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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Einkommensteuergesetz 1972; gewinnerhöhende Auflösung von Investitionsfreibeträgen nach Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einer Kommanditgesellschaft gemäß §10 Abs3; keine Verletzung des EigentumsrechtesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die bf. KG, die ihren Gewinn nach §5 EStG ermittelte, machte für die Jahre 1972 bis 1975 neben der Absetzung für Abnutzung auch Investitionsfreibeträge nach §10 Abs1 EStG 1972 (vorher §6 f. Abs1 EStG 1967) gewinnmindernd geltend. In dieser Zeit veräußerten mehrere Kommanditisten ihre Gesellschaftsanteile teilweise oder zur Gänze an andere, auch neu eintretende Gesellschafter. Diese Vorgänge nahm das Finanzamt zum Anlaß, bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften für die Jahre 1972 bis 1975 die Investitionsfreibeträge unter Berufung auf §10 Abs3 EStG 1972 (§6 f. Abs3 EStG 1967) im Verhältnis der veräußerten Gesellschaftsanteile zu den verbliebenen Anteilen gewinnerhöhend aufzulösen. Bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen seien jene Wirtschaftsgüter, für die ein Investitionsfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht worden war, mit diesem Anteil aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Die Berufung gegen die Feststellungsbescheide blieb erfolglos.
Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gerügt wird.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides trägt die Beschwerde keine Bedenken vor. Auch beim VfGH sind aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles Bedenken nicht entstanden. Die bf. Gesellschaft könnte durch den angefochtenen Bescheid daher im geltend gemachten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte.
Das kann der VfGH nicht finden:
Wird der Gewinn gemäß §5 EStG ermittelt, kann nach §10 Abs1 EStG 1972 (vorher §6 f. Abs1 EStG 1967) in der Höhe von 20 vH der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr für eine im Inland gelegene Betriebsstätte angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unter gewissen Voraussetzungen neben der nach §7 zulässigen AfA ein Investitionsfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht werden. §10 Abs3 EStG 1972 (dem vorher im wesentlichen §6 f. Abs3 EStG 1967 entsprach) bestimmt jedoch:
"Scheiden Wirtschaftsgüter, für die ein Investitionsfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht wurde, vor Ablauf des fünften auf das Jahr ihrer Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie in dieser Zeit in eine im Ausland gelegene Betriebsstätte verbracht, so ist der Gewinn im Jahre des Ausscheidens um den Freibetrag zu erhöhen."
Die bel. Beh. hat ihre Auffassung, daß die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen zu einer anteilsmäßigen Auflösung beanspruchter Investitionsfreibeträge führt, wie folgt begründet:
"Da der Investitionsfreibetrag seiner Funktion nach die Abschreibung von Wiederbeschaffungskosten ermöglichen soll, ist im vorliegenden Falle der Nachversteuerung eines Investitionsfreibetrages infolge der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles der Auflösungsbetrag als Teil des Veräußerungsgewinnes zu behandeln. Dadurch wird dasselbe Ergebnis erreicht wie bei einem Steuerpflichtigen, der ein Wirtschaftsgut vorzeitig abgeschrieben hat und bei dem die sich dadurch ergebenden stillen Reserven im Zuge der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles als Teil des Veräußerungsgewinnes erfaßt werden.
Zu demselben Ergebnis führt noch folgende Überlegung:
Derjenige Gesellschafter, der einen Teil der ihm gehörigen Beteiligung an der Gesellschaft veräußert, ist dadurch Gesellschafter mit verminderten Gesellschaftsrechten geworden, oder anders gesagt, er hat, wenn man an der Bilanzbündeltheorie festhält (vgl. Erk. des VwGH vom 8. November 1977, Z 1973, 1974 und 1975/75, sowie vom 15. Oktober 1977, Z 565/78, 2673, 2674/79), einen Teil seines 'Betriebes' und somit auch 'betriebszugehörige' Wirtschaftsgüter veräußert, für die ein Investitionsfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht worden ist. Ist dies aber der Fall, kann der nunmehrige nach Veräußerung der Mitunternehmeranteile 'verbleibende' Gesellschafter den ursprünglich gebildeten Investitionsfreibetrag nur mehr in jenem Umfange fortführen, als er den 'Betrieb' in Form seines (verminderten) Anteils am Betrieb der Personengesellschaft besitzt. Somit läßt sich die Möglichkeit der steuerpflichtigen Auflösung des strittigen Investitionsfreibetrages entgegen der Auffassung des Bw. aus dem Gesetz (Abs3 leg. cit.) ableiten, wobei der Grund, aus dem ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, für die Frage der Nachversteuerung des Investitionsfreibetrages unmaßgeblich ist.
Die hier anzuwendende Gesetzesstelle nicht nur wörtlich, sondern dem Sinn und Zwecke nach mit anderen gleichlautenden Investitionsbegünstigungsvorschriften, also systematisch, ausgelegt, ührt nach dem Ausgeführten zur Abweisung."
Die Behörde geht also davon aus, daß die Veräußerung des Betriebes das Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des begünstigten Unternehmers bedeutet, und sieht in der Übertragung des Anteils eines Kommanditisten eine teilweise Veräußerung des Wirtschaftsgutes.
Diese Auffassung ist im Hinblick auf die mit der Gewährung des Freibetrages möglicherweise verfolgten Zwecke nicht schlechthin unvertretbar. Der VfGH kann auch nicht finden, daß eine Bestimmung dieses Inhaltes an eine verfassungsrechtliche Schranke stoßen würde. Ob dem Gesetz dieser Inhalt tatsächlich zukommt, hat er nicht zu prüfen.
Die gerügte Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes liegt somit offenkundig nicht vor. Da auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, kann die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z2 VerfGG).
Schlagworte
Einkommensteuer, InvestitionsfreibetragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B90.1981Dokumentnummer
JFT_10159693_81B00090_00