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44 ZivildienstNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Zivildienstgesetz; keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung - keine Glaubhaftmachung schwerer GewissensnotSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Bescheid der Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDK) vom 13. Oktober 1981 wurde der vom Bf. unter Bezugnahme auf §2 Abs1 des Zivildienstgesetzes, BGBl. 187/1974 idF BGBl. 496/1980, (ZDG) gestellte Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht gemäß §2 Abs1 iVm. §6 Abs1 ZDG abgewiesen.
Der Bescheid ist wie folgt begründet:
"Sie brachten am 23. 7. 1981 beim Militärkommando Stmk. einen Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht ein. Als Begründung Ihres Antrages führten Sie an, daß das 5. Gebot des Dekaloges für Sie eine Grundvoraussetzung für das menschliche Leben überhaupt darstelle. Sie hätten aufgrund Ihrer gewaltlosen Erziehung niemals das Bedürfnis gehabt, Probleme mit Gewalt zu lösen. Ihre persönliche Abneigung gegen Gewalt sei durch Erzählungen Ihres Vaters aus dem Krieg, durch Dokumentarfilme über kriegerische Auseinandersetzungen udgl. gefestigt worden und habe letzten Endes auch in der Wahl Ihres Berufes ihren Ausdruck gefunden.
Es sei für Sie daher unvorstellbar, Menschen zu töten. Sie seien daher überzeugt, dem Staat und Ihren Mitmenschen mehr Hilfe geben zu können, indem Sie Zivildienst leisten.
In der mündlichen Verhandlung vor der ZDK am 13. Oktober 1981 wiederholten Sie zunächst Ihr im obangeführten Antrag enthaltenes Vorbringen und führten ergänzend an, Sie seien aufgrund Ihrer Lebensauffassung auch ein Gegner der Abtreibung und der Euthanasie. Sie hätten den Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht deshalb nicht schon früher gestellt, weil Berufsausbildung und Engagement im Beruf Sie voll ausgelastet hätten und jedenfalls vorrangig gewesen seien.
Die ZDK beim Bundesministerium für Inneres ist nach sorgfältiger Prüfung Ihres Vorbringens zur Ansicht gelangt, daß darin kein Hinweis zu erkennen sei, daß Sie es aus schwerwiegenden Gewissensgründen - die nicht nur behauptet werden dürfen, sondern auch glaubhaft gemacht werden müssen - ablehnen, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden. Ihr Vorbringen enthält wohl allgemein gültige Argumente gegen die Anwendung von Gewalt schlechthin, doch ist bei aller Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringes allein damit den gesetzlichen Erfordernissen zur Stattgebung Ihres Antrages auf Befreiung von der Wehrpflicht noch nicht Genüge getan. Es kann nämlich aus allgemeiner Erfahrung festgestellt werden, daß der weitaus überwiegende Teil der Menschen zwar Gewalt schlechthin und die Anwendung von Waffengewalt insbesondere ablehnen, trotzdem aber durchaus bereit sind, Wehrdienst zu leisten, ohne deshalb in schwere Gewissensnot zu geraten. Ihre Ausführungen lassen aber jeglichen Hinweis auf eine persönliche seelische Zwangssituation, in welcher Sie sich im Falle des Gezwungenseins zur Anwendung von Waffengewalt gegen andere Menschen befänden, vermissen. Es war daher für die ZDK nicht erkennbar, daß Sie bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden."
2. Gegen diesen Bescheid der ZDK richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH; der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in dem durch §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht und im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt; sie hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Eine Verletzung des im §2 Abs1 ZDG gewährleisteten Grundrechtes liegt dann vor, wenn die Behörde die im §2 Abs1 ZDG umschriebenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Wehrpflichtbefreiung unrichtig beurteilt hat, und weiters - da die für den Nachweis der Voraussetzung maßgebliche Vorgangsweise der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) in den Schutzumfang des Grundrechtes einbezogen ist - dann, wenn der Behörde wesentliche Verstöße in diesem verfahrensrechtlichen Bereich unterlaufen sind oder wenn sie dem Antragsteller überhaupt die Möglichkeit genommen hat, das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen glaubhaft zu machen (vgl. zB VfSlg. 9661/1983).
2. Das Vorbringen des Bf. in seinem Antrag bezog sich auf die Darlegung von Gründen, die für die Ablehnung jeglicher Art von Gewalt maßgeblich sind. Dieser Darlegung kann nicht entnommen werden, weshalb der Bf. im Falle der Anwendung von Waffengewalt gegen andere Menschen und daher bei Leistung des Wehrdienstes tatsächlich in eine schwere Gewissensnot geraten würde.
Insbesondere kann durch den Hinweis des Bf. darauf, daß er Gegner der Abtreibung und der Euthanasie sei, das Vorliegen von schwerer Gewissensnot im Falle der Anwendung von Gewalt nicht glaubhaft gemacht werden. Bei einer solchen Sachlage ist die ZDK gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. das zitierte Erk. VfSlg. 9661/1983) schon auf dem Boden der Behauptungen des Antragstellers gehalten, die von ihm begehrte Befreiung von der Wehrpflicht mangels Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des §2 Abs1 ZDG zu verweigern.
Nach dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten Ablauf ist kein Anhaltspunkt dafür zu finden, daß eine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens gegeben wäre, die zu einer Verletzung des im §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht geführt hätte.
Die behauptete Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes liegt nicht vor.
3. Eine Begründung für die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann der Beschwerde nicht entnommen werden.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die belangte ZDK bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte (vgl. VfSlg. 9339/1982). Im Verfahren vor dem VfGH ist kein Umstand hervorgekommen, aus dem auf ein eine Gleichheitsverletzung bewirkendes Verhalten der bel. Beh. bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides geschlossen werden könnte.
4. Im Beschwerdeverfahren ist schließlich auch keine Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
ZivildienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B675.1981Dokumentnummer
JFT_10159688_81B00675_00