TE Vfgh Beschluss 1983/12/1 V15/80

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Veröffentlicht am 01.12.1983
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
MOG 1967 §12
Verordnung der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 23.05.72 idF der Verordnung vom 30.06.75, mit der das Einzugsgebiet der Käserei H. Moosdorf, festgelegt wurde

Leitsatz

Art139 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 23. Mai 1972 betreffend die Regelung des Einzugs- und Versorgungsgebietes der Käserei H H in M idF der Verordnung vom 30. Juni 1975, mit der die Übernahmspflicht dieser Käserei hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt wurde; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Die Antragsteller sind Landwirte in M (OÖ).

1. a) Mit Verordnung der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 23. Mai 1972 wurde gemäß §12 Abs4 iVm. §50 des Marktordnungsgesetzes 1967 (MOG) das Einzugs- und Versorgungsgebiet der Käserei H H in M neu geregelt. Hiedurch wurde ua. auch der landwirtschaftliche Betrieb der Antragsteller dem Einzugs- und Versorgungsgebiet der Käserei H zugeordnet. Die Verordnung wurde in der Beilage 9 (zu Heft 15) der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. August 1972, Nr. 28, S 68 f., kundgemacht.

b) Mit Verordnung der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 30. Juni 1975 wurde gemäß §12 Abs2 MOG ab 1. Juli 1975 die Übernahmspflicht der Käserei H H, M, für Rohmilch hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt. Diese Verordnung wurde in der Beilage 8 (zu Heft 16) der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 21. August 1975, Nr. 33,

S 124, kundgemacht.

c) Mit Beschluß der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 12. Dezember 1979, betreffend die vorübergehende Abänderung der Einzugs- und Versorgungsgebiete der Molkereigenossenschaft "B", F bei M, und der Käserei H, M, wurde die mit den oben angeführten Verordnungen vom 23. Mai 1972 und vom 30. Juni 1975 getroffene Regelung insofern vorübergehend abgeändert, als der landwirtschaftliche Betrieb der Antragsteller aus dem Einzugs- und Versorgungsgebiet der Käserei H, M, bis 30. Juni 1980 herausgenommen und in das Einzugs- und Versorgungsgebiet der Molkereigenossenschaft "B" übertragen wurde. Dieser Beschluß wurde in der Beilage 2 (zu Heft 2) der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 21. Jänner 1980, Nr. 2,

S 3, kundgemacht.

d) Mit Beschlüssen vom 27. Juni 1980, vom 7. Juli 1981 sowie vom 29. Juni 1982 hat die Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds die Regelung jeweils bis 30. Juni 1981, 30. Juni 1982 und 30. Juni 1983 verlängert (jeweils kundgemacht in der "Österreichischen Milchwirtschaft", und zwar in Beilage 17 (zu Heft 21) vom 7. November 1980, Nr. 61, S 166, in Beilage 7 (zu Heft 8) vom 21. April 1982, Nr. 29, S 57 f., und in Beilage 15 (zu Heft 21) vom 7. November 1982, Nr. 68, S 220).

2. Die Antragsteller begehren gemäß Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung der Verordnung vom 23. Mai 1972 "idF" der Verordnung vom 30. Juni 1975, soweit die Verordnung die Beschränkung der Übernahmspflicht der Käserei H H auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes der Antragsteller enthält.

Die Antragsteller führen im wesentlichen aus, daß die von den Antragstellern gelieferte Milch deshalb als nicht hartkäsetauglich eingestuft werde, weil der Erstantragsteller gleichzeitig die Stiermast mit Silofutter betreibe. Die Übernahmspflicht der Käserei H, M, in deren Einzugsgebiet der landwirtschaftliche Betrieb der Antragsteller liege, sei jedoch mit der Verordnung vom 30. Juni 1975 auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt.

Die Antragsteller bemühten sich seit Jahren vergeblich, eine Änderung der Einzugsgebietsregelung zu erreichen; es sei ihnen jedoch lediglich vorübergehend die Genehmigung erteilt worden, an die Molkereigenossenschaft "B" zu liefern. Wenn die Sonderregelung nicht mehr verlängert werde (was den Antragstellern vom Milchwirtschaftsfonds angekündigt worden sei), wären die Antragsteller zur gänzlichen Aufgabe der Milcherzeugung gezwungen, da nach den Bestimmungen des MOG die von ihnen erzeugte Milch auch von keinem anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb übernommen werden dürfe.

