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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Vbg. Baugesetz; Versagung einer Baubewilligung wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan ohne mündliche Verhandlung gemäß §31 Abs2; Beurteilung des Verwendungszweckes eines Gebäudes nicht nur aufgrund der von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen, sondern auch aus der Verwertung sonstiger Wissensquellen; keine Denkunmöglichkeit, keine WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Eingabe vom 1. März 1978 stellten die nunmehrigen Bf. an die Gemeinde Koblach den Antrag, ihnen die Baubewilligung zur Errichtung eines Schafstalles für etwa 150 bis 200 Schafe auf ihrer GP KG Koblach zu erteilen. Über Auftrag des Bürgermeisters der Gemeinde Koblach vom 5. Mai 1978 gaben die Bf. am 31. Mai 1978 bekannt, daß ihr Eigengrund 78 ar betrage, daß ihnen zusätzlich 5 ha Pachtgrund und, bei Bedarf, weitere 3 ha zur Verfügung stünden, daß der Stall "für 140 Schafe ausgelegt" sei, und daß ihr Partner U B, der bereits sechs Jahre hauptberuflich eine Landwirtschaft betreibe, die Tiere versorgen werde.
1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Koblach vom 14. September 1978 wurde der Antrag der Bf. gemäß §31 Abs2 des Baugesetzes - BauG, Vbg. LGBl. Nr. 39/1972, abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, das Grundstück der Bf. befinde sich in einem Bereich, der im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Koblach als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sei; zusätzlich liege das Grundstück in der von der Landesregierung festgelegten Grünzone. In Landwirtschaftsgebieten dürften nach §16 Abs3 des Raumplanungsgesetzes - RPG, Vbg. LGBl. 15/1973, nur Gebäude und Anlagen für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke und Zuerwerbe einschließlich der dazu gehörenden Wohnräume und Wohngebäude errichtet werden. Von den Bf. würde in Altach ein metallverarbeitender Betrieb geführt. In der Landwirtschaft hätten sie sich bisher nicht betätigt. Nach eigenen Angaben der Bf. beabsichtigten sie, die Schafhaltung nicht selbst zu betreiben, sondern lediglich den Stall und das Grundstück zur Verfügung zu stellen. Die Versorgung der Tiere solle U B obliegen, der laut Mitteilung des Marktgemeindeamtes Götzis ein Pferd und eine Kuh besitze, welchem zudem von der Bezirkshauptmannschaft wegen einer Übertretung nach dem Tierschutzgesetz die Haltung von Tieren auf die Dauer von zwei Jahren untersagt worden sei. B komme somit für die vorgesehene Schafhaltung nicht in Frage. Der Eigengrund der Antragsteller umfasse lediglich 73,05 ar, sodaß das Verhältnis zum Pachtgrund etwa 1:7 betrage. Bei einem so geringen Eigengrundanteil müsse bezweifelt werden, daß die Futterbasis für die Haltung von etwa 140 Schafen langfristig gesichert sei. R H sei beim Gemeindeamt Koblach schon mehrfach wegen der Errichtung einer Werkstätte vorstellig geworden. Auch gegenüber der Landesregierung habe er eine Herausnahme seines Grundstückes aus der Grünzone verlangt. verlangt, damit eine Nutzung für betriebliche Zwecke möglich sei. Die aufgezeigten Umstände deuteten darauf hin, daß der im Bauantrag angegebene Verwendungszweck den eigentlichen Verwendungsabsichten der Bauwerber nicht entspreche. Offenbar sei der Verwendungszweck "Schafstall" deshalb angegeben, weil im Hinblick auf die Widmung des Baugrundstückes mit der Erteilung einer Baubewilligung für ein nicht landwirtschaftliches Objekt nicht habe gerechnet werden können. Die Baubehörde müsse deshalb annehmen, daß das vorgesehene Gebäude nichtland- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werde.
1.3. Der gegen diesen Bescheid von den Bf. erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 8. November 1978 keine Folge gegeben.
1.4. Aufgrund der von den Bf. hierauf erhobenen Vorstellung hob die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit Bescheid vom 17. Jänner 1979 gemäß §79 Abs6 des Gemeindegesetzes, Vbg. LGBl. 45/1965, den Bescheid der Gemeindevertretung Koblach vom 8. November 1978 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück.
