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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
GSVG §25; keine Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung im Hinblick auf die - zulässige - unterschiedliche Behandlung von Selbständigen und Unselbständigen im SozialversicherungsrechtSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Über Antrag des Bf. stellte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Beitragsgrundlagen für 1980 in der Krankenversicherung mit 16800 S und in der Pensionsversicherung mit 17937 S monatlich fest. Seinem Einspruch gab der Landeshauptmann von NÖ mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Nach §25 GSVG seien die anhand der Einkommensteuer-Bemessungsgrundlage (unter Hinzurechnung der auf eine vorzeitige Abschreibung, eine Investitionsrücklage, einen Investitionsfreibetrag und nicht entnommene Gewinne entfallenden Beträge) festzustellenden Einkünfte des drittvorangegangenen Kalenderjahres (Abs1) mit dem Produkt aus den Richtzahlen des Beitragsjahres und der beiden vorangegangenen Kalenderjahre zu vervielfachen (Abs2). Die Richtzahlen (§47 GSVG) seien nach §108a ASVG ermittelt und vom Bundesminister für soziale Verwaltung kundgemacht worden. Die Errechnung der Beitragsgrundlagen aus dem Einkommensteuerbescheid 1977 sei daher richtig.
Gegen den Einspruchsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums gerügt wird. §25 GSVG stelle Einkommensteuerpflichtige schlechter als Lohnsteuerpflichtige, weil sich deren Beiträge auch dann nach früheren Verhältnissen richten, wenn sie schon den Steuerbescheid des vergangenen Jahres vorlegen können und bereit seien, auf dieser Basis Vorauszahlungen zu leisten. Die zur Steuerbemessungsgrundlage hinzuzurechnenden Beträge stellten außerdem tatsächliche Betriebsausgaben dar, die nicht außer acht gelassen werden dürften. Die angewendeten Gesetzesbestimmungen und die Festsetzung der Richtzahl seien daher verfassungswidrig.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wird ausschließlich mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der angewendeten generellen Normen begründet. Die Beschwerdeausführungen erwecken aber keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Gesetzesbestimmungen (§25 Abs1 in der Stammfassung und Abs2 idF BGBl. 531/1979) und die Gesetzmäßigkeit der auf sie gegründeten V.
Gewiß werden Selbständige und Unselbständige im Sozialversicherungsrecht in vieler Hinsicht unterschiedlich behandelt. In bezug auf die Krankenversicherung der selbständig Erwerbstätigen hat der Gerichtshof indessen schon im Erk. VfSlg. 6004/1969 dargelegt, daß die sachlichen Voraussetzungen bei selbständigen und unselbständigen Tätigkeiten und den verschiedenen Berufszweigen so verschieden sein können, daß eine differenzierende Regelung nicht nur zulässig, sondern unter Umständen sogar geboten erscheint. Eine von der allgemeinen Regelung abweichende Zuständigkeit für eine bestimmte Berufsgruppe sowie Unterschiede in der Entrichtung der Beiträge und der Erbringung der Leistungen hat er daher nicht als bedenklich angesehen. Die unterschiedliche Gestaltung des Leistungsrechts in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung kann beispielsweise eine Differenzierung des Beitragsrechtes (VfSlg. 9365/1982) und die verschiedene wirtschaftliche Lage von Selbständigen und Unselbständigen eine unterschiedliche Lösung des Problems der Mehrfachversicherung rechtfertigen (VfSlg. 9753/1983).
Für die in Rede stehende Beitragsbemessung weist die bel. Beh. zurecht auf die Erl. der RV zu §17 GSPVG - dem Vorläufer des §25 GSVG - in der Stammfassung hin (343 BlgNR VIII. GP, 53):
"Ähnlich wie in der Sozialversicherung der unselbständigen Erwerbstätigen das Lohneinkommen innerhalb bestimmter im Gesetz festgesetzter Grenzen die Grundlage für die Bemessung der Beiträge der Versicherten und der Leistungen bildet, müssen in der Pensionsversicherung der selbständig Erwerbstätigen die Einkünfte aus der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit als Grundlage für die Bemessung der Beiträge der Pflichtversicherten und auch für die Bemessung der Leistungen herangezogen werden. Während aber die Höhe des Lohnes bei den unselbständig Erwerbstätigen in der Regel von vornherein feststeht, kann der Nachweis über die Höhe der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit erst im nachhinein erbracht werden. Als Nachweis kommt praktisch nur der Einkommensteuerbescheid in Frage, in dem die Einkünfte des Steuerpflichtigen getrennt nach den Einkunftsarten ausgewiesen sind. Erfahrungsgemäß werden die Einkommensteuerbescheide aber erst zwei bis drei Jahre nach dem Veranlagungsjahr den Steuerpflichtigen zugestellt. Aus diesem Grunde werden nicht die Einkünfte des laufenden Versicherungsjahres, sondern die Einkünfte des drittvorangegangenen Kalenderjahres als Beitragsgrundlage herangezogen. Es wird hiebei angenommen, daß sich Änderungen in der Höhe der Einkünfte, die sich in der Zwischenzeit ergeben haben könnten, sei es, daß die Einkünfte höher, sei es, daß sie niedriger geworden sind, ausgleichen werden. Leistungsrechtlich kann diese Regelung, betreffend die Beitragsgrundlage, zu keinem Nachteil für den Versicherten führen, weil für die Bemessungsgrundlage die durchschnittliche Beitragsgrundlage der letzten zehn Kalenderjahre, das sind also die durchschnittlichen versicherungspflichtigen Einkünfte aus dem 12. bis 3. Kalenderjahr, vor dem Eintritt des Versicherungsfalles bzw. vor der Antragstellung maßgebend sein soll (siehe §66 des Entwurfes)."
