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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art139 Abs1 / GegenstandslosigkeitLeitsatz
B-VG Art139; Geschäftsordnung für den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld.; mangelnde Präjudizialität der die Zusammensetzung des Disziplinarrates betreffenden Bestimmungen bei Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen Beschluß des Disziplinarrates als verspätet durch die Oberste Berufungs- und DisziplinarkommissionSpruch
Das Verordnungsprüfungsverfahren wird eingestellt.
Begründung
Begründung:
I. 1. Beim VfGH ist zu Z B242/80 eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK - §55a des Gesetzes vom 1. April 1872, RGBl. 40, betreffend die Handhabung der Disziplinargewalt über Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, zuletzt geändert durch das BG BGBl. 140/1980, im folgenden DSt) anhängig, mit dem die Beschwerde (§§46, 53 DSt) gegen den Beschluß des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. (im folgenden Disziplinarrat) vom 8. August 1979 als verspätet zurückgewiesen wurde. Mit diesem Beschluß hatte der Disziplinarrat über die Bf. die einstweilige Maßnahme (§17 DSt) der vorläufigen Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft verhängt.
Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der VfGH beschlossen, von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §6 Abs1 der Geschäftsordnung für den Disziplinarrat, beschlossen von der Vollversammlung der Rechtsanwaltskammer am 21. Mai 1957, genehmigt mit Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 2. Oktober 1957, Z 12.665-2/57, kundgemacht im Nachrichtenblatt der österreichischen Rechtsanwaltschaft, 19. Jahrgang, Heft 5, 1957, S 55 ff. (im folgenden: GO-DR 1957), einzuleiten (Beschluß B242/80-17 vom 1. Juli 1983).
2. Der durch die Geschäftsordnung für den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. vom 14. Dezember 1982 (genehmigt mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. März 1983, kundgemacht im Österreichischen Anwaltsblatt, 45. Jahrgang, Heft 5, 1983, S 244 ff.) aufgehobene §6 Abs1 GO-DR 1957 hat gelautet:
"(1) Bei beratenden Sitzungen hat der Disziplinarrat mit Einschluß des Vorsitzenden (§4) aus mindestens 5 Mitgliedern (Ersatzmännern) zu bestehen, es sei denn, daß vom Vorsitzenden verfügt wird, daß die Beschlußfassung über einen Gegenstand in einem mit Einschluß des Vorsitzenden aus mindestens 7 Mitgliedern (Ersatzmännern) bestehenden Senate erfolge. Es können mehrere Beratungssenate gebildet werden, welche je unter einem Vorsitzenden (§4) fungieren. Die Zusammensetzung der aus 5 bzw. 7 Mitgliedern (Ersatzmännern) bestehenden Senate erfolgt durch den Präsidenten oder dessen Stellvertreter. Den beratenden Sitzungen können auch die in der betreffenden Sitzung nicht stimmberechtigten Mitglieder (Ersatzmänner) des Disziplinarrates beiwohnen".
3. Der Bundesminister für Justiz hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.
Der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. hat eine Äußerung erstattet, in der einerseits die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung bezweifelt und andererseits ausgeführt wird, daß die im Einleitungsbeschluß gegen diese Bestimmung geltend gemachten Bedenken nicht zutreffen.
II. Der VfGH hat erwogen:
Der Inhalt des angefochtenen Bescheides beschränkt sich auf die Aussage, daß die gegen den Beschluß des Disziplinarrates vom 8. August 1979 erhobene Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war, sodaß die Frage der Zusammensetzung des Disziplinarrates von der OBDK nicht einmal am Rande zu prüfen war. Somit sind die Bestimmungen der GO-DR 1957 über die Zusammensetzung des Disziplinarrates von der OBDK bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides weder angewendet worden, noch waren sie anzuwenden.
Diese Bestimmungen sind daher auch vom VfGH bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid nicht anzuwenden.
Mangels Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung des §6 Abs1 GO-DR 1957 ist das Verordnungsprüfungsverfahren einzustellen.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Rechtsanwälte, Disziplinarrecht RechtsanwälteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V45.1983Dokumentnummer
JFT_10159698_83V00045_00