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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungBeachte
vgl. Kundmachung BGBl. 376/1984 am 27. 9. 1984Leitsatz
Stmk. Tierkörperverwertungsverordnung; Monopolstellung der Tierkörperverwertungsgesellschaft ist nicht unsachlich; die in §2 Abs2 zweiter Satz normierte unbeschränkte Einbeziehung bestimmter Schlachtungsabfälle widerspricht dem Gesetz; Kostenregelung in §10 Abs4 und 5 nicht gesetzwidrigSpruch
1. Der zweite Satz des §2 Abs2 der V des Landeshauptmannes von Stmk. vom 28. November 1979, LGBl. 90, über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (Tierkörperverwertungsverordnung) wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
2. Im übrigen wird den Anträgen keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Beim LG für ZRS Graz sind 16 - mit Beschluß dieses Gerichtes vom 16. Feber 1981, Z 7 Cg 650/80, gemäß §187 Abs1 ZPO verbundene - Verfahren über Klagen der Steirischen Tierkörperverwertungs-GesmbH gegen 16 Inhaber von Fleischhauereibetrieben, Schlachthöfen und sonstigen Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben anhängig. Die Klägerin begehrt in allen Fällen die Zahlung bestimmter Beträge, die nach ihrer Ansicht mit 31. Jänner und 31. März 1980 gemäß §10 Abs5 der Stmk. Tierkörperverwertungsverordnung, LGBl. 90/1979, (im folgenden kurz: TKVV) als Vorauszahlungen für das Jahr 1980 fällig geworden seien. Die Beklagten hätten die Zahlung verweigert.
Die Beklagten haben die kostenpflichtige Klagsabweisung beantragt und vor allem eingewendet, daß einige Bestimmungen der TKVV gesetzwidrig seien.
b) Das LG für ZRS Graz stellte mit Beschluß vom 30. März 1981, Z 7 Cg 650/80-7, aus Anlaß dieser Rechtsstreite beim VfGH zu dessen
Z V14/81 den auf Art89 Abs2 (und 139 Abs1 erster Satz) B-VG gestützten Antrag, das Wort "Schlachtabfälle" im §2 Abs1 Z2, den §2 Abs2 zweiter Satz sowie den §10 Abs4 und 5 TKVV als gesetzwidrig aufzuheben.
c) Der Landeshauptmann von Stmk. erstattete eine Äußerung, in der er begehrte, den Antrag, soweit er sich auf §2 Abs1 Z2 und §2 Abs2 TKVV bezieht, zurückzuweisen und dem Antrag, soweit er sich auf §10 Abs4 und 5 TKVV bezieht, keine Folge zu geben.
Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz erstattete gleichfalls eine Äußerung, in der er begehrte, dem Antrag des LG für ZRS keine Folge zu geben.
2. a) Beim BG für ZRS Graz war ein Rechtsstreit zwischen der Steirischen Tierkörperverwertungs-GesmbH als Klägerin und einem Fleischhauer als beklagte Partei anhängig gemacht worden. Die Klägerin hatte die Leistung eines bestimmten Betrages als Entgelt-Vorauszahlung gemäß §10 Abs5 TKVV für das laufende Kalenderjahr 1980 begehrt. Der Betrag war anhand der Zahl der vorgenommenen Schlachtungen, die die beklagte Partei angeblich im Vorjahr (1979) durchgeführt hatte, berechnet worden.
Das BG für ZRS Graz gab als Erstgericht dem Klagebegehren statt.
Dagegen erhob die beklagte Partei Berufung, in der angeregt wird, beim VfGH die Aufhebung bestimmter Stellen der TKVV zu beantragen.
b) Das LG für ZRS Graz stellte mit Beschluß vom 21. April 1981, Z 1b
R 51/81, aus Anlaß dieser bei ihm anhängigen Berufung beim VfGH zu dessen Z V15/81 den auf Art89 Abs2 (und 139 Abs1 erster Satz) B-VG gestützten Antrag, §1 sowie §10 Abs4 und 5 TKVV als gesetzwidrig aufzuheben.
c) Der Landeshauptmann von Stmk. und der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz erstatteten Äußerungen, in denen sie begehren, diesem Antrag des LG für ZRS Graz keine Folge zu geben.