Die RV zur 24. Nov. zum GSPVG, BGBl. 705/1976 (281 BlgNR XIV. GP, 20) führt - hieran anknüpfend - aus:
"Aus dieser Regelung, die unverändert beibehalten werden soll, ergeben sich jedoch für die Versicherten unterschiedliche Konsequenzen, und zwar je nachdem, ob ihre Einkünfte die Höchstbeitragsgrundlage erreichen bzw. übersteigen oder darunter liegen. Da die Höchstbeitragsgrundlage der Anpassung unterliegt und Jahr für Jahr entsprechend erhöht wird, werden die aus dem drittvorangegangenen Kalenderjahr stammenden Einkünfte der Versicherten, sofern sie über der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage liegen, anders behandelt als die Einkünfte jener Versicherten, die diese Grenze nicht erreichen. Die Versicherten mit entsprechend hohen Einkünften genießen daher einen gewissen Vorzug gegenüber den anderen Versicherten. Um diese unterschiedliche Auswirkung des geltenden Rechtes zu beseitigen, wird mit der vorgeschlagenen Fassung des §17 Abs2 bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage eine Anpassung der tatsächlichen Einkünfte des drittvorangegangenen Kalenderjahres durch die Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Geldwertveränderung in Aussicht genommen. Damit wird hinsichtlich der Beitragsbemessung, die sich später auch bei der Bemessung der Leistungen entsprechend auswirkt, erreicht, daß die Beitragsgrundlage ebenso wie dies mit der Obergrenze im Wege der Anpassung geschieht, den tatsächlichen Gegebenheiten eher entspricht. Für den Übergang auf das neue Recht soll für die Beitragsmonate des Kalenderjahres 1977 in Form einer Übergangsbestimmung eine Sonderregelung getroffen werden (ArtII Abs2 des Entwurfes)."
Von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §17 Abs1 GSPVG in der Stammfassung ist der Gerichtshof schon im Erk. 3721/1960 (S 186) ausgegangen. Die Zielsetzung der 24. Nov. ist gleichfalls nicht unsachlich. Erwägt man dazu noch, daß der Gesetzgeber im Interesse einer einheitlichen Handhabung zumindest berechtigt, wenn nicht aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebotes sogar verpflichtet ist, alle Angehörigen des einschlägigen Personenkreises gleich zu behandeln, so erweisen sich die Bedenken der Beschwerde gegen die Verfassungsmäßigkeit des §25 GSVG und der damit zusammenhängenden Gesetzesbestimmungen als offenkundig unbegründet. Selbständige Bedenken gegen die herangezogenen Verordnungen werden nicht vorgebracht.
Was die Hinzurechnung von Absetzbeträgen zur Steuerbemessungsgrundlage betrifft, übersieht die Beschwerde, daß dieser Teil des §25 Abs1 GSVG - gegen den betreffs der Worte "eine vorzeitige Abschreibung," allerdings bereits ein Gesetzesprüfungsverfahren im Gange ist - im Beschwerdefall mangels Vorliegens solcher Absetzbeträge keine Rolle spielt und seine allfällige Verfassungswidrigkeit die hier angewendete grundsätzliche Regelung über die Ermittlung der Beitragsgrundlagen auch nicht berührt, für diesen Fall also nicht präjudiziell ist.
Der VfGH hat gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles daher keine Bedenken. Die behauptete Rechtsverletzung liegt nicht vor. Da auch sonst eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, kann die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 VerfGG).
Schlagworte
Sozialversicherung, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B438.1980Dokumentnummer
JFT_10159391_80B00438_00