TE Vfgh Erkenntnis 1984/6/9 B164/80

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Veröffentlicht am 09.06.1984
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
Sbg GVG-Nov 1973. LGBl 4/1974 ArtII Abs5 und Abs6
Sbg GVG 1974 §13 Abs1 litd

Leitsatz

Sbg. GVG; keine denkunmögliche Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Kaufvertrages gemäß §13 Abs1 litd Sbg. GVG iVm. ArtII Abs5 und 6 der GVG-Nov. 1973

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission Sbg. vom 24. Jänner 1980 wurde dem zwischen dem Erstbf. als Verkäufer und dem Zweitbf. als Käufer abgeschlossenen Kaufvertrag über Anteile an der Liegenschaft EZ, KG St. Gilgen, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Top. Nr. ... im Hause P Nr. ... untrennbar verbunden ist, gemäß §13 Abs1 litd des Sbg. Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 8/1974 (GVG), iVm. ArtII Abs6 der Nov. LGBl. 4/1974 die Genehmigung verweigert. Beide Bf. sind deutsche Staatsangehörige.

Die Grundverkehrs-Landeskommission begründete ihre Entscheidung damit, daß die Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück an Ausländer nur erteilt werden dürfe, wenn das Rechtsgeschäft nicht staatspolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder kulturellen Interessen widerspricht; ein Widerspruch zu solchen Interessen liege insbesondere dann vor, wenn bei Bauten mit Wohnungseigentum die Anteile der ausländischen Miteigentümer einen bestimmten Prozentsatz der Miteigentumsanteile der Liegenschaft bereits erreicht haben. Dieser Prozentsatz dürfe 50 vH nicht übersteigen (§13 Abs1 litd GVG; bis zur Festsetzung des Prozentsatzes gelte gemäß dieser Bestimmung für die einzelne Gemeinde der Prozentsatz von 50 vH nach ArtII Abs6 der Nov. LGBl. 4/1974). Im vorliegenden Fall hätten die Anteile der ausländischen Miteigentümer 50 vH der Miteigentumsanteile der Liegenschaft bereits überschritten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt erachten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

2. Die Bf. bringen - erstmals im verfassungsgerichtlichen Verfahren - vor, die Heranziehung des Versagungsgrundes des §13 Abs1 litd GVG sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da gemäß ArtII Abs5 der GVG-Nov. LGBl. 4/1974 die Bestimmung des §13 Abs1 litc und d GVG auf flächenmäßige Großprojekte, welche in einem Gemeindeteil entsprechend den strukturellen Entwicklungszielen der Gemeinde und der überörtlichen Raumplanung bereits am 7. Juli 1972 in Verwirklichung standen, keine Anwendung finde. Dies treffe hier zu, weil die Wohnanlage Pöllach zum Stichtag 7. Juli 1972 längst in Verwirklichung gestanden sei. Bei dieser Wohnanlage, welche sich in 5 Wohnblocks gliedere und insgesamt 95 Appartements umfasse, handle es sich um ein flächenmäßiges Großprojekt, welches in seinem Ausmaß im Bundesland Sbg. kaum annähernd Vergleichbares finde.

Weiters bringen die Bf. vor, §13 Abs1 litb (richtig: litd) GVG verfolge ausschließlich den rechtspolitischen Zweck, eine Überfremdung des österrechischen Grundbesitzes hintanzuhalten. Beim vorliegenden Kaufvertrag trete aber keine Änderung der Anteile der ausländischen Miteigentümer ein, weil auch der Verkäufer deutscher Staatsangehöriger sei. Da sich durch dieses Rechtsgeschäft somit das Verhältnis von ausländischem zu inländischem Miteigentum in keiner Weise verändere, liege insofern eine denkunmögliche Anwendung des §13 Abs1 litd GVG vor.