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, daß bei einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dem Wortlaut des §31 Abs2 BauG aus dem Bauantrag und den diesem angeschlossenen Unterlagen zu entnehmen sein müsse, ob ein Bauvorhaben einem Flächenwidmungsplan widerspreche. Da die abweisenden Entscheidungen der Gemeidebehörde im Bauantrag keine Deckung fänden, seien die Vorstellungswerber in ihrem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verletzt worden.
1.5. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Gemeinde Koblach wurde mit Bescheid der Vbg. Landesregierung vom 21. August 1979, Z VIe-620.155, stattgegeben, der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 17. Jänner 1979 aufgehoben und die Vorstellung der Bf. gegen den Berufungsbescheid der Gemeidevertretung Koblach vom 8. November 1978 abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Berufungsbehörde im Gegensatz zu der im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft geäußerten Auffassung aus der Bestimmung des §31 Abs1 BauG kein Verbot herauslesen könne, zu überprüfen, ob die Angaben im Bauantrag mit den eigentlichen Absichten eines Bauwerbers übereinstimmten. Im Versagungsbescheid des Bürgermeisters seien eine Reihe von offenkundigen "Umständen" für die Annahme aufgezeigt worde, daß der im Bauantrag angegebene Verwendungszweck den eigentlichen Absichten der Bauwerber nicht entspreche und daß diese in Wirklichkeit ein nicht landwirtschaftliches Objekt errichten wollten, das im Hinblick auf die Widmung des vorgesehenen Standortes als Landwirtschaftsgebiet nicht bewilligt werden könne.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Die Bf. erheben zunächst den Vorwurf, das Raumplanungsgesetz des Landes Vbg., LGBl. 15/1973, bewirke eine unzulässige Beeinträchtigung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentums. Damit wird offensichtlich die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen des im Beschwerdefall gemäß §31 BauG maßgeblichen Flächenwidmungsplanes behauptet.
3.1.2. Zu dieser Beschwerdebehauptung genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8759/1980 zu verweisen, wonach auch für Eigentumsbeschränkungen der im zweiten Satz des Art5 StGG festgelegte Gesetzesvorbehalt gilt. Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfrei Eigentumsbeschränkungen verfügen, soferne er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in einer anderen Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg. 4486/1963, 5208/1966, 6316/1970, 6780/1972, 7306/1974, 8195/1977, 8212/1977, 8981/1980, 9189/1981). Auch Abs2 des Art1 des ersten ZP zur MRK legt nur fest, daß die Bestimmungen des Abs1 dieser Norm "in keiner Weise das Recht des Staates (beeinträchtigen), diejenigen Gesetze anzuwenden, die er (der Staat) für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse ... für erforderlich hält" (vgl. VfSlg. 9911/1983). Der Gerichtshof findet keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß die hier maßgeblichen Rechtsnormen hiezu im Widerspruch stünden.
Gegen die sonstigen Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides wurden Bedenken nicht geltend gemacht, solche sind auch im VfGH aus Anlaß des Beschwerdefalles nicht entstanden.
3.2.1. Zu den behaupteten Verletzungen der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz bringen die Bf. vor:
§31 Abs2 BauG erlaube nur dann einen Bauantrag ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich die Unzulässigkeit des Vorhabens schon aus dem Bauantrag und den diesem angeschlossenen Unterlagen ergebe, insbesondere, wenn das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche. Aus dem Bauantrag und den angeschlossenen Unterlagen habe sich jedoch eindeutig ergeben, daß von den Bf. die Errichtung eines Schafstalles beabsichtigt sei. Die Behörde habe offenkundig absichtlich die Abgaben der Bf. als falsch und irreführend bezeichnet, ohne ihnen von Haus aus die Fähigkeit zur Haltung einer Schafherde absprechen zu können; sie habe damit einen Willkürakt gesetzt. Eine Gleichheitsverletzung werde auch darin erblickt, daß die Behörde ein Jahr vor Antragstellung der Bf. einem Grundnachbarn, der ebenfalls kein Landwirt sei, die Errichtung eines Schafstalles bewilligt habe, obwohl dieser Nachbar nicht über mehr Eigengrund verfüge als die Bf. Es gehe auch nicht an, die Einsprüche der Bf. bei der Beschlußfassung über den Flächenwidmungsplan zur Begründung dafür heranzuziehen, daß mit dem Baugesuch eine Umgehungshandlung beabsichtigt sei. All dies lasse erkennen, daß die bel. Beh. sich in Wirklichkeit über das Gesetz hinweggesetzt habe, statt ihm zu dienen, und die Entscheidung leichtfertig gefällt habe, zumal den Bf. auch keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben und das Parteiengehör somit gröblich verletzt worden sei. Die Behörde habe in Wahrheit ihren Willen an die Stelle des Gesetzes gesetzt; von einem Bemühen der Behörde, eine richtige Entscheidung zu treffen, könne wohl kaum die Rede sein.
