RS Vwgh 2006/6/30 2001/17/0168

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.06.2006
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Index

25/01 Strafprozess
27/04 Sonstige Rechtspflege
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GebAG 1975 §21 Abs2;
GebAG 1975 §22 Abs1;
StPO 1975 §381 Abs1 Z4;
StPO 1975 §389;
StPO 1975 §390 Abs1;
StPO 1975 §390a;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs3 idF 2004/I/010;

Rechtssatz

Die Behörde hat den Verweis in § 22 Abs. 1 GebAG 1975 auf die in § 21 genannten Personen (denen das Beschwerderecht zukommen soll) dahin gehend verstanden, dass im Falle der Vertretung des Beschuldigten das Beschwerderecht (nur) dem Vertreter (Verteidiger) zukomme. Ein solcher Inhalt kann § 22 GebAG 1975 nicht unterstellt werden. Der normative Gehalt der Anordnung des § 21 Abs. 2 Z 2 lit. b GebAG 1975, dass im Vertretungsfall die Entscheidung dem Vertreter zuzustellen sei, liegt darin, den Empfänger für die zuzustellende Ausfertigung festzulegen. Dabei trifft der letzte Halbsatz des Abs. 2 des § 21 GebAG 1975 lediglich eine dem § 9 Abs. 3 Zustellgesetz in der Fassung des E-Government-Gesetzes, BGBl. I Nr. 10/2004, (früher: § 9 Abs. 1 Zustellgesetz in der Fassung vor dem E-Government-Gesetz) entsprechende Regelung. Partei eines Verfahrens, in dem ein Beschuldigter durch einen Verteidiger vertreten ist, bleibt der Beschuldigte. Die Anordnung, dass im Fall der Vertretung dem Vertreter zuzustellen sei, bedeutet für sich noch nicht, dass die Wirkung der Entscheidung nicht für den Vertretenen, sondern für den Vertreter eintrete. Daraus folgt zunächst, dass ungeachtet der Notwendigkeit zur Zustellung der Entscheidung an den Verteidiger, die Rechtswirkungen der Entscheidung für den Beschuldigten als materiellen Adressaten eintreten. Wollte der Gesetzgeber über die bloße Festlegung des Empfängers der Ausfertigung hinaus einen Wechsel in der Parteistellung für den Zweck des Gebührenfestsetzungsverfahrens anordnen, hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Die Bezugnahme auf die in § 21 GebAG 1975 genannten Personen bei der Regelung der Rechtsmittellegitimation bietet für sich allein noch keinen Grund zur Annahme, dass im Vertretungsfall ein derartiger Parteiwechsel eintrete. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber über die bloße Anordnung der Zustellung der für den Beschuldigten wirkenden Entscheidung hinaus eine Rechtswirkung (lediglich) für den Verteidiger anordnen hätte wollen. Der Beschuldigte kann gemäß § 381 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit § 389 StPO zur Tragung der Kosten aus dem Ausland geladener Zeugen verpflichtet sein. Wollte man die Anordnungen des GebAG 1975 dahin gehend verstehen, dass der Beschuldigte nicht Partei des Verfahrens über die Festsetzung dieser Kosten sei, wäre davon auszugehen, dass infolge der subjektiven Grenzen der Rechtskraft keine Bindung des Beschuldigten an die Entscheidung über die Höhe der Gebühr im Verfahren über den Kostenersatz gegeben ist (die Annahme einer Bindung ohne Beiziehung zum Verfahren würde sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen verbieten, da die Verneinung der Rechtsmittelbefugnis des Beschuldigten bei gleichzeitiger Annahme einer Bindungswirkung der Entscheidung für ihn dazu führen würde, dass er an der Wahrnehmung seiner subjektiven Rechte - insbesondere dem Recht darauf, nicht zur Zahlung einer nicht rechtmäßig bestimmten Zeugengebühr herangezogen zu werden, §§ 381 Abs. 1 Z 4 und 389 Abs. 1 StPO - gehindert wäre). Demgegenüber kann jedoch § 22 GebAG 1975 vielmehr dahin gehend verstanden werden, dass sowohl der Privatankläger oder Privatbeteiligte als auch der Beschuldigte Beschwerde erheben können, weil die Wirkungen der Entscheidung für sie eintreten sollen (vgl. für den Privatankläger und Privatbeteiligten § 390 Abs. 1 und § 390a StPO).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2001170168.X01

Im RIS seit

10.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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