TE Vfgh Erkenntnis 1983/11/25 B13/80

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Veröffentlicht am 25.11.1983
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
Wr KleingartenG §1 Abs1
Wr KleingartenG §5 Abs3
Wr Kanalräumungs- und KanalgebührenG 1978 §13 Abs2

Leitsatz

Wr. Kanalräumungs- und KanalgebührenG 1978; keine Bedenken gegen §13 Abs2 im Hinblick auf Art18 B-VG und das Gleichheitsgebot; keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Bf. ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in Wien, KG Neustift am Walde. Mit dem Hinweis, mindestens ein Drittel der von ihm verbrauchten Wassermenge entfiele auf die Bewässerung des etwa 1500 Quadratmeter großen Gartens, begehrte er im Jahre 1978 iS des §13 Abs2 des Wr. Kanalräumungs- und KanalgebührenG 1978, LGBl. Nr. 2/1978 (im folgenden kurz: KanGebG), den Abzug eines Pauschalbetrages von der Abwassergebühr.

Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission vom 7. November 1979 abgelehnt. Der Abzug eines Pauschalbetrages sei nur für Eigenheime iS des WohnbauförderungsG und für Kleingärten vorgesehen. Die Wohnnutzfläche im Hause des Bf. übersteige aber die für Eigenheime (also Klein- oder Mittelwohnungen) festgelegte Höchstgrenze von 150 Quadratmeter weit, und auch ein Kleingarten liege nicht vor, weil die Liegenschaft keine Grundfläche im Grünland-Kleingartengebiet iS des ehemaligen Kleingartenrechts (an dessen Begriffsbestimmung das KleingartenG 1978 keine wesentliche Änderung vorgenommen habe), sondern ein - teilweise - bebauter Platz (Bauklasse I, offene Bauweise) mit einem Hausgarten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz gerügt wird.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Der Bf. hält die Auslegung des Gesetzes durch die bel. Beh. für willkürlich und nur zum Schein auf das Gesetz gestützt. Seit dem KleingartenG 1978 sei als Kleingarten eine gärtnerisch genutzte, der individuellen Erholung und Gesundheit, jedoch keiner erwerbsmäßigen Nutzung dienende Grünfläche anzusehen. Die meisten solcher Grünflächen seien nunmehr diesem Gesetz unterstellt. Das außer Kraft getretene Gesetz könnte nicht mehr herangezogen werden.

Dieser Einwand tut nicht dar, daß die Entscheidung der bel. Beh. auf einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung oder auf Willkür beruht:

Der Gebührenpflicht unterliegt die Einleitung von Abwässern in einen öffentlichen Kanal (§11 KanGebG). In den öffentlichen Kanal abgegeben gilt (§12 KanGebG) die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene oder im Wasserrechtsbescheid zur Eigenwasserversorgung eingeräumte Wassermenge (Abs1 Z1 und 2), in Ermangelung von Anhaltspunkten die im Wege der Schätzung ermittelte (Abs2) oder die von Wasserzählern angezeigte Wassermenge (Abs4). Für Wassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, soweit sie 200 Quadratmeter und 10 vH der (nach §12 Abs1 Z1, Abs2 und Abs4) festgestellten Mengen übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird (§13 Abs1).

Im Anschluß an die letztgenannte Vorschrift bestimmte §13 Abs2 idF vor der Kundmachung der Nov. vom 5. März 1980, LGBl. Nr. 24/1980:

"Für Eigenheime iS des §2 Abs1 Z1 Wohnbauförderungsgesetz 1968, BGBl. Nr. 280/1967, und Kleingärten kann mit Beschluß des Gemeinderates für zur Bewässerung von Grünflächen verwendete Wassermengen ein Pauschalbetrag festgesetzt werden, um den die gemäß §12 Abs1 Z1, Abs2 und 4 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abwassergebühr vermindert wird. Der pauschale Abzug dieser Wassermengen erfolgt über Antrag für die der Antragstellung folgenden Kalenderjahre. Das Wegfallen der Voraussetzungen für den pauschalen Abzug ist dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen."

Kleingartenflächen iS des KleingartenG 1959 waren (nach dessen §2 Abs1) "im Grünland-Kleingartengebiet gelegene, der Erholung dienende, nicht zur erwerbsmäßigen Gartennutzung bestimmte Grundflächen", für die eine einschlägige Bewilligung erwirkt wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Begriff Kleingarten in §13 Abs2 KanGebG dem des KleingartenG 1959 entspricht oder ob seit Inkrafttreten des KleingartenG 1978, LGBl. Nr. 3/1979, die Begriffsbildung des neuen Gesetzes maßgebend ist, nach dessen §1 Abs1 es "ohne Belang" ist, "ob für diese Grundflächen im Flächenwidmungsplan die Widmung Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet festgesetzt ist".

