdausschusses nicht geltend gemacht werden kann, ist das in Rede stehende Beschwerdevorbringen nicht zielführend. Es kann daher auf sich beruhen, ob die vom VfGH in ständiger Rechtsprechung im Fall, daß ein antragsbedürftiger Bescheid ohne Vorliegen eines Antrages erlassen wird, angenommene Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (zB VfSlg. 7044/1973) auch dann gegeben wäre, wenn der die behördliche Entscheidung auslösende Antrag von einem (wegen eines Verstoßes gegen bestimmte Vorschriften) nicht rechtswirksam konstituierten Organ eines Rechtsträgers herrührt.
b) Eine Verletzung des erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes macht der Bf. auch deshalb geltend, weil - wie sein nicht sehr deutliches Vorbringen wohl zu verstehen ist - die belangte Landesregierung die Verlängerung des Jagdpachtverhältnisses genehmigt hat, obwohl ein zu niedriger Pachtschilling vereinbart worden sei.
Hiezu ist der Bf. jedoch auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8828/1980) hinzuweisen, nach der durch Art83 Abs2 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht gewährleistet, vielmehr die Zuständigkeit der Behörde und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine unrichtige behördliche Entscheidung allein nicht berührt wird.
2. Weiters macht der Bf. mit vier verschiedenen Vorwürfen eine Verletzung des Gleichheitsrechtes geltend, von denen zwei eine behauptete Verfassungswidrigkeit von Gesetzesbestimmungen und die beiden anderen den Bereich der Vollziehung betreffen. Entgegen seiner Meinung hat jedoch eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht stattgefunden, die gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9015/1981) nur vorliegen könnte, wenn der Bescheid auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
a) Der Bf. kritisiert die im Gesetz LGBl. Nr. 275/1969 (und zwar in dem von ihm nicht ausdrücklich angeführten §9) enthaltene Regelung über die Ausschreibung der Wahl des Jagdausschusses durch (bloßen) Anschlag der Kundmachung an der Gemeindeamtstafel; er hält es für "eine untragbare Zumutung, wenn ein auswärtiger Grundeigentümer deshalb keine Möglichkeit hat, auf die Wahl des Jagdausschusses durch seine Stimme Einfluß zu nehmen, weil er mangels gesetzlich normierter Verständigungspflicht des Bürgermeisters aufgrund seines auswärtigen Wohnsitzes nicht in der Lage ist, von der nur kundmachungspflichtigen Wahl Kenntnis zu erlangen".
Hiebei verkennt der Bf. jedoch, daß die von ihm kritisierte Regelung keine Grundlage des angefochtenen Bescheides bildet. Maßgebend ist im vorliegenden Fall die Antragstellung durch den gewählten Jagdausschuß der Jagdgenossenschaft St. an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten auf Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses; die Wahl dieses Jagdausschusses konnte jedoch gemäß §22 des Gesetzes LGBl. Nr. 275/1969 - auch von jedem wahlberechtigten Mitglied der Jagdgenossenschaft - nur mit einer fristgebundenen (Administrativ-)Beschwerde angefochten werden.
b) Nach §40 Abs2 Nö. JagdG finden die Bestimmungen des §39 Abs3 bis 6 auf die Verlängerung (des bestehenden Jagdpachtverhältnisses) sinngemäß Anwendung. Der demnach sinngemäß heranzuziehende Abs5 im §39 sieht für den Fall, daß gegen die Genehmigung einer Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens berufen wird, vor, daß derjenige, dem die Genossenschaftsjagd verpachtet wird, bis zur rechtskräftigen Außerkraftsetzung dieser Verpachtung als Pächter der Jagd gilt.
Der Bf., welcher die zuletzt angeführte Bestimmung als gleichheitswidrig bezeichnet, übersieht, daß auch sie bei der Beurteilung des bekämpften Bescheides nicht heranzuziehen ist, da sie bei Bestätigung des erstinstanzlichen, die Verpachtung genehmigenden Bescheides Rechtswirkungen nur während des bis dahin anhängigen Berufungsverfahrens entfaltet.
c) Eine willkürliche Gesetzesanwendung lastet der Bf. dem angefochtenen Bescheid deshalb an, weil ein Sachverständigengutachten über die Angemessenheit des Pachtschillings erst von der Berufungsbehörde, nicht aber schon von der Behörde erster Instanz eingeholt wurde.
Dieser Vorwurf ist jedoch nicht geeignet, einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler darzutun, weil es der Berufungsbehörde nach §66 Abs1 AVG 1950 freigestellt ist, notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens selbst vorzunehmen.
d) Der Bf. erblickt auch in der Handhabung des §40 Nö. JagdG durch die bel. Beh. eine willkürliche Gesetzesanwendung, weil nach seiner Auffassung die Genehmigung der Verlängerung eines bestehenden Jagdpachtverhältnisses sowohl "Identität der Gesellschaft" (er meint damit, daß der pachtenden Jagdgesellschaft weiterhin dieselben Mitglieder angehören müßten) als auch einen Pachtschilling in gleicher Höhe voraussetze; es könne von der Verlängerung eines bestehenden Pachtverhältnisses nicht gesprochen werden, wenn das neu eingegangene Pachtverhältnis auf "veränderten Komponenten" beruhe.
Hiezu ist festzuhalten, daß der Bf. damit nur eine Frage der richtigen Gesetzesanwendung stellt, die im hier gegebenen Zusammenhang ausschließlich vom VwGH zu beantworten wäre. Seine Fragestellung läßt einerseits außer acht, daß das Nö. JagdG eine behördliche Genehmigung der Aufnahme eines Jagdgesellschafters (die nach Genehmigung des Jagdpachtvertrages vorgenommen wird) vorsieht (§27 Abs7); andererseits läßt sie unbeachtet, daß das Gesetz offenkundig eine umfassende Prüfungspflicht der Jagdbehörde dahin festlegt, ob die Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder in dem der Jagdwirtschaft gelegen ist (§40 Abs1 erster Satz), worunter nach der Rechtsprechung des VwGH (Erk. 3. Dezember 1971 Z 1803/71) auch eine Prüfung in bezug auf die Höhe des Pachtschillings fällt.
3. Bei der aus der Sicht dieser Beschwerdesache gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die vom Bf. schließlich behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9047/1981) nur stattgefunden haben, wenn die bel. Beh. eine herangezogene Gesetzesvorschrift in denkunmöglicher Weise gehandhabt hätte.
Dies behauptet der Bf. aber der Sache nach nicht, weil sein Vorwurf bloß auf den Nachweis einer einfachgesetzlichen Rechtswidrigkeit abzielt. Er kritisiert nämlich, daß der Jagdausschuß die Verpachtung "ohne Prüfung des Jagdwertes" und "ohne Einholung von Angeboten, woraus ersichtlich wäre, welchen Wert die Jagd am freien Markt erzielen würde" beschlossen habe.
4. Das Beschwerdeverfahren erbrachte auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem anderen als den geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gegeben sei.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
III. Unter einem begehrt der Einschreiter unter Berufung auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG, "die Bestimmungen zur Wahl des Jagdausschusses des Gesetzes vom 29. Mai 1969, LGBl. Nr. 275/1969" als verfassungswidrig aufzuheben.
Dieser Antrag ist jedoch bereits deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil er kein dem §62 Abs1 VerfGG entsprechendes Begehren enthält (s. zB VfSlg. 9545/1982).
Schlagworte
Kollegialbehörde, JagdrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B459.1977Dokumentnummer
JFT_10168875_77B00459_00