3.2.2. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen könnten die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und der Erwerbsausübungsfreiheit nur durch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung (vgl. hiezu VfSlg. 8776/1980, 9014/1981, sowie 8492/1979), im Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur durch einen willkürlichen Gesetzesvollzug (vgl. VfSlg. 8856/1980, 9015/1981) verletzt worden sein, wenn solche Rechtsverletzungen von der bel. Beh. bei Erlassung des angefochtenen Bescheides selbst begangen oder - falls sie den Gemeindebehörden anzulasten wären - im Vorstellungsbescheid nicht wahrgenommen worden wären. All dies liegt jedoch nicht vor.
3.2.3. Für die Unzulässigkeit des Vorhabens würden, wie die bel. Beh, im angefochtenen Bescheid ausführt, im Versagungsbescheid des Bürgermeisters "eine Reihe von offenkundigen Umständen ... aufgezeigt", aus denen hervorgehe, daß der im Bauantrag angegebene Verwendungszweck die eigentlichen Absichten der Bauwerber nicht wiedergibt. In dieser Richtung wird dargelegt, daß R B einen metallverarbeitenden Betrieb führe, beide Bf. sich bisher in der Landwirtschaft nicht betätigt hätten, die Bf. nach den eigenen Angaben nicht beabsichtigten, die Schafhaltung selbst zu betreiben, vielmehr die Versorgung der Tiere U B obliegen solle, der aber für die Schafhaltung nicht in Frage komme, der Eigengrund der Bauwerber nicht ausreiche, die Futterbasis für die beabsichtigte Schafhaltung langfristig sicherzustellen, und daß R H schon mehrfach wegen der Errichtung einer Werkstätte auf der hier maßgeblichen GP bei der Gemeinde vorstellig geworden sei und von der Landesregierung eine Herausnahme des Grundstückes aus der Grünzone verlangt habe.
Es ist unbestritten, daß der Verwendungszweck von der Behörde zu prüfen ist. Die Behörde hat sich bei der Prüfung jedoch nicht darauf beschränkt, den Verwendungszweck ausschließlich aufgrung der von den Bf. vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sie hat darüber hinaus Kenntnisse zur Beurteilung verwertet, die nicht aus den von den Bf. vorgelegten Unterlagen hervorgingen und mit diesen im Widerspruch standen. Es ist nun fraglich, ob die Behörde auf diese Weise das Gesetz richtig angewendet hat; ein geradezu denkunmögliches Vorgehen kann darin, daß sie nicht nur die vorgelegten Unterlagen, sondern auch Kenntnisse verwertete, die ihr aus sonstigen Wissensquellen zur Verfügung standen, nicht erblickt werden. Daß die Annahme einer Umgehungsabsicht der Bf. unter den gegebenen Umständen unvertretbar - oder auch nur mit den vorgelegten Plänen unvereinbar - gewesen wäre, kann der Behörde nicht angelastet werden.
Ob schließlich die Behörde ohne Durchführung einer Verhandlung (§31 Abs2 BauG) entscheiden durfte, ist eine Frage, deren Beurteilung dem VwGH zukommt, weil ein allfälliger Verfahrensmangel dieser Art nicht in die Verfassungssphäre reichen würde.
3.2.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baubewilligung, Gemeinderecht, Vorstellung, VfGH / Prüfungsmaßstab, Verwaltungsverfahren, ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B420.1979Dokumentnummer
JFT_10159685_79B00420_00