Wie nämlich die bel. Beh. in der Gegenschrift zutreffend ausführt, soll die Größe eines Kleingartens auch nach dem neuen Kleingartenrecht höchstens 400 Quadratmeter betragen und kann eine Abweichung in Einzelfällen (nur) bis zu einer Höchstgrenze von 650 Quadratmeter bewilligt werden (§5 Abs3 KleingartenG 1978). Dazu kommt, daß das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als 15 vH der Fläche des Kleingartens, keinesfalls aber mehr als 35 Quadratmeter betragen darf (§8 Abs1 KleingartenG). In der Verneinung des Pauschalabzuges für die Liegenschaft des Bf. (der die Größe allein seines Gartens selbst mit 895 Quadratmeter angibt) kann also offenkundig kein der Gesetzlosigkeit gleichkommender Willkürakt liegen.

An diesem Urteil kann auch der erst nach Abschluß des verfassungsgerichtlichen Vorverfahrens eingetretene Umstand nichts ändern, daß die Nov. 1980 rückwirkend mit 1. Dezember 1978 §13 Abs2 KanGebG dahin abgeändert hat, daß neben Eigenheimen und Kleingärten auch "Kleinhäuser, Reihenhäuser und Sommerhäuser iS des §116 der BauO für Wien" für die Pauschalierung in Betracht kommen. Denn diese Änderung ist mit der offenbar für alle Objekte geltenden Einschränkung verbunden, daß die Nutzfläche der einzelnen Wohnungen den Höchstbetrag von 150 Quadratmeter nicht übersteigen darf.

Ob die Behörde das Gesetz richtig ausgelegt hat und wie sich die rückwirkende Nov. 1980 auf den Beschwerdefall etwa sonst auswirkt, ist nicht vom VfGH zu prüfen.

2. Den in Rede stehenden §13 Abs2 KanGebG hält der Bf. allerdings - falls er den von der bel. Beh. unterstellten Inhalt habe - für verfassungswidrig. Der Möglichkeit eines pauschalen Abzuges von der Abwassergebühr liege der Gedanke zugrunde, daß die zur Gartenbewässerung verwendete Wassermenge nicht in das öffentliche Kanalnetz eingeleitet werde. Dafür sei aber ein bestimmtes Ausmaß der Gartenfläche nicht wesentlich. Selbst die soziale Schutzbedürftigkeit einer bestimmten Bevölkerungsschicht sei dem Wohnbauförderungsrecht und dem Kleingartenrecht heute nicht mehr zu entnehmen. Außerdem werde der Behörde ein unbestimmtes Ermessen eingeräumt, da ihr zur Beurteilung keine objektiven Unterscheidungsmerkmale zur Verfügung stünden.

Der VfGH hat aber unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken gegen §13 Abs2 KanGebG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist nämlich nicht, den das öffentliche Kanalnetz nicht belastenden Teil der bezogenen Wassermenge aus der Bemessungsgrundlage für die Abwassergebühr auszuscheiden. Diesem Ziel dient §13 Abs1 KanGebG, den auch der Bf. für seine Liegenschaft in Anspruch nehmen kann. In Abs2 geht es vielmehr nur um die Anwendung eines die Berechnung und den Nachweis im Einzelfall erübrigenden Pauschalsatzes. Die Vorschrift betrifft also einen bestimmten Typus von Liegenschaften, bei dem erfahrungsgemäß eine gewisse - in der Größenordnung einigermaßen vergleichbare - Wassermenge in der für die Herabsetzung der Gebühr maßgeblichen Weise verwendet zu werden pflegt. Wenn der Gesetzgeber diesen Pauschalbetrag unter Anknüpfung an Vorschriften anderer Rechtsbereiche vorsieht, die ein Mindestmaß von Vergleichbarkeit zwecks Ermittlung einer Durchschnittsgröße gewährleisten, in anderen - im Ergebnis vielleicht nicht anders gelagerten Fällen - aber auf den in Abs1 vorgesehenen Weg der konkreten Berechnung verweist, liegt darin offenkundig weder eine Unsachlichkeit noch eine mangelhafte Vorausbestimmung des Verwaltungshandelns.

Da auch sonst Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angewendeten Vorschrift nicht entstanden sind, die behauptete Grundrechtsverletzung nicht vorliegt und die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, muß die Beschwerde abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 VerfGG).

Schlagworte

Kanalisation, Abgaben Kanalisation, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B13.1980

Dokumentnummer

JFT_10168875_80B00013_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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