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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Wr. Garagengesetz; Antrag auf Erstattung der Ausgleichsabgabe gemäß §44 Abs2 zurückgewiesen; weder Behauptung noch Nachweis des Anspruchsüberganges; kein Entzug des gesetzlichen Richters AVG; Zuständigkeitsübergang an die Oberbehörde gemäß §73 auch im Falle eines unzulässigen Begehrens an die UnterbehördeSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Da der Magistrat der Stadt Wien als Abgabenbehörde erster Instanz über einen am 26. Jänner 1977 gestellten Antrag auf Erstattung einer Ausgleichsabgabe nach dem Wr. Garagengesetz, LGBl. 22/1957, (künftig: WGarG) in der Höhe von 27500 S nicht innerhalb der gemäß §243 Abs2 der Wr. Abgabenordnung, LGBl. 21/1962, (künftig: WAO) gesetzlich bestimmten Frist den Bescheid erlassen hatte, begehrte der Bf. mit Eingabe vom 30. Mai 1979 den Übergang der Entscheidungszuständigkeit an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
1.2. In der Folge entschied die Abgabenberufungskommission Wien mit Bescheid vom 7. November 1979, Z MDR-I 2/79, gemäß §44 Abs2 WGarG auf Zurückweisung des am 26. Jänner 1977 gestellten Erstattungsantrages.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.1. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
2.2. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. Nach §41 WGarG ist von einem Bauwerber, der seiner Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen nach §36 leg. cit. überhaupt nicht oder nicht voll entspricht, eine Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu entrichten. Ist der Bauwerber mit dem Grundeigentümer nicht identisch, so haftet auch dieser mit dem Bauwerber für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand.
Erlischt die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf, so steht nach §44 Abs2 WGarG ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu, der untergeht, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Erlöschen der Baubewilligung folgt. Im letzten Satz der eben zitierten Bestimmung wird angeordnet:
"Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat; andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen."
3.2. Aus den von der bel. Beh. vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor:
3.2.1. Mit Bescheid vom 6. August 1974 wurde dem Bf. eine Baubewilligung betreffend das Objekt EZ ... KG M in Wien, P-Gasse, erteilt, und ihm in diesem Zusammenhang mit Bescheid vom 24. September 1974 nach dem WGarG eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 27500 S vorgeschrieben. Der Bf. zahlte diesen Betrag am 17. Jänner 1975 mit der Deklarierung "Kto. 823" ein.
Dieses Konto betrifft somit eine andere als die im Beschwerdefall relevante Abgabenschuld, was für das Beschwerdeverfahren nur insoferne Bedeutung besitzt, als die Zufälligkeit des dort ebenfalls mit 27500 S bemessenen Abgabebetrages und der Umstand, daß der Bf. in beiden Fällen als Partei aufscheint, zu einem Irrtum des Bf. (vgl. 3.2.6.) führte.
3.2.2. Mit Bescheid vom 10. September 1974 wurde betreffend das Objekt EZ ... KG A in Wien, T-Gasse, eine Baubewilligung erteilt; mit Bescheid vom 27. November 1974 wurde schließlich dem damaligen Liegenschaftseigentümer O St. zu Handen des Hausverwalters H T nach dem WGarG eine Ausgleichsabgabe (ebenfalls) in Höhe von 27500 S vorgeschrieben, die am 10. Jänner 1975 von H T eingezahlt wurde, wobei als Verwendungszweck "WGG Konto-Nr. 841 O St." angegeben wurde.
3.2.3. Am 26. Jänner 1977 stellte H T unter Hinweis darauf, daß vom Gebrauch der Baubewilligung für das Objekt Wien, T-Gasse, Abstand genommen und die Baubewilligung abgelaufen sei, das Ersuchen "um Refundierung der seinerzeit aufgelaufenen Kosten".
Am 10. März 1977 ergingen sodann an H T persönlich und als Vertreter des O St. Bescheide, daß das Ansuchen um Erstattung der Ausgleichsabgabe abgewiesen werde, da entgegen der Darstellung im Erstattungsantrag mit der Bauführung begonnen worden sei. Diese Begründung der eben genannten Bescheide erwies sich zugegebenermaßen als Irrtum der Behörde, weil sie das hier maßgebliche Objekt mit einem anderen verwechselt hatte. Ungeachtet dessen erwuchsen die Bescheide in Rechtskraft.