II. 1. a) Die TKVV stützt sich ihrem Einleitungssatz zufolge auf die §§14 und 61 des Tierseuchengesetzes, RGBl. 177/1909, zuletzt geändert durch das BG BGBl. 220/1978 sowie auf die §§1 bis 5 und §6 Abs3 und 4 der - auf der Stufe eines (einfachen) Bundesgesetzes stehenden - Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Volksernährung vom 19. April 1919, StGBl. 241, idF des BG BGBl. 660/1977.
b) Die Vollzugsanweisung lautet:
"§1.
(1) Tierkörperverwertungsanstalten im Sinne dieser Vollzugsanweisung sind Anstalten, in welchen die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft, insbesondere aber die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß §14 Tierseuchengesetz gewährleistet ist.
(2) Solche Anstalten müssen unter ständiger amtstierärztlicher Überwachung stehen; die sanitäre Kontrolle obliegt dem Amtsarzte der politischen Behörde.
(3) Auf solche Anstalten finden, wenn sie gewerbsmäßig betrieben werden, auch die Bestimmungen der Gewerbeordnung Anwendung; desgleichen müssen sie im Sinne der Ministerialverordnung vom 30. August 1916, R.G.Bl. Nr. 277, die staatliche Ermächtigung einholen.
§2.
Die Tierkörperverwertungsanstalten sind verpflichtet, die einlaufenden Gegenstände auf Futter und Fett zu verarbeiten und diese Verarbeitung in rationellster Weise durchzuführen.
(1) Die Landesregierung" (nun: Der Landeshauptmann - vgl. VfSlg. 7670/1975) "kann anordnen, daß aus einem bestimmten Umkreise folgende Gegenstände an eine solche Anstalt abzuführen sind:
a) Alle Körper und Körperteile verendeter oder zum Zwecke der Beseitigung getöteter Tiere.
b) Die nach der Schlachtung zum menschlichen Genusse für untauglich befundenen ganzen Tiere oder Tierteile sowie die Schlachtungsabfälle.
Als Schlachtungsabfälle gelten zum menschlichen Genusse nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetriebe, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden.
c) Verdorbene Waren animalischer Herkunft.
(2) Die Bezirksbehörde kann in einzelnen Fällen aus triftigen Gründen nach eingeholten amtsärztlichen und amtstierärztlichen Gutachten Ausnahmen bewilligen.
§4.
(1) Der Besitzer von Gegenständen, die dem Ablieferungszwange nach §3 unterliegen, sowie derjenige, der solche Gegenstände in Obhut oder Verwahrung hat (Hirt, Schaffer, Verwalter, Begleiter von Tiertransporten und andere), ist verpflichtet, der Gemeindevorstehung unverzüglich im kürzesten Wege auf eigene Kosten anzuzeigen, daß ablieferungspflichtige Gegenstände abzuholen sind.
(2) Die Landesregierung" (nun: Der Landeshauptmann - vgl. VfSlg. 7670/1975) "ist ermächtigt, andere Stellen zu bezeichnen, an welche die Anzeige zu erstatten ist.
§5.
(1) Die Gemeindevorstehung hat die eingelaufene Anzeige unverzüglich im kürzesten Wege an die Tierkörperverwertungsanstalt weiterzuleiten; sie ist zur Überwachung der rechtzeitigen Abholung der Gegenstände berufen.
(2) Sie hat weiters über die aus ihrem Bereiche an die Tierkörperverwertungsanstalt abgegebenen Gegenstände Vormerkungen zu führen.
(3) Ebenso haben die Fleischbeschauer und Schlachthaustierärzte Vormerkungen über die abgelieferten Gegenstände zu führen.
§6.
(1) Die Landesregierung" (nun: Der Landeshauptmann - VfSlg. 7670/1975) "hat nähere Bestimmungen über die Anzeige, Verwahrung und Zufuhr der abzuliefernden Gegenstände zu treffen."
(Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 7936/1976 dargetan, daß der ursprünglich im §6 Abs1 enthaltene zweite Halbsatz nicht Eingang in die vom B-VG beherrschte Rechtsordnung gefunden hat).
"(2) Zur Zufuhr, Zerlegung der Tierkörper, allenfalls auch zu anderen Leistungen in der Anstalt, sind etwa vorhandene befugte Wasenmeister heranzuziehen.
