RS Vwgh 2006/6/8 2004/01/0289

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 08.06.2006
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 1997 §11 Abs2;
AsylG 1997 §23 Abs3 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §31 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 idF 2003/I/101;
AVG §13a;
B-VG Art11 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2006/01/0353 E 22. August 2006

Rechtssatz

Die Zurückziehung des Asylantrages im Stadium der Berufung "gilt als" Zurückziehung der Berufung (§ 23 Abs. 3 letzter Satz AsylG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003). Die Partei wird behandelt, als ob sie statt des verfahrenseinleitenden Antrages die Berufung zurückgezogen hätte, und eine - selbst offenkundige - Rechtswidrigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung kann von der Berufungsbehörde nicht mehr wahrgenommen werden. Die Wirkung der Antragszurückziehung als fingierte Berufungszurückziehung kann nicht eintreten, wenn die Partei nicht nachweislich darüber belehrt wurde. Die Absicht, Parteien mit der dargestellten Rechtsfolge zu überraschen, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Er hat im Gegenteil in Bezug auf die viel weniger weitreichende Anordnung der Wirkungslosigkeit von Antragszurückziehungen während des erstinstanzlichen Verfahrens in § 31 Abs. 2 AsylG vorgesehen, solche Antragszurückziehungen seien erst "nach entsprechender Belehrung des Asylwerbers über die Rechtsfolgen" als gegenstandslos abzulegen. Für die hier in Rede stehende Umdeutung der Zurückziehung eines Asylantrages in die mit konträren Rechtsfolgen verbundene Zurückziehung einer - gar nicht notwendigerweise auf die Bekämpfung der Abweisung des zurückgezogenen Antrages beschränkten - Berufung ergibt sich daraus ein zwingender Größenschluss, der im Kontext nicht der Wirkungslosigkeit, sondern der Umdeutung der Prozesshandlung auch das Verständnis der Belehrung als Wirksamkeitsvoraussetzung erfordert (vgl. etwa § 11 Abs. 2 AsylG in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 zu den damaligen Voraussetzungen einer nicht bloß fingierten, sondern ausdrücklichen Verzichtserklärung, deren Sperrwirkung mit 30 Tagen befristet war und Rechte aus der EMRK nicht berührte). [Im Erkenntnis Ausführungen zum Zutreffen der im Schrifttum (Hinweis Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997, 3. Ergänzung, Juni 2004, Seite 304b) geäußerten Zweifel, ob die gesetzliche Umdeutung der Antragszurückziehung in eine Berufungszurückziehung "rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht und in Art. 11 Abs. 2 B-VG Deckung findet".]

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004010289.X02

Im RIS seit

25.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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