3. a) Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind Bedenken weder vorgebracht worden noch beim VfGH entstanden.

b) Gemäß ArtII Abs5 der GVG-Nov. 1973 findet auf flächenmäßige Großprojekte, welche ein einem Gemeindeteil entsprechend den strukturellen Entwickungszielen der Gemeinde und der überörtlichen Raumplanung bereits am 7. Juli 1972 in Verwirklichung standen, §13 Abs1 litc und d GVG keine Anwendung. Daraus ergibt sich, daß bei derartigen Projekten auf eine drohende Überfremdung nicht Bedacht zu nehmen ist. Bei einschlägigen Rechtsgeschäften mit Eigentumswohnungen, die im Rahmen eines derartigen flächenmäßigen Großprojektes errichtet wurden, ist es daher für die grundverkehrsbehördliche Zustimmung kein Hindernis, wenn die Anteile der ausländischen Miteigentümer bereits 50 vH übersteigen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Kauf einer Eigentumswohnung in einer Wohnanlage, die am 7. Juli 1972 bereits in Verwirklichung stand, durch einen Ausländer. Soweit dies aus den dem VfGH vorliegenden Akten erkennbar ist, entspricht diese Wohnanlage den strukturellen Entwicklungszielen der Gemeinde und der überörtlichen Raumplanung.

Die bel. Beh. hat sich mit der Frage, ob es sich bei der Appartementanlage Pöllach um ein flächenmäßiges Großprojekt iS der GVG-Nov. 1973, LGBl. 4/1974, handelt, offenbar deshalb nicht auseinandergesetzt, weil im Verwaltungsverfahren kein diesbezügliches Vorbringen erfolgt ist. Die bel. Beh. ist aber - wie sich aus den Ausführungen in der Gegenschrift entnehmen läßt - stillschweigend davon ausgegangen, daß ArtII Abs5 der GVG-Nov. 1973 hier nicht anzuwenden sei, da ein Projekt mit 5 Blocks samt insgesamt 95 Wohnungen noch lange nicht ein flächenmäßiges Großprojekt sei.

Der VfGH kann nicht finden, daß diese Annahme der Behörde einen so schweren Fehler darstellt, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre. Ob die Auffassung der bel. Beh. iS der Rechtsprechung des VwGH zu dieser Frage (s. VwGH 18. 3. 1980 Z 2677/78, 12. 4. 1983 Z 82/07/0242 und 31. 5. 1983 Z 82/07/0225) auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu beurteilen.

c) Die Behörde hat aber - entgegen der Auffassung der Bf. - auch die Bestimmung des §13 Abs1 litd GVG nicht denkunmöglich angewendet, wenn sie in ihrer Entscheidung dem Umstand, daß auch der Verkäufer nicht österreichischer Staatsangehöriger ist, keine Bedeutung beigemessen hat. Es trifft zwar zu, daß keine zusätzliche Überfremdung des österreichischen Grundbesitzes entsteht, wenn bereits der Verkäufer Ausländer ist. Dem - auch von den Bf. hervorgehobenen - Zweck des §13 Abs1 litd GVG, eine Überfremdung des österreichischen Grundbesitzes hintanzuhalten, entspricht es aber, den Verkauf eines österreichischen Grundstückes an einen Ausländer auch unter den hier gegebenen Voraussetzungen zu unterbinden, also auch dann, wenn sich das Grundstück bereits im Eigentum eines Ausländers befindet (s. VfSlg. 7448/1974); in diesem Fall besteht die erhöhte Wahrscheinlichkeit, daß das Grundstück bei einer Veräußerungsabsicht des ausländischen Eigentümers wieder an einen inländischen Eigentümer übergeht.

Darüber hinaus würde die von den Bf. gewünschte Auslegung des §13 Abs1 litd GVG dazu führen, daß ausländische Eigentümer bei der Veräußerung österreichischer Grundstücke besser gestellt wären als österreichische Staatsangehörige.

4. Die behauptete Verletzung des Eigentumsrechts hat somit nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Ausländergrunderwerb, Überfremdung, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B164.1980

Dokumentnummer

JFT_10159391_80B00164_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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