(3) Der Landeshauptmann hat das Entgelt für die Einsammlung, die Abfuhr und die Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände in einem kostendeckend begrenzten Entgelttarif durch Verordnung festzulegen. Bei der Berechnung des Tarifs sind die voraussichtlichen durchschnittlichen Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sowie Rücklagen für die Erhaltung und Verbesserung der hiefür bestimmten Einrichtungen und für deren Amortisierung zu berücksichtigen.
(4) Die auf Grund des Entgelttarifes nach Abs3 zu entrichtenden Entgelte sind von den Besitzern von Gegenständen, die dem Ablieferungszwang nach §3 unterliegen, zu leisten.
§7.
Durch vorstehende Bestimmungen werden die Anordnungen der Tierseuchengesetze nicht berührt.
§8.
..." (Strafbestimmungen)
"§9.
Diese Vollzugsanweisung tritt mit dem Tage ihrer Kundmachung in Kraft."
c) Der VfGH hat ua. aus Anlaß dieser Verordnungsprüfungsverfahren die Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs2, des §3 und des §6 Abs1 und 3 der Vollzugsanweisung geprüft.
Mit Erk. vom 12. Dezember 1983, VfSlg. 9897/1983, hat er gemäß Art140 B-VG zu Recht erkannt, daß diese - auf der Stufe eines (einfachen) Bundesgesetzes stehenden - Vorschriften nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.
2. Die TKVV lautet auszugsweise:
"§1
(1) Die in der Steiermark anfallenden, dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände (§2) sind unter Einhaltung veterinär- und gesundheitspolizeilicher Vorschriften an die 'Steirische Tierkörperverwertungs-Ges.m.b.H.' mit dem Sitz in Landscha an der Mur (im folgenden kurz 'Tierkörperverwertungsanstalt' genannt) zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern.
(2) Die Tierkörperverwertungsanstalt hat auf Grund dieser Verordnung und der mit dem Land Steiermark eingegangenen vertraglichen Verpflichtung die anfallenden Gegenstände einzusammeln, abzuführen, zu beseitigen oder zu verwerten.
§2
(1) Folgende Gegenstände unterliegen dem Ablieferungszwang, und zwar:
1. Alle Körper verendeter oder totgeborener oder zum Zweck der Beseitigung getöteter Tiere,
2. alle nach der Schlachtung zum menschlichen Genuß für untauglich befundenen Tierkörper sowie die Schlachtabfälle,
3. verdorbene Waren animalischer Herkunft.
(2) Unter Tierkörper sind auch einzelne Tierkörperteile zu verstehen; dazu zählen auch Blut, Haut, Klauen, Federn, Borsten und andere Abfallprodukte. Als Schlachtabfälle gelten die zum menschlichen Genuß nicht verwertbaren Abfälle (Tierkörperteile) in Schlachtbetrieben sowie Betrieben und Anstalten, in denen tierische Abfälle anfallen, soweit sie nicht anderweitig für industrielle Zwecke - ausgenommen jedoch zur Herstellung von tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten - Verwendung finden.
§3
(1) Ausnahmen von der Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung oder Verwertung in der Tierkörperverwertungsanstalt sind von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bewilligen, wenn diese Maßnahmen aus wirtschaftlichen und technischen Gründen unzumutbar sind. In solchen Fällen hat die Beseitigung nach §14 des Tierseuchengesetzes zu erfolgen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Landeshauptmann von dieser Bewilligung zu verständigen.
(2) Die Verfütterung von Schlachtabfällen von gesunden geschlachteten Tieren ist nur in gekochtem Zustand zulässig. Der Verkauf oder die sonstige Abgabe dieser Gegenstände als Futtermittel, Fleisch oder Dünger bedarf der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde, die zu versagen ist, wenn gesundheits- oder veterinärpolizeiliche Bedenken bestehen.
...
§10
(1) Für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der nach §2 abzuliefernden Gegenstände sind kostendeckende Entgelte zu entrichten. Die Höhe dieser Entgelte ist in der einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage festgelegt (Tarif).
