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40 VerwaltungsverfahrenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
AVG §69 Abs1 litb; kein Entzug des gesetzlichen Richters und kein Eigentumseingriff durch den verfahrensrechtlichen Bescheid der Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Zusammenlegungsverfahrens; keine WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die drei Bf. hatten gegen den am 14. Jänner 1974 von der nö. Agrarbezirksbehörde erlassenen Zusammenlegungsplan für das Zusammenlegungsgebiet K Berufung erhoben, welche mit dem an die Bf. am 2. Juli 1975 zugestellten Bescheid des Landesagrarsenates vom 6. Juni 1975 abgewiesen worden war.
Am 29. Juni 1978 stellten die drei Bf. beim Landesagrarsenat einen Antrag auf Wiederaufnahme des Zusammenlegungsverfahrens, welchen der Landesagrarsenat mit Bescheid vom 22. Feber 1979 abwies.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Oberste Agrarsenat mit Erk. vom 3. Oktober 1979 gemäß §1 AgrVG 1950, §66 Abs4 AVG 1950 iZm. mit §69 Abs1 litb und §70 Abs3 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid des Obersten Agrarsenates richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Bf. in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt erachten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980), etwa, indem sie zu Unrecht ihre Sachentscheidung verweigert (vgl. zB VfSlg. 9105/1981).
Die Bf. behaupten nicht, daß die im Wiederaufnahmsverfahren entscheidenden Behörden nicht zuständig gewesen wären. Es wurde den Bf. gegenüber auch keine Sachentscheidung verweigert; die Behörde ist vielmehr zur Schlußfolgerung gelangt, daß die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Zusammenlegungsverfahrens nicht gegeben sind.
Die Bf. sind daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 7639/1975, 7865/1976 und 9069/1981).
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird durch einen Bescheid über einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens in das Eigentum nicht eingegriffen (vgl. VfSlg. 9069/1981 und die dort angeführte Vorjudikatur).
3. Im Gleichheitsrecht könnten die Bf. bei der verfassungsrechtilichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (vgl. zu §69 Abs1 litb AVG 1950 auch VfSlg. 7865/1976) nur dann verletzt worden sein, wenn die bel. Beh. ihnen gegenüber Willkür geübt hätte; als Indiz dafür käme allenfalls eine denkunmögliche Gesetzesanwendung in Betracht.
Der Wiederaufnahmsantrag ist im wesentlichen darauf gestützt worden, daß die Bf nach Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes erkannt hätten, daß sie nicht gesetzmäßig abgefunden worden seien; die Ernteerträge seien nämlich im Vergleich zu ihren früheren Grundflächen erheblich geringer gewesen. Ein daraufhin von den Bf. eingeholtes Sachverständigengutachten habe einen "Gewinnentgang" von 1 ha berechnet; dies sei bei einer Betriebsgröße von zirka 8,5 ha unzumutbar. Die Bf. seien früher nicht in der Lage gewesen, den Sachverständigen der Agrarbehörden bei Berechnung der Vergleichswerte Fehler nachzuweisen. Erst aufgrund der mangelnden Ernteerträgnisse seien sie veranlaßt worden, ein Privatgutachten einzuholen.
Die bel. Beh. hat ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, die Bf. hätten ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, ihre bereits im Zuge der Berufung gegen den Zusammenlegungsplan vom 14. Jänner 1974 vorgebrachten Einwendungen durch das Gutachten eines Privatsachverständigen zu untermauern. Dem Landesagrarsenat sei zuzustimmen, daß die Erfahrungsfrist hinsichtlich der Bewirtschaftung der Abfindungsgrundstücke vor Erlassung des Zusammenlegungsplanes bereits vier Bewirtschaftungsperioden umfaßt habe (die Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindung sei im Dezember 1969 und die Erlassung des Zusammenlegungsplanes im Feber 1974 erfolgt). Die Parteien hätten daher ohne weiteres schon in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Zusammenlegungsplan die ihnen geeignet erscheinenden Schritte zur Verteidigungn ihrer Argumente unternehmen können. Auch der Umstand, daß in der Zwischenzeit ein Teil des Altbesitzes der Bf. rechtskräftig als Bauland gewidmet wurde, bilde keinen Wiederaufnahmsgrund, weil diese Widmung erst nach Erlassung des Bescheides des Landesagrarsenates vom 6. Juni 1975 erfolgt sei.
Auch die Bf. behaupten nicht, daß diese Begründung in denkunmöglicher Auslegung des §69 Abs1 litb AVG 1950 erfolgt sei. Die vorliegende Beschwerde an den VfGH in welcher im wesentlichen das Vorbringen im Wiederaufnahmsantrag wiederholt wird, richtet sich ihrem Inhalt nach vielmehr gegen eine unrichtige Anwendung der Bestimmungen über die Wiederaufnahme durch die bel. Beh. Damit wird aber nicht dargetan, daß die Behörde das Gesetz in einer Willkür indizierenden Weise denkunmöglich angewendet hätte. Auch im Verfahren vor dem VfGH ist derartiges nich hervorgekommen.
4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Bf, in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, Wiederaufnahme, Bescheid verfahrensrechtlicherEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B45.1980Dokumentnummer
JFT_10159699_80B00045_00