3.2.4. Hieran schloß ein Verwaltungsstrafverfahren an, in dem über O St. gemäß §46 Abs1 WGarG (Verkürzung der Abgabenschuld) eine Geldstrafe verhängt wurde; nachdem O St. der Behörde mittels Grundbuchsauszuges nachgewiesen hatte, daß er bereits mit Kaufvertrag vom 23. März/1. April 1976 das Grundstück EZ ... KG A, Wien, T-Gasse, an den nunmehrigen Bf. veräußert hatte, wurde dieses Straferk. mit Bescheid vom 12. April 1978 für nichtig erklärt. In der Begründung dieses Bescheides wurde festgestellt, daß H T das Erstattungsansuchen vom 26. Jänner 1977 nicht namens O St., sondern namens des Bf. eingebracht habe.
3.2.5. In der Folge richtete H T neuerlich Erstattungsanträge am 26. Jänner 1979 an die MA 6-Rechnungsamt und am 29. Jänner 1979 an die MA 36. Diese Anträge wurden mit Bescheid vom 19. Feber 1979 zurückgewiesen, da nach Ansicht der Behörde aus den Ansuchen nicht hervorging, um welches Bauvorhaben es sich gehandelt habe. Die gegen diesen Bescheid von H T "als bevollmächtigter Verwalter der Liegenschaft Wien, T-Gasse" erhobene Berufung, der er sowohl Vollmachten des O St. als auch des nunmehrigen Bf. anschloß, wurde mit der Begründung zurückgewiesen, daß der angefochtene Bescheid an H T persönlich ergangen sei, die Berufung jedoch "in Vertretung eingebracht wurde, wobei nicht klar hervorgeht, in wessen Vertretung (L I oder O St.) ...".
3.2.6.1. Am 30. Mai 1979 brachte schließlich der Bf., nunmehr anwaltlich vertreten, einen Devolutionsantrag gemäß §243 Abs2 WAO bei der Abgabenberufungskommission ein. Er führte aus, daß ihm eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 27500 S vorgeschrieben worden sei, die er auch "zur Kontonummer 823" eingezahlt habe (zu bemerken ist hiezu, daß die in diesem Antrag enthaltene Bezugnahme auf eine Einzahlung "zur Kontonummer 823" auf einem Irrtum beruhte, auf den unter 3.2.1. bereits hingewiesen wurde). Da das Bauvorhaben nicht zur Ausführung gelangte, habe der Verwalter bereits am 26. Jänner 1977 die Rückerstattung begehrt, über welchen Antrag die Behörde nicht entschieden habe, obwohl die gesetzliche Entscheidungsfrist weit überschritten sei, weshalb der Bf. die Entscheidung durch die Abgabenberufungskommission begehre.
3.2.6.2. Die Abgabenberufungskommission stellte hierauf dem Bf. mit Schreiben vom 17. Juli 1979 unter Hinweis darauf, daß aus dem Einzahlungsbeleg vom 10. Jänner 1975 hervorzugehen scheine, daß die Ausgleichsabgabe durch O St. entrichtet wurde, frei, eine Stellungnahme abzugeben und einen Nachweis gemäß §44 Abs1 (richtig: Abs2) WGarG zu führen.
Darauf gab der Bf. mit Eingabe vom 25. Juli 1979 (lediglich) die "Stellungnahme" ab, daß er mit Kaufvertrag vom 23. März/1. April 1976 die Liegenschaft Wien, T-Gasse, von O St. gekauft habe und legte einen Grundbuchsauszug vor.
3.2.6.3. Am 7. November 1979 wurde sodann der angefochtene Bescheid erlassen, mit dem das Erstattungsansuchen zurückgewiesen wurde, weil die Abgabe vom Bf. zweifelsfrei nicht entrichtet und vom Bf. ein Übergang des Erstattungsanspruches auf ihn nicht bewiesen worden sei.
3.3. Der Bf. behauptet durch diesen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, weil ihm eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert werde. Wenn auch am seinerzeitigen Zahlungsbeleg als Zahlungszweck eine Konto-Nr. angegeben wurde, bei der der Name O St. angeführt war, rechtfertige dies nicht die Annahme der bel. Beh., daß H T die Zahlung für O St. geleistet habe. Die bel. Beh. wäre verpflichtet gewesen, der Frage nachzugehen, von wem die Zahlung tatsächlich herrührte, wobei hervorgekommen wäre, daß H T die Zahlung für den Bf. geleistet habe, weil dieser in Erwartung des bereits in Aussicht genommenen Kaufgeschäftes als Bauwerber aufgetreten sei. Damit hätte es aber eines Nachweises für den Übergang eines Anspruches gar nicht bedurft. Selbst bei Zugrundelegung des Standpunktes der bel. Beh. sei ihr nicht zu folgen, da aus dem Kaufvertrag vom 23. März/1. April 1976 in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise hervorgehe, daß der Bf. die Liegenschaft "samt allem rechtlichen und faktischen Zubehör" übergeben habe, woraus ebenfalls hervorgehe, daß der Bf. berechtigt gewesen sei, den Erstattungsantrag gemäß §44 Abs2 WGarG zu stellen.
