TE Vfgh Erkenntnis 1984/3/5 B61/80

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Veröffentlicht am 05.03.1984
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Index

32 Steuerrecht
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EStG §6 Z9
UStG 1972 §27 Abs12 Satz1

Leitsatz

UStG; keine gleichheitswidrige Auslegung von §27 Abs12 Satz 1 EStG; keine Bedenken gegen die unterschiedliche Regelung der Zuführung eigener Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen und des Erwerbes aus dem Vermögen eines Dritten iS des §6 Z9

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Dezember 1979 wurde die Berufung des Bf. gegen den Umsatzsteuerbescheid 1976 abgewiesen und der Berufung gegen den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid 1976 teilweise Folge gegeben. Strittig waren die Folgen einer Korrektur des Vorsteuerabzuges, eine Vorratsentlastung für halbfertige Bauten und die Bewertung eines im Erbweg erworbenen und aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen überführten Grundstücks. Dem Berufungsbegehren wurde aber nur insoweit stattgegeben, als der Betrag, um den der Vorsteuerabzug gekürzt wurde, nicht auch dem Gewinn hinzugerechnet wurde.

Die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind in der Beschwerde nicht vorgebracht (oder nicht ausgeführt) und beim VfGH nicht entstanden. Die gerügte Rechtsverletzung könnte daher nur vorliegen, wenn die Auffassung der Behörde denkunmöglich oder willkürlich wäre oder die Behörde dem Gesetz fälschlich einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hätte. Für einen solchen Fehler findet sich jedoch kein Anhaltspunkt:

1. Zunächst wiederholt der Bf. die Berufungsbehauptung, die Kürzung des Vorsteuerbetrages müsse sich auf den Erfolg gewinn mindernd auswirken; was - unbestrittenermaßen - zu Unrecht als Vorsteuer geltend gemacht worden sei, müsse richtigerweise Aufwand gewesen sein.

Die Behörde ist jedoch unter Hinweis auf die Berufungsvorentscheidung davon ausgegangen, daß die unberechtigten Vorsteuerabzüge "reine Abfuhrdifferenzen" seien, die sich aus einem Vergleich der Umsatzsteuererklärung mit den Vorsteuerkonten in der Buchhaltung ergäben. Ob diese Prämisse ihrer Vorgangsweise richtig ist, hat nicht der VfGH zu beurteilen; daß eine allfällige Fehleinschätzung der Behörde in die Verfassungssphäre reichen würde, tut die Beschwerde nicht dar.

2. Für ganz unzutreffend hält die Beschwerde die Auffassung der Behörde, die Vorratsentlastung für halbfertige Bauten sei spätestens im letzten Voranmeldungszeitraum des Jahres 1973 möglich gewesen. Die Frist des §27 Abs12 UStG (Satz 1: "Der abziehbare Vorsteuerbetrag ist spätestens von der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Kalenderjahres 1973 abzusetzen") sei nicht dem materiellen Recht zuzuordnen, die Vorsteuer müsse vielmehr bis zum Ablauf der Verjährungsfrist berücksichtigt werden können. Die Behörde dürfe nicht ohne Prüfung der Richtigkeit davon ausgehen, was der Unternehmer geltend gemacht habe, sondern müsse auch Umstände zugunsten des Abgabepflichtigen berücksichtigen.

In der Tat mag es denkbar sein, §27 Abs12 Satz 1 UStG so zu verstehen, daß die Vorratsentlastung von Amts wegen - und zwar bei der Veranlagung 1973 - zu geschehen hat (Doralt, Die nachträgliche Geltendmachung der Vorratsentlastung nach §27 UStG, ÖStZ 1976, 66 ff., und derselbe, Der VwGH zur nachträglichen Geltendmachung der Vorratsentlastung, ÖStZ 1977, 85 ff.). Daß die gegenteilige Auffassung der Behörde schlechterdings unvertretbar und eine willkürliche Annahme wäre, läßt sich aber nicht sagen. Die Beschwerde zeigt keinen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt auf, der diese - auch der Rechtsprechung des VwGH (VwGH 24. 9. 1981 Z 15/0303/80) zugrunde liegende - Auslegung verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen ließe (vgl. auch Waba, Anmerkungen zu den Ausführungen von Dr. Werner Doralt, ÖStZ 1977, 87 ff.).