(2) Die Entgelte nach Z1 des Tarifs sind von den Gemeinden, die Entgelte nach Z2 des Tarifs von den jeweiligen Betriebsinhabern an die Tierkörperverwertungsanstalt zu leisten. Die Gemeinden sind berechtigt, einen Teil des auf sie entfallenden Kostenanteiles auf die Zucht- und Nutztierhalter zu überwälzen.
(3) Die auf die Gemeinden jährlich entfallenden Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sind von der Tierkörperverwertungsanstalt gemäß Z1 des Tarifs auf Grund der letzten amtlichen Viehzählung oder Schätzung zu berechnen und den Gemeinden bis spätestens Ende März eines jeden Jahres bekanntzugeben.
(4) Die auf Fleischhauereien, Schlachtstätten, Schlachthöfe, sonstige Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe jährlich entfallenden Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sind von der Tierkörperverwertungsanstalt gemäß Z2 des Tarifs an Hand der Schlachtziffern und Mengen an zugekauftem Fleisch des Vorjahres zu berechnen und den Betriebsinhabern bis spätestens Ende März eines jeden Jahres bekanntzugeben.
(5) Die Gemeinden und Betriebsinhaber haben auf die für das gesamte laufende Kalenderjahr entfallenden Entgelte Vorauszahlungen in 6 gleichen Teilbeträgen jeweils bis spätestens Ende der Monate Jänner, März, Mai, Juli, September und November an die Tierkörperverwertungsanstalt zu leisten. Die Tierkörperverwertungsanstalt hat die Gesamtabrechnung bis spätestens Ende März eines jeden Jahres durchzuführen und den Betriebsinhabern bzw. Gemeinden bekanntzugeben.
(6) Die nach Abs3 und 4 errechneten Kosten sind vom Landeshauptmann zu überprüfen, wobei der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark, der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark, dem Steiermärkischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund ein Anhörungsrecht zusteht.
§11
(1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 1980 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Tierkörperverwertungsverordnung, LGBl. Nr. 128/1961, außer Kraft."
III. Zu den Prozeßvoraussetzungen:
Hiezu genügt es, auf das hg. Erk. VfSlg. 9897/1983 (s. oben II.1.c) zu verweisen. Darin wird unter III.2.b.aa (S 17 f.) ausführlich begründet, daß beide Verordnungsprüfungsanträge des LG für ZRS Graz zur Gänze zulässig sind.
IV. Zur Sache:
1. a) Den zu V14/81 gestellten Antrag begründet das LG für ZRS Graz wie folgt:
Die Textierung des §2 Abs2 zweiter Satz und die Anführung der "Schlachtungsabfälle" schlechthin im §2 Abs1 Z2 TKVV stehe mit §3 Abs1 litb zweiter Satz der Vollzugsanweisung (im folgenden kurz: Gesetz) in Widerspruch, da diese Verordnungsbestimmungen die im Gesetz enthaltene Einschränkung vermissen ließen.
§10 Abs4 der V sei nicht durch das Gesetz (§6 Abs3 und 4 der "Vollzugsanweisung" idF des BG BGBl. 660/1977) gedeckt. Die V schränke nämlich einerseits die Zahlungspflicht auf Fleischhauer, Schlachtstätten, Schlachthöfe und sonstige Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe ein; sie löse andererseits deren Zahlungspflicht von den von ihnen zur Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung abgelieferten Gegenständen los und schreibe vor, daß die Zahlungspflicht anhand der Schlachtziffern des Vorjahres zu berechnen und daß auch das von den Betriebsinhabern zugekaufte Fleisch der Berechnung zugrunde zu legen sei.
Was die Vorauszahlungsverpflichtung für Betriebsinhaber nach §10 Abs5 TKVV anlangt, verweist das antragstellende Gericht auf "das vorangegangene in Verbindung mit Abs4". Eine Vorauszahlung von Entgelten für Leistungen der Tierköperverwertungsanstalt, die von den Ablieferungspflichtigen noch gar nicht in Anspruch genommen wurden, sei in dem der V zugrunde liegenden Gesetz überhaupt nicht vorgesehen.
b) Das LG für ZRS Graz begründet den zu V15/81 gestellten Verordnungsprüfungsantrag zunächst damit, daß §1 TKVV der Steirischen Tierkörperverwertungsgesellschaft eine durch das Gesetz nicht gedeckte Monopolstellung für das gesamte Bundesland Stmk. einräume.
