TE Vfgh Erkenntnis 1984/6/8 B604/78

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Veröffentlicht am 08.06.1984
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Index

86 Veterinärrecht
86/02 Tierärzte

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
TierärzteG §62
TierärzteG §63
VfGG §88

Leitsatz

Tierärztegesetz 1974; Feststellung der Pflichtmitgliedschaft zumVersorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte; denkmöglicheAnnahme, daß kein Ausnahmefall iS des §62 vorliege; keine Verletzungdes Eigentumsrechtes und der Erwerbsausübungsfreiheit

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Ein Ersatz der Kosten des Verfahrens wird nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Dem Bf. wurde in einem Schreiben vom 26. Jänner 1978 vom Kuratorium des Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs mitgeteilt, daß gemäß §62 Abs1 des Tierärztegesetzes 1974 die Zugehörigkeit zu den Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer (Versorgungsfonds, Notstandsfonds, Sterbekasse) für alle Pflichtmitglieder der Tierärztekammern zwingend vorgeschrieben sei. Die Beiträge seien ab 1. April 1977 zu zahlen.

Der Bf. teilte dem Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte mit Schreiben vom 2. Feber 1978 mit, daß er gegen die Aufnahme (Beitritt) zum Versorgungsfonds der Tierärztekammer Berufung einlege. Er sei seit 1953 Mitglied des Pensionsfonds der Oö. Gemeindetierärzte. Dieser Fonds trage öffentlich-rechtlichen Charakter. Daher seien die Bedingungen des §62 Abs2 Z1 des Tierärztegesetzes 1974 erfüllt.

Mit Bescheid des Kuratoriums des Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte vom 27. April 1978, VF 398-13/78, wurde der Bf. unter Berufung auf §62 Abs1 des Tierärztegesetzes 1974 zur Mitgliedschaft zum Versorgungsfonds der Kammer verpflichtet.

Am 12. Mai 1978 teilte der Bf. an den Versorgungsfonds mit, daß er seine Berufung vom 2. Feber 1978 aufrecht erhalte. Er werde bis zu einer allgemeinen Klärung der Angelegenheit auch keine Beiträge zahlen.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1978, Z 1301-17/78, wies der Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte die Berufung aufgrund des Beschlusses vom 24. Juni 1978 ab, weil der vom Bf. angeführte Ausnahmegrund des §62 Abs2 des Tierärztegesetzes 1974 nicht zutreffe. Der Pensionsfonds der Oö. Gemeindetierärzte habe keinen öffentlich-rechtlichen Charakter. Der Bf. sei dort freiwilliges Mitglied. Daher müsse seine Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte festgestellt werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Der VfGH möge ferner feststellen, daß ein Ausnahmegrund iS des §62 Abs2 des Tierärztegesetzes 1974 vorliege.

3. Die bel. Beh. beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gemäß §63 Abs5 des Tierärztegesetzes vom 13. Dezember 1974, BGBl. 16/1975, (Tierärztegesetz 1974), entscheidet über die Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds das Kuratorium desselben. Gegen dessen Entscheidungen ist nach §63 Abs6 des Tierärztegesetzes 1974 die Berufung an den Vorstand der Bundeskammer offen. Dieser entscheidet endgültig (§§36, 37 und 50 des Tierärztegesetzes 1974).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid sei das ihm verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG verletzt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Pflichtmitgliedschaft des Bf. zum Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte festgestellt. Mit dem Bescheid wurde daher die Beitragsverpflichtung des Bf. zum Versorgungsfonds dem Grunde nach festgestellt. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht des Bf. ein. Der Bf. behauptet selbst nicht, daß der angefochtene Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhe. Derartiges ist auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen. Es kann auch nicht gesagt werden, daß die bel. Beh. das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hat. Ein derartiger Fall läge nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981).

Gemäß §62 Abs1 des Tierärztegesetzes 1974 sind von der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds Kammermitglieder ausgenommen, die

1. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen; oder

2. aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Ruhe(versorgungs)genuß beziehen; oder

3. aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung eine Pension beziehen.

Da der Bf. selbst nur behauptet, nach dem GSPVG pflichtversichert und beim Pensionsfonds der OÖ. Gemeindetierärzte beim Amt der OÖ. Landesregierung pensionsversichert zu sein, ferner daß sein Dienstverhältnis als Tierarzt einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mindestens gleichkomme, konnte die bel. Beh. vertretbar davon ausgehen, daß kein Ausnahmefall gemäß §62 des Tierärztegesetzes 1974 vorliege.

Da kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften verfassungswidrig wären und bei der Handhabung des Gesetzes entsprechend den obigen Ausführungen kein so schwerer Fehler begangen wurde, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, ist der Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden.

Ob die bel. Beh. auch dem Gesetz entsprechend entschieden hatte, ist vom VfGH nicht zu prüfen.

3. Der Bf. erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid weiters im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG verletzt.

In dieses Recht wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7993/1977) nur dann eingegriffen, wenn einem Staatsbürger durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbstätigkeit untersagt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Pflichtmitgliedschaft des Bf. zum Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte festgestellt. Damit wurde aber nicht der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbstätigkeit untersagt.

Daher ist es ausgeschlossen, daß der Bescheid ihn im erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hat.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat daher nicht stattgefunden.

4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Ersatz der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens war der bel. Beh. nicht zuzusprechen, da es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Behörde zu betrauen (VfSlg. 7455/1974).

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Tierärzte,Versorgung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B604.1978

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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