Die an den Bf. gerichtete Aufforderung, einen Nachweis "gemäß §44 Abs1 WGG zu führen", sei unter Berücksichtigung des Inhaltes dieser Gesetzesstelle, die besage, daß eine Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten sei, geradezu unverständlich gewesen. Wenn der Behörde der durch Vorlage des Grundbuchsauszuges geführte Nachweis, daß der Bf. Liegenschaftseigentümer ist, nicht ausgereicht hätte, dann hätte sie ihn unter Bezugnahme auf die richtige Gesetzesstelle darauf aufmerksam zu machen gehabt.
3.4. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980), etwa, indem sie zu Unrecht ihre Sachentscheidung verweigert (vgl. zB VfSlg. 9105/1981).
Der Bf. wäre somit im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, wenn die bel. Beh. ihm zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hätte; dies ist jedoch nicht der Fall.
Wie sich aus dem letzten Satz des §44 Abs2 WGarG ergibt, setzt die Anspruchsberechtigung und damit das Recht auf eine Sachentscheidung voraus, daß derjenige, der einen Erstattungsantrag stellt, entweder die Abgabe selbst entrichtet hat oder den Nachweis führt, daß der Anspruch auf ihn übergegangen ist.
Selbst entrichtet hätte sie der Bf. nur, wenn sie von T in seinem Namen entrichtet worden wäre; das trifft nicht zu.
Hat aber H T die Einzahlung vom 10. Jänner 1975 für sich selbst oder für O St. geleistet, wie dies aus dem Einzahlungsbeleg hervorzugehen scheint, dann war der Bf. nach §44 Abs2 letzter Satz WGarG zur Antragstellung nur unter der Voraussetzung berechtigt, daß er den Übergang des Anspruches von H T oder von O St. auf ihn nachgewiesen hat. Der Bf. vermeint nun, daß er diesen Nachweis ohnedies dadurch erbracht habe, daß er der Behörde einen Grundbuchsauszug vorlegte, in dem er als Eigentümer der Liegenschaft ausgewiesen war. Er lastet der Behörde als Verfahrensmangel an, daß sie ihn zu weiteren Stellungnahmen nicht aufgefordert habe, falls dieser Nachweis nicht genügen sollte. Das Vorbringen der Beschwerde ist auch insoferne nicht zielführend. Es muß der Behörde beigepflichtet werden, daß ein Anspruchsübergang auf Erstattung einer Ausgleichsabgabe nicht mittels eines Grundbuchsauszuges nachgewiesen werden kann, der den Antragsteller als Käufer einer Liegenschaft ausweist. Der Anspruch auf Erstattung einer Ausgleichsabgabe hat nämlich mit dem Grundeigentum an einer Liegenschaft nichts zu tun und ist insbesondere entgegen der Annahme des Bf. nicht als Zubehör einer Liegenschaft zu werten. Geht aber der Bf. mit diesem Beschwerdevorbringen fehl, so wurde von ihm auch weder behauptet noch nachgewiesen, daß ein dem H T oder O St. zugestandener Anspruch auf Erstattung der Ausgleichsabgabe auf ihn übergegangen wäre. Die bel. Beh. hat dem Bf. dadurch, daß sie seinem Erstattungsbegehren nicht entsprach, eine Sachentscheidung somit nicht verweigert.
Die Behauptung des Bf., daß über sein Begehren nicht entschieden worden sei, ist daher unzutreffend. Ob ein Verfahrensmangel vorliegt, hat der VfGH nicht zu prüfen.
Zu prüfen bleibt, ob dem Devolutionsantrag von der bel. Beh. stattzugeben war. Hiezu genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß §73 AVG 1950 - bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen, was hier nicht strittig ist - auf die Oberbehörde selbst dann übergeht, wenn das Begehren, über das von der Unterbehörde nicht entschieden wurde, unzulässig war (vgl. VfSlg. 3931/1961, 7822/1976, 8189/1977).
Die bel. Beh. hat also zu Recht die Zuständigkeit in Anspruch genommen, über das Erstattungsbegehren des Bf. zu entscheiden; die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt somit nicht vor (vgl. VfSlg. 3884/1961, 5496/1967, 9094/1981).
3.6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen - verfassungsrechtliche Bedenken wurden weder geltend gemacht, noch sind solche im Verfahren über die Beschwerde entstanden - ist es auch ausgeschlossen, daß der Bf. in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, Garagen, Zivilrecht, Finanzverfahren, Behördenzuständigkeit, Verwaltungsverfahren, DevolutionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B535.1979Dokumentnummer
JFT_10159392_79B00535_00