Darüber hinaus widerspräche "dem von der Kostendeckung als Grenze getragenen Entgeltgedanken des Gesetzgebers die im §10 Abs4 und 5" TKVV "normierte Berechnung des Tarifes anhand der Schlachtziffern und Mengen an zugekauftem Fleisch des Vorjahres und die Vorauszahlungspflicht der Gemeinden und der Betriebsinhaber in sechs gleichen Teilbeträgen auf dieser Basis für das laufende Kalenderjahr ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Ausmaß bei diesen ablieferungspflichtige Gegenstände in diesem Zeitraum anfallen."
2. Zu diesen Bedenken hat der VfGH im einzelnen erwogen:
a) Zu §1 TKVV:
Aus den §§1 und 3 des zitierten Gesetzes ergibt sich die Verpflichtung des Landeshauptmannes, eine geeignete Anstalt mit der Durchführung dieses Gesetzes zu betrauen. Bedenken dagegen, daß die Steirische Tierkörperverwertungs-GesmbH geeignet wäre, hat das antragstellende Gericht nicht vorgebracht. Das Gesetz schreibt nicht vor, ob für ein bestimmtes Gebiet des Bundeslandes oder für das gesamte Bundesland eine einzige geeignete Anstalt oder mehrere geeignete Anstalten mit der Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierköperteilen zu betrauen sind. Das Gesetz überläßt diese Entscheidung dem Landeshauptmann, der darauf bedacht zu sein hat, die zweckmäßigste Lösung zu treffen. In dieser Hinsicht trägt das LG für ZRS Graz keine Bedenken vor.
Es ist auch nicht unsachlich, wenn hier der Steirischen Tierkörperverwertungsgesellschaft eine Monopolstellung eingeräumt wurde. Die unschädliche Beseitigung der im §2 TKVV erwähnten Gegenstände ist im besonderen Interesse der Volksgesundheit geboten. Dies erfordert, daß die Tierkörperbeseitigung jederzeit ordnungsgemäß funktioniert. Gewähr dafür bieten nur wirtschaftlich gefestigte Unternehmen. Es ist daher nicht unsachlich, die Tierkörperbeseitigung bei einem hiefür geeigneten Unternehmen zu konzentrieren. Der Normsetzer konnte nämlich erwarten, daß damit ein wirtschaftlich gefestigtes Unternehmen die in der TKVV vorgesehenen, im besonderen öffentlichen Interesse gelegenen Aufgaben besorgt und daß so deren jederzeitige ordnungsgemäße Erfüllung garantiert ist (vgl. VfSlg. 8765/1980). Im Hinblick auf die außerordentliche Bedeutung für die Volksgesundheit ist es auch gerechtfertigt, die erforderlichen behördlichen Kontrollen dadurch besonders effektiv zu gestalten, daß die Tierkörperbeseitigung konzentriert erfolgt (vgl. VfSlg. 9869/1983).
Die gegen §1 TKVV vorgebrachten Bedenken treffen sohin nicht zu. Dem Antrag, diese Bestimmung aufzuheben, war daher keine Folge zu geben.
b) Zu Teilen des §2 TKVV:
Der behauptete Widerspruch zwischen den auf den Ablieferungszwang von Schlachtungsabfällen bezughabenden Bestimmungen des §3 Abs1 litb des Gesetzes (der Vollzugsanweisung) und des §2 der V (der TKVV) liegt jedoch tatsächlich vor:
Dem §3 Abs1 litb zweiter Satz des Gesetzes zufolge gelten als Schlachtungsabfälle "zum menschlichen Genusse nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetriebe, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden". Nur derartige Gegenstände dürfen - wie sich aus der Einleitung des §3 Abs1 der Vollzugsanweisung ergibt - vom Landeshauptmann der Ablieferungspflicht unterworfen werden.
Das LG für ZRS Graz macht zu Recht geltend, daß die zitierte Gesetzesbestimmung Gegenstände vom (zunächst allgemein vorgesehenen) Ablieferungszwang (wieder) ausnimmt, die TKVV sie aber in die Ablieferungspflicht einbezieht.
