Index
L5 KulturrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
B-VG Art139 Abs1; Individualantrag auf Aufhebung der V des Magistrates der Stadt Sbg. vom 18. Oktober 1983; keine Legitimation; Zumutbarkeit des Ansuchens um eine AusnahmebewilligungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit V des Magistrates der Stadt Sbg. vom 18. Oktober 1983, Z I/1-10.554/7-83, wurde der Park beim Objekt Fürstenallee, Sbg., zum geschützten Landschaftsteil erklärt.
1.2. Die Antragsteller begehren, gestützt auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG und auf §57 Abs1 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976, die Aufhebung der angeführten V zur Gänze, in eventu im Umfange der §§2 bis 4 und 7, als gesetzwidrig.
1.3. Zur Zulässigkeit des Antrages führen die Antragsteller aus, daß aufgrund der mit der angeführten V erlassenen Verbote (§3) in ihr Verfügungsrecht über das Eigentum an der Liegenschaft Fürstenallee, Sbg., unmittelbar eingegriffen und dieses erheblich eingeschränkt worden sei. Damit sei die V für sie "direkt wirksam" geworden. Die Geltendmachung der Gesetzwidrigkeit der V durch die Provozierung eines Verwaltungsstrafverfahrens sei für sie ein nicht zumutbarer Umweg.
2. Der VfGH hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
2.1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH "über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ...".
2.2.1. Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinen Beschlüssen VfSlg. 8009/1977 zu Art140 B-VG und VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausführte, setzt die Antragslegitimation nicht nur voraus, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungs-(gesetz-)widrig angefochtene Gesetzes-(Verordnungs-)Bestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie erfordert auch, daß dieses Gesetz (diese V) für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz (die angefochtene V) die Rechtssphäre der betreffenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt und - im Fall der Verfassungs(Gesetz-)widrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz (die V) selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz (die V) eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen generellen Norm zugefügten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht. Dazu legte der VfGH bereits in wiederholten Entscheidungen (vgl. etwa VfSlg. 8890/1980 und die dort zitierte Judikatur) dar, daß das mit Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsinstrument dafür bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht in Betracht kommt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit der grundsätzlichen Aufgabe des Individualantrages, bloß subsidiärer Rechtsbehelf zu sein, keineswegs im Einklang stünde.
2.2.2. Im vorliegenden Fall steht den Antragstellern - die der Sache nach einwenden, die angeführte V stehe mit den gesetzlichen Determinanten nicht im Einklang, verletze den Gleichheitsgrundsatz und sei überdies nicht in einem dem Art6 MRK genügenden Vefahren zustande gekommen - jedoch ein derartiger, ihnen zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit der von ihnen bekämpften V zur Verfügung, wie folgende Erwägungen zeigen:
Nach §4 der angeführten V kann die Naturschutzbehörde Maßnahmen, die nach §3 untersagt sind, ausnahmsweise zulassen, wenn infolge der besonderen örtlichen Lage, der vorgeschlagenen Ausführungsart oder der erteilten Auflagen und Fristen die Beeinträchtigung des geschützten Landschaftsteiles nur geringfügig ist.
Gemäß §41 Abs1 und 2 des Sbg. Naturschutzgesetzes 1977, LGBl. 86, sind in einem Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung für Maßnahmen, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen (§11 Abs1 des Sbg. Naturschutzgesetzes 1977 und §4 der angefochtenen V) nachstehend bezeichnete Umstände anzuführen und Unterlagen anzuschließen:
"1) Name und Anschrift des Antragstellers und des Grundeigentümers, wenn Antragsteller und Grundeigentümer nicht ident sind;
2) Angabe, ob und in welchem geschützten Gebiet das Vorhaben geplant ist;
3) Bezeichnung der Grundstücke, der Katastralgemeinde und der Gemeinde, in der das Vorhaben beabsichtigt ist;
4) Art des Vorhabens, Art der Kulturgattung und der Flächenwidmung des Grundstückes, auf dem das Vorhaben beabsichtigt ist;
5) Angabe über bereits vorliegende Bewilligungen bzw. Berechtigungen oder eingeleitete Verfahren nach anderen für das Vorhaben in Betracht kommenden Rechtsvorschriften (Baubewilligung udgl.);
6) werden gemäß §3 Abs3 besonders wichtige öffentliche Interessen geltend gemacht, der Nachweis dieses Interesses;
7) technische Beschreibung des Vorhabens;
8) Übersichtsplan im Katastermaßstab mit den für die Beurteilung maßgebenden Darstellungen, wie Uferverlauf, Begrenzungen der Autobahnen, Kulturgattungen;
9) Lageplan in einem Maßstab, der eine eindeutige Beurteilung des Vorhabens zuläßt;
10) Ansichtspläne und Darstellung des Grundrisses."
Für die angeführten, einem Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung anzuschließenden Unterlagen ist nicht vorgeschrieben, daß sie besonderen Formerfordernissen zu entsprechen hätten und das skizzenhafte Darstellungen nicht genügten. Mit der Anfertigung dieser Unterlagen ist demnach - im Gegensatz etwa zu der Anfertigung der einem förmlichen Bauansuchen anzuschließenden Planunterlagen - ein Aufwand nicht verbunden, der den Antragstellern nicht zugemutet werden könnte.
Den Antragstellern steht also die Möglichkeit offen, ein Verfahren betreffend die Erlangung einer Ausnahmebewilligung iS der obenangeführten Bestimmungen bei der Naturschutzbehörde anzustrengen. Nach der Lage des Falles kann nicht davon gesprochen werden, daß den Antragstellern der Weg eines Verfahrens zur Erlangung einer Ausnahmebewilligung nicht zugemutet werden könnte.
2.2.3. Daraus ergibt sich, daß den Antragstellern im Wege der Beantragung einer Ausnahmebewilligung ein durchaus zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefchtenen V erlassenen Bescheide, mit denen eine gemäß §3 der angefochtenen V untersagte Maßnahme nicht zugelassen wird, die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihnen bekämpften V zu erreichen (vgl. VfSlg. 8059/1977, 8553/1979, 9277/1981).
Dem Vorbringen der Antragsteller kann kein Umstand entnommen werden, aus dem sich die Unzumutbarkeit der Einhaltung des aufgezeigten Weges ergäbe.
Daraus folgt aber, daß den Antragstellern iS der Ausführungen unter
2.1. die Legitimation zur Stellung des Individualantrages, die von ihnen angefochtene V zur Gänze, in eventu im Umfange der §§2 bis 4 und 7, als gesetzwidrig aufzuheben, fehlt. Ihr Antrag war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 idF BGBl. 353/1981 - in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß es weiterer Prüfung bedurfte, ob hier alle übrigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Antrages gegeben sind.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Naturschutz, LandschaftsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V65.1983Dokumentnummer
JFT_10159684_83V00065_00