3. Für verfassungswidrig hält die Beschwerde auch die Bewertung des Grundstücks nach dem Zeitpunkt seines unentgeltlichen Erwerbes im Erbweg. Wortlaut und systematische Stellung der von der Behörde herangezogenen Z9 des §6 EStG zeigten, daß es dabei um die Bewertung von Übertragungen aus der Unternehmersphäre des Geschenkgebers in die Unternehmersphäre des Geschenknehmers ohne Zwischenstation im Privatvermögen des Geschenknehmers gehe. Die Überführung von Wirtschaftsgütern aus der Privatsphäre in die Unternehmersphäre werde zu Unrecht verschieden behandelt je nachdem, ob sie aus dem Privatvermögen des Unternehmers oder dem Vermögen eines Dritten erfolge. Wertsteigerungen im privaten Bereich dürften auch bei Einbringung geschenkter Gegenstände nicht besteuert werden. Bei rasch eintretender Wertsteigerung könne das zu ungerechten Ergebnissen führen. Nur der Verkehrswert (im Zeitpunkt der Einbringung) dürfe maßgeblich sein.

Die bel. Beh. hält dem entgegen, daß Einlagen mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung, höchstens jedoch mit den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind (§6 Z5 EStG) und bei unentgeltlicher Übertragung als Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Empfänger gemäß §6 Z9 Satz 3 EStG der Betrag gilt, den er für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Empfanges hätte aufwenden müssen. Ihrer Meinung nach wäre es gleichheitswidrig, die Zuführung unentgeltlich erworbener Wirtschaftsgüter schlechthin mit dem Betrag anzusetzen, der im Zeitpunkt der Zuführung hätte aufgewendet werden müssen.

Ob das Vorgehen der Behörde richtig ist, muß hier dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, daß das Gesetz die Bewertung von Einlagen schlechthin mit den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (im Zeitpunkt des Erwerbs) begrenzt und daher Wertsteigerungen in der Zeit zwischen Erwerb und Einbringung grundsätzlich unberücksichtigt läßt. Der daraus auch in der Rechtsprechung des VwGH (VwGH 23. 2. 62 Z 371/1960) gezogene Schluß, daß bei unentgeltlichem Erwerb die Obergrenze nicht Null, sondern jener Betrag ist, der für die Anschaffung oder Herstellung (im Zeitpunkt des Erwerbes) aufzuwenden gewesen wäre, begegnet unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes keinen Bedenken. Die gerügte Durchbrechung des Grundsatzes, Wertsteigerungen im privaten Bereich nicht zu besteuern, ist nicht auf geschenkte Gegenstände beschränkt, sondern trifft alle Einlagen aus dem Privatvermögen. Der Gesetzgeber ist aber nicht verhalten, die Zuführung eigener Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen ebenso zu behandeln wie den Erwerb aus dem Vermögen eines Dritten. Vielmehr kann er Vorkehrungen treffen, die verhindern, daß ein dem Betrieb dienendes Wirtschaftsgut zunächst privat angeschafft wird, um (steuersparend) erst später in das Betriebsvermögen eingelegt zu werden. Daß das Gesetz mit dem von der Behörde unterstellten Inhalt zu Härten führen kann und eine zweckmäßigere Gestaltung denkbar und vielleicht gleichfalls mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar wäre (vgl. Schimpf, Die Bewertung von Einlagen, ÖStZ 1976, 174 ff., und Doralt - Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I 94), ändert an dieser Beurteilung nichts. Auch in diesem Punkt bestehen also keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Da die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte offenkundig nicht vorliegt, verfassungswidrige generelle Normen nicht angewendet wurden und auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, kann die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 VerfGG).

Schlagworte

Umsatzsteuer, Vorratsentlastung, Einkommensteuer, Gewinnermittlung (Einkommensteuer)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B61.1980

Dokumentnummer

JFT_10159695_80B00061_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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