Zum einen sieht das Gesetz eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht für alle Schlachtungsabfälle vor, die direkt als Dünger verwendet werden. Eine entsprechende Ausnahmebestimmung kennt weder §2 Abs2 zweiter Satz TKVV noch eine andere Vorschrift dieser V. Insbesondere beseitigt - entgegen der vom Vertreter des Landeshauptmannes von Stmk. in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 1983 geäußerten Meinung - §3 Abs2 TKVV den erwähnten Widerspruch zum Gesetz nicht, da diese Verordnungsbestimmung lediglich erlaubt, Ausnahmebewilligungen für Schlachtabfälle zu erteilen, die ua. als Dünger verwendet werden sollen; damit aber wird die vom Gesetz vorgesehene allgemeine Befreiung dieser Gegenstände vom Ablieferungszwang nicht bewirkt. Dazu kommt, daß von der Vorschrift des §3 Abs2 TKVV lediglich solche Schlachtabfälle erfaßt werden, die von gesunden geschlachteten Tieren stammen, während das Gesetz diese Einschränkung nicht kennt.
Zum anderen nimmt das Gesetz alle Schlachtungsabfälle vom Ablieferungszwang aus, die "direkt anderweitig für industrielle Zwecke" Verwendung finden. Die TKVV formuliert im §2 Abs2 zweiter Satz die vergleichbare Bestimmung dahin, daß alle "Schlachtabfälle" (dieses Wort ist wohl ein Synonym für "Schlachtungsabfälle") nicht abgeliefert zu werden brauchen, die "anderweitig für industrielle Zwecke - ausgenommen jedoch zur Herstellung von tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten - Verwendung finden". Dem §3 Abs1 litb zweiter Satz des Gesetzes zufolge können industriell verwendete Schlachtungsabfälle nur dann als ablieferungspflichtig erklärt werden, wenn sie nicht direkt dieser Verwendung zugeführt werden.
§2 Abs2 zweiter Satz der V hingegen unterwirft dem Ablieferungszwang solche industriell verwendeten Schlachtungsabfälle, die der Herstellung von tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten dienen.
Das Gesetz zielt in erster Linie auf die unschädliche Beseitigung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten ab; dies zwecks Hintanhaltung und Bekämpfung von Tierseuchen und vor allem zwecks Abwehr von Gefahren, die der Volksgesundheit bei der Verwertung tierischer Produkte drohen (vgl. VfSlg. 7936/1976 und 9897/1983). Die Vorschriften des Gesetzes, die eine bestimmte Verwendungsart vorschreiben (§2), sind bloß begleitende Nebenbestimmungen (vgl. VfSlg. 7936/1976, S 370).
Die Worte "direkte Verwendung" im §3 Abs1 litb zweiter Satz des Gesetzes sind sohin (bei einer am Zweck des Gesetzes orientierten Auslegung) dahin zu verstehen, daß die Ablieferungspflicht dann nicht besteht, wenn die Schlachtungsabfälle derart industriell verwendet werden, daß die obigen Gefahren - insbesondere durch Ausschaltung von Zwischenhändlern sowie von Zwischenlagerungen und Zwischenverwertungen - hintangehalten werden.
Die industrielle Verwertung von Schlachtungsabfällen zu tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten kann nun durchaus "direkt" (iS der zitierten Gesetzesbestimmung) auch anderweitig, dh. außerhalb von Tierkörperverwertungsanstalten, gefahrlos erfolgen. Eine Einschaltung der Tierköperverwertungsanstalten ist hier nicht unbedingt geboten, um den erwähnten Gefahren vorzubauen. So ist etwa die Verwertung der in Rede stehenden Gegenstände in speziellen Fettschmelzereien gefahrlos möglich, wie dies das faktische Bestehen derartiger Betriebe in anderen Bundesländern beweist. Derartige Fettschmelzereien pflegen - anders als die Tierkörperverwertungsanstalten - die übernommenen Produkte zu sortieren und damit eine höhere Wertschöpfung (wenngleich mit größeren Kosten) als die Tierkörperverwertungsanstalten zu erzielen. Damit wird jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, daß eine Verwertung der Gegenstände nicht auch in Tierkörperverwertungsanstalten technisch und wirtschaftlich möglich und vom Gesetz erlaubt ist (s. §2 der Vollzugsanweisung).