Die Antragsteller seien daher durch die Regelung des Einzugs- und Versorgungsgebietes und durch die Beschränkung der Übernahmspflicht der Käserei H auf hartkäsetaugliche Milch unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen. Andererseits liege der landwirtschaftliche Betrieb der Antragsteller an der Grenze des Einzugsgebietes der Molkereigenossenschaft "B", die Ablieferung der Milch an diese wäre weder für die Antragsteller noch für die Molkereigenossenschaft "B" eine Erschwernis, die von den Antragstellern angelieferte Milchmenge falle bei keinem der beiden Verarbeitungsbetriebe ins Gewicht.

Die Antragsteller seien durch die angefochtene Verordnung in ihrer Dispositionsfreiheit aufgrund des Zwangscharakters dieser Verordnung derart beschränkt, daß bezüglich des Verkaufes der erzeugten Milch keine Wahlmöglichkeit übrigbleibe. Die grundsätzliche Abnahmegarantie erzeugter Milch für Landwirte sei für die Antragsteller nicht mehr gegeben. Die Wahlmöglichkeit bestehe nur mehr darin, entweder den Erzeugungsbetrieb tiefgreifend und mit großem finanziellen Aufwand umzustellen und finanzielle Nachteile in Kauf zu nehmen oder überhaupt auf die Lieferung von Milch zu verzichten und die zwangsläufig anfallende Milch unproduktiv zu verwenden. Damit sei aber die Rechtsstellung der Antragsteller im Bereich des Eigentumsrechtes und der freien Erwerbstätigkeit auf jeden Fall berührt und im Vergleich zu anderen Landwirten ohne sachliche Begründung eingeschränkt.

Die Verordnung verstoße sowohl gegen §12 Abs1 MOG als auch gegen Art7 B-VG und Art6 StGG.

3. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat die Zurückweisung, der Milchwirtschaftsfonds die Abweisung des Antrages begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Bei Prüfung dieser Prozeßvoraussetzungen kommt es primär darauf an, ob die bekämpfte Verordnung die Rechtssphäre der antragstellenden Partei berührt, in deren Rechtssphäre unmittelbar eingreift und diese - im Falle der Gesetzwidrigkeit - verletzt (vgl. die mit dem Beschluß VfSlg. 8058/1977 beginnende Judikatur).

a) Die bekämpfte Verordnung würde im Falle ihrer Wirksamkeit (s. aber die folgenden Ausführungen unter b) unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller in Form einer Einschränkung ihrer Vertragsfreiheit eingreifen. An der unmittelbaren Betroffenheit der Antragsteller könnte auch nichts ändern, daß die Wirkung der angefochtenen Verordnung durch (die oben unter I.1.c) angeführten Beschlüsse des Verordnungsgebers vorübergehend, aber nicht ununterbrochen, verdrängt wären.

b) Die bekämpfte Verordnung betrifft das Einzugs- und Versorgungsgebiet der Käserei H H in M. Für die ebenfalls H H gehörende - Käserei in E besteht ein - im Norden unmittelbar an das Einzugsgebiet der Käserei H in M angrenzendes - anderes, gesondert geregeltes Einzugs- und Versorgungsgebiet.

Im verfassungsgerichtlichen Verfahren wurde vorgebracht, daß die Käserei H in M seit langem nicht mehr bestehe und daß - abgesehen von den Antragstellern, für die die oben unter Punkt I.1.c genannten Beschlüsse maßgebend waren - alle zum Einzugsgebiet der Käserei H in M gehörenden Milch erzeugenden Betriebe an die Käserei H in E lieferten. Dieses Vorbringen wurde vom Vertreter des Milchwirtschaftsfonds in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH ausdrücklich bestätigt.

Das bedeutet, daß die angefochtene - die Lieferung von Milch und Erzeugnissen aus Milch ausschließlich an die Käserei H in M regelnde - Verordnung mangels Vorhandenseins einer Käserei H in M unanwendbar geworden ist und daß aufgrund dessen die Verpflichtung der Antragsteller zur Lieferung der in ihrem Betrieb erzeugten Milchprodukte an die Käserei H in M - nur diese ist Gegenstand der bekämpften Verordnung - weggefallen ist und auch nicht eintreten könnte. Wenn die bekämpfte Verordnung aber keine Verpflichtung für die Antragsteller begründen kann, dann greift sie auch nicht in deren Rechtssphäre ein, sodaß eine der Voraussetzungen für die Stellung eines Antrages nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG nicht gegeben ist.

2. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Einzugsgebiet (Milchwirtschaft), Marktordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:V15.1980

Dokumentnummer

JFT_10168799_80V00015_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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