TE Vfgh Erkenntnis 1984/2/24 B255/83, B257/83

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Veröffentlicht am 24.02.1984
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Index

64 Besonderes Dienst- und Besoldungsrecht
64/03 Landeslehrer

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §8
DVG §3
LDG 1962 §21 Abs7

Leitsatz

Landeslehrer-Dienstgesetz; Begründung der Parteistellung gemäß §3 DVG iVm. §8 AVG durch Aufnahme in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag gemäß §21 Abs7; Entzug des gesetzlichen Richters durch Verneinung der Parteistellung

Spruch

Die Bescheide werden aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bf. stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land NÖ.

2. Die Bf. W W (B255/83) und A W (B257/83) haben sich um die Leiterstelle der Hauptschule Y, Bezirk Melk, beworben. Sie wurden vom Bezirksschulrat Melk und vom Landesschulrat für NÖ an dritter bzw. zweiter Stelle in den Besetzungsvorschlag aufgenommen. Mit Bescheid der Nö. Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen vom 24. August 1982, Z VIII/1-LK-12/12, wurde die schulfeste Leiterstelle an der Hauptschule Y gemäß §21 des Landeslehrer-Dienstgesetzes (LDG), BGBl. 245/1962 idF BGBl. 261/1978, an den in den Besetzungsvorschlägen an erster Stelle gereihten Bewerber verliehen. Die Bewerbungen der Bf. wurden unter Bezugnahme auf §21 LDG abgewiesen. Auch in der Begründung des Bescheides wurde nur auf die Verleihung der schulfesten Leiterstelle, nicht aber auf eine Ernennung gemäß §14 LDG Bezug genommen.

3. Die gegen diesen Bescheid von den Bf. erhobenen Berufungen wurden hinsichtlich W W mit Bescheid der Nö. Landesregierung vom 4. März 1983, Z VIII/1-L-645/5, hinsichtlich A W mit Bescheid der Nö. Landesregierung vom 25. Feber 1983, Z VII/1-L-644/4, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 iVm. §1 Dienstrechtsverfahrensgesetz (DVG), BGBl. 54/1958, als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung der Bescheide zweiter Instanz wurde - übereinstimmend - folgendes ausgeführt:

"Wie sich aus der neuesten Judikatur des VwGH (zB Erk. vom 2. Juli 1979, Z 807, 869/78-5) ergibt, stellt die Verleihung eines Leiterpostens an einen Landeslehrer die Ernennung auf einen anderen Dienstposten dar. §19 Abs1 LDG bezeichnet Leiterstellen als schulfest. Bei solchen von gesetzeswegen schulfesten Stellen erwirbt der zum Leiter ernannte Landeslehrer - anders als bei den sonstigen schulfesten Stellen nach §19 Abs3 LDG - nach der Anordnung des §21 Abs8 LDG die Schulfestigkeit uno actu mit seiner Ernennung. Ein Ernennungsvorgang gemäß §19 Abs1 LDG, Leiterstellen betreffend, ist von der Erlangung der schulfesten Stelle zwar nicht zu trennen, stellt sich aber nur als Folge der Ernennung dar. Dieser Ernennungsakt ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der in Ausübung des freien Ermessens ergeht. Ein subjektives, aus dem Dienstverhältnis erwachsendes Recht auf Ernennung zum Leiter einer der im §19 Abs1 LDG genannten Schulen wird durch das Landeslehrer-Dienstgesetz nicht eingeräumt. In einem solchen Fall sind nur die für die Ernennung maßgebenden Grundsätze anzuwenden. Zufolge anderer als für das Erk. des VwGH vom 26. Juni 1974, Z. 991/72, gegebener gesetzlicher Voraussetzungen kann daher ein Rechtsanspruch eines Bewerbers auf Verfahrens- bzw. Ermessenskontrolle nicht angenommen werden. Auch bei Vorliegen von an die Behörde gerichteten und diese verpflichtenden Normen erwächst also iZm. der Verleihung eines Dienstpostens niemandem ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse iS des §8 AVG 1950.

Es mangelt Ihnen daher im vorliegenden Fall an der Parteistellung. Nach §63 AVG 1950 kommt aber das Berufungsrecht nur denjenigen zu, die in der Angelegenheit als Parteien iS des §8 AVG 1950 anzusehen sind."

4. Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden des W W und der

A W, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG und auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG geltend gemacht und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wurde.

5. Die bel. Beh. hat Gegenschriften erstattet und die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

II. Der VfGH hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Nach §3 DVG sind im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten die Personen Parteien, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens ist.

Die bel. Beh. war übereistimmend mit der Rechtsprechung des VwGH (s. VwSlg. 9899 A/1979) der Ansicht, daß die Dienstrechtsverfahren, auf die sich die Anträge bezogen, nicht das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Bf. zum Gegenstand hatten. Nach ihrer Meinung ergibt sich aus §8 AVG 1950 (iVm §3 DVG) die mangelnde Parteistellung der Bf.

Der VfGH vermag sich dieser Auffassung aus den Gründen, die er schon in VfSlg. 6151/1970 und 7094/1973 angeführt hat, nicht anzuschließen und sieht sich nicht veranlaßt, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

In den Beschwerdefällen handelt es sich ausschließlich um die Verleihung einer schulfesten Stelle iS des LDG. Nach dessen §21 Abs5 sind für jede einzelne ausgeschriebene Stelle von den landesgesetzlich hiezu berufenen Organen aus den Bewerbungsgesuchen Besetzungsvorschläge zu erstatten. §21 Abs7 LDG ordnet an, daß von der zur Verleihung zuständigen Behörde nur einem in den Besetzungsvorschlag des Bezirksschulrates aufgenommenen Bewerber, der die im Abs1 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, die Stelle verliehen werden kann.

Die in einen iS des §21 Abs7 LDG verbindlichen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Personen bilden eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft. Sie haben ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag (Besetzungsvorschläge) konkretisierten Verleihungsverfahren. Die Verleihungsbehörde kann nicht als berechtigt angesehen werden, durch einen der Rechtskontrolle nicht unterworfenen Verleihungsakt unter den Bewerbern eine Auswahl zu treffen. Die Aufnahme in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag ist eine Angelegenheit, die das Dienstverhältnis des Beamten berührt und die ihn damit zur Partei iS des §3 DVG iVm. §8 AVG 1950 macht.

Die bel. Beh. hat somit rechtswidrig die Parteistellung der Bf. in dem Verfahren zur Verleihung einer schulfesten Stelle verneint und deswegen die Berufung der Bf. im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen. Damit hat sie die Bf. in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Die angefochtenen Bescheide waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Schlagworte

Dienstrecht, Parteistellung Dienstrecht, Lehrer, Dienstrechtsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B255.1983

Dokumentnummer

JFT_10159776_83B00255_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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