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die verordnungsmäßige Einbeziehung der Schlachtungsabfälle, die der industriellen Herstellung von tierischem Eiweißfutter und tierischen Fetten dienen, in die Ablieferungspflicht dem Gesetz ebenso widerspricht wie die uneingeschränkte Einbeziehung von Schlachtungsabfällen, die als Dünger Verwendung finden.
Diese Gesetzwidrigkeit kann durch Aufhebung bloß des §2 Abs2 zweiter Satz der TKVV beseitigt werden, der die Schlachtungsabfälle auf eine der Vollzugsanweisung entgegenstehende Weise definiert. Nach Aufhebung dieses Satzes enthält die TKVV keine Begriffsbestimmung des Wortes "Schlacht(ung)sabfälle" mehr. Das vom LG für ZRS Graz weiters angefochtene Wort "Schlachtabfälle" im §2 Abs1 Z2 TKVV ist nun iS des §3 Abs1 litb zweiter Satz des Gesetzes zu verstehen und widerspricht sohin nicht (mehr) dem Gesetz.
Der zweite Satz des §2 Abs2 TKVV war sohin als gesetzwidrig aufzuheben. Dem Antrag auf Aufhebung des Wortes "Schlachtabfälle" im §2 Abs1 Z2 TKVV war jedoch keine Folge zu geben.
Die Verpflichtung zur Kundmachung des Ausspruches über die Aufhebung ergibt sich aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG. Sie trifft dieser Verfassungsbestimmung zufolge den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz als die zuständige oberste Behörde des Bundes. Die aufgehobene Verordnungsbestimmung wurde nämlich vom Landeshauptmann als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung erlassen.
Die anderslautende Judikatur (VfSlg. 7661/1975), wonach in einem vergleichbaren Fall der Landeshauptmann zur Kundmachung verpflichtet wurde, erging zu einer anderen Rechtslage, nämlich zu Art139 Abs2 erster Satzteil B-VG idF vor der Nov. BGBl. 302/1975.
c) Zu §10 Abs4 und 5 TKVV:
Die TKVV regelt nur die Entgelte, die von den Gemeinden und von den Betriebsinhabern (§10 Abs4 erster Halbsatz TKVV) zu entrichten sind. Das ist insofern verständlich, als die V offenbar davon ausgeht, daß alle dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände (§2), die nicht bei Betriebsinhabern anfallen, dem Bürgermeister anzuzeigen sind, und daß für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung dieser Gegenstände die Gemeinden der Tierkörperverwertungsanstalt gegenüber zahlungspflichtig sind.
Der VfGH hat in seinem Erk. vom 12. Dezember 1983, VfSlg. 9897/1983, (s. oben II.1.c) zu §6 Abs3 des Gesetzes folgendes dargetan:
"Der Begriff 'kostendeckendes Entgelt' ist sehr wohl mit konkretem Inhalt zu füllen, zumal der zweite Satz des §6 Abs3 nähere Anhaltspunkte für die Berechnung des Entgelttarifes bietet (vgl. hiezu die Judikatur des VfGH zu den Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen (zB VfSlg. 8847/1980, 8998/1980), wonach sich aus dem sogenannten Äquivalenzprinzip das Gebot ergibt, die Gebühren kostendeckend festzusetzen).
Wenn es hier der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber überlassen hat, die Zahlungsmodalitäten festzulegen, so ist dagegen nichts einzuwenden:
Soll eine Entgeltregelung vollständig sein, so hat sie auch die Zahlungsmodalitäten zu enthalten. Das Verhalten des Verordnungsgebers wird auch in dieser Hinsicht ausreichend vorausbestimmt, weil aus dem Gebot, ein kostendeckendes Entgelt zu bestimmen, auch hervorgeht, wie Zahlungsmodalitäten, die diesem Gesetzesauftrag entsprechen, beschaffen sein müssen. Hiebei steht dem Verordnungsgeber zwar ein weiter Spielraum offen; dieser wird aber einerseits auf eine dem Art18 B-VG genügende Weise durch das auch in diesem Zusammenhang zu beachtende Sachlichkeitsgebot, andererseits dadurch begrenzt, daß der Gesetzgeber offenkundig davon ausgeht, die Zahlungsmodalitäten hätten dem üblichen Schema zu entsprechen.
Diese Determinanten ermöglichen es dem VfGH (allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen) zu überprüfen, ob eine Entgelt-Verordnung dem §6 Abs3 VA entspricht."
Das Gesetz überläßt es dem Verordnungsgeber, auf welche Weise er die Umlegung der Kosten auf die Benützer vornimmt, ob nämlich nach den konkret abgelieferten Gegenständen oder aber nach einer anderen Methode, die sinnvolle Annäherungswerte ergibt.
Zweck des Gesetzes (der Vollzugsanweisung) ist die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft, insbesondere aber die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß §14 Tierseuchengesetz (s. §1 Abs1 der Vollzugsanweisung; vgl. VfSlg. 9897/1983 S 20). Zur Erreichung dieses Zieles ist es erforderlich, vorzusorgen, daß alle ablieferungspflichtigen Gegenstände auch tatsächlich abgeliefert werden.
Abgesehen davon, daß es offenbar iS einer Verrechnungsvereinfachung sowohl für die Behörde als auch für die Betriebsinhaber liegt, wenn die TKVV die zweite der oben dargestellten Berechnungsmethoden gewählt hat, legt es eine Sinninterpretation geradezu nahe, sowohl auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere (die "Schlachtziffern"), als auch auf das im Betrieb verarbeitete, nicht aus eigenen Schlachtungen stammende Fleisch (die "Mengen an zugekauftem Fleisch") abzustellen und nicht etwa auf die tatsächlich abgelieferten Gegenstände iS des §2 TKVV; diesfalls wäre nämlich der Anreiz, die Ablieferungspflicht zu verletzen, wesentlich größer als bei der verordnungsmäßig getroffenen Regelung.
Aus der Menge des beim Betriebsinhaber anfallenden Fleisches ergibt sich bei einer - hier gemäß §6 Abs3 zweiter Satz des Gesetzes gebotenen - Durchschnittsbetrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Menge der anfallenden Gegenstände iS des §2
TKVV.
Daß die verordnungsmäßig im Tarif festgelegten Ansätze je geschlachtetes Tier überhöht (also mehr als kotendeckend) seien, wird vom antragstellenden Gericht nicht geltend gemacht.
§6 Abs3 zweiter Satz des Gesetzes spricht auch von den "voraussichtlichen durchschnittlichen Kosten". Allein schon daraus ergibt sich die Ermächtigung des Verordnungsgebers, Akontozahlungen vorzuschreiben. Diese im §10 Abs5 erster Satz TKVV als "Vorauszahlungen" bezeichneten Entgelte sind tatsächlich nicht Zahlungen für erst künftig zu erbringende Leistungen der Tierkörperverwertungsgesellschaft, sondern vorläufig Entgelte für Leistungen in den vorangegangenen zwei Monaten, die dann auf die bis spätestens Ende März des folgenden Jahres zu erstellende Endabrechnung anzurechnen sind (§10 Abs5 letzter Satz TKVV). Es ist nicht einzusehen, weshalb diese - durchaus übliche - Abrechnungsmethode dem Grundsatz, daß die Entgelte nicht höher als kostendeckend sein dürfen, widersprechen sollte.
Da die vom Gericht vorgebrachten Bedenken gegen §10 Abs4 und 5 TKVV nicht zutreffen, war den Anträgen, diese Verordnungsbestimmungen als gesetzwidrig aufzuheben, keine Folge zu geben.
Auf das Vorbringen der Beteiligten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH vom 12. März 1984, daß die vorgeschriebenen Entgelte mehr als kostendeckend seien, da die Tierkörperverwertungsgesellschaft gewinnbringend arbeite, war nicht einzugehen, da derartige Bedenken in den Prüfungsbeschlüssen des LG für ZRS Graz nicht vorgebracht worden sind (vgl. zB VfSlg. 9287/1981, S 371 f. und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).
Schlagworte
VfGH / Bedenken, Tierkörperverwertung, Monopolwesen, Organe Oberste, VfGH / Verwerfungsumfang, Bundesverwaltung mittelbare, AuslegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V14.1981Dokumentnummer
JFT_10159388_81V00014_00