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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktBeachte
ähnlich Erk. B38/79 vom selben TagLeitsatz
Nö. Jagdgesetz; Abweisung eines Ansuchens auf Bestellung eines Jagdverwalters unter Berufung insbesondere auf §39 Abs5; keine Willkür; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Jagdausschuß der Jagdgenossenschaft Kleinrust hat am 6. März 1977 einstimmig beschlossen, das bestehende Pachtverhältnis mit der Jagdgesellschaft Kleinrust für die Jagdperiode 1978 bis 1983 zu verlängern. Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten hat mit Bescheid vom 2. Mai 1977, Z IX-K-24/2-1977, die Verlängerung genehmigt. Die Bf. haben als Grundeigentümer im Genossenschaftsjagdgebiet Kleinrust dagegen Berufung erhoben, die mit Bescheid der Nö. Landesregierung vom 23. März 1978, Z VI/4-676/1-1977, abgewiesen wurde. Dagegen haben die Bf. die Beschwerde B275/78 beim VfGH erhoben. Dem Antrag, dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gab der VfGH mit Beschluß vom 10. Juni 1978, B275/78-7, mit der Begründung Folge, daß dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden und nach Abwägung aller berührten Interessen mit der Ausübung der mit dem angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die Bf. ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Bf. haben am 1. September 1978 den Antrag an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten gestellt, für die Genossenschaftsjagd Kleinrust einen Jagdverwalter zu bestellen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 30. Oktober 1978, Z IX-K-24/2-1977, gemäß §43 Nö. Jagdgesetz (JG) abgewiesen. Der dagegen von den Bf. erhobenen Berufung gab die bel. Beh. mit Bescheid vom 15. Dezember 1978, Z VI/4-J-148/7-1978, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 iVm. §§42, 43 und 39 Abs5 Nö. JG nicht Folge. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, zu Beginn der Jagdperiode am 1. Jänner 1978 habe die Jagdgesellschaft Kleinrust infolge des noch anhängigen Berufungsverfahrens iS des §39 Abs5 Nö. JG als Pächterin der Genossenschaftsjagd gegolten. Sie sei mit der Zustellung des Berufungsbescheides vom 23. März 1978 bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des VfGH vom 10. Juni 1978 de iure Pächterin gewesen. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Verfahren in jenes Stadium zurückgetreten, in dem es sich vor Zustellung des Berufungsbescheides befunden habe. Bis zur Zustellung des Berufungsbescheides finde §39 Abs5 Nö. JG Anwendung, wonach der Pächter bis zu einer rechtskräftigen Außerkraftsetzung der Verpachtung als Pächter gelte. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VfGH könne nur den in Beschwerde gezogenen Bescheid und dessen Rechtswirkungen, nicht aber den Bescheid erster Instanz und die mit diesem verbundenen Wirkungen umfassen. Nachdem die Jagdgesellschaft Kleinrust als Pächterin gelte, sei die Bestellung eines Jagdverwalters nicht erforderlich. Die Auffassung der Bf. daß nach §42 Abs1 Nö. JG auch dann ein Genossenschaftsjagdverwalter zu bestellen sei, wenn der Verpachtung noch nicht rechtskräftig die Genehmigung erteilt worden sei, erscheine auch im Hinblick auf §42 Abs2 Nö. JG nicht zutreffend, zumal nach dieser Bestimmung binnen drei Monaten die Verpachtung für den Rest der Jagdperiode in die Wege zu leiten sei. Da aber die vom Jagdausschuß Kleinrust beschlossene Verpachtung aufrecht sei, würde der Fall eintreten, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung zwei verschiedene Pächter vorhanden wären. Dieses Ergebnis würde jedenfalls zu einer rechtlichen Verunsicherung führen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Bf. die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend machen und den Antrag stellen, den angefochtenen Bescheid als verfassungswidrig aufzuheben.
Die bel. Beh. und die beteiligten Parteien Jagdgenossenschaft Kleinrust und Jagdgesellschaft Kleinrust erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie den Antrag stellten, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die beteiligten Parteien stellten überdies den Antrag auf Ersatz der Kosten des Verfahrens.
2. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
2.1. Die von den Bf. geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG wird damit begründet, aus dem Beschluß des VfGH B275/78-7 gehe grundsätzlich hervor, daß eine Bestellung eines Genossenschaftsjagdverwalters durch den Jagdausschuß bzw. die Bezirksverwaltungsbehörde zwingend erforderlich sei. Die Meinung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde entfalte ihre Wirkung nur auf den angefochtenen Bescheid, nicht aber auf den Bescheid erster Instanz, sei rechtsirrig. Die bel. Beh. gehe willkürlich an den Bestimmungen des §85 Abs2 VerfGG 1953 vorbei.
2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
2.3. Die §§39 bis 43 des Nö. JG lauten:
"§39
Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens
(1) Der Jagdausschuß kann eine Genossenschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens verpachten, wenn eine derartige Verpachtung entweder im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft gelegen ist.
(2) Der auf die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens lautende Beschluß des Jagdausschusses ist während der ersten Hälfte des letzten Jagdjahres der laufenden Jagdperiode zu fassen. Wenn das Pachtverhältnis im Laufe der Jagdperiode erlischt oder rechtskräftig aufgelöst wird, ist der auf die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens lautende Beschluß binnen sechs Wochen nach Rechtskraft des Bescheides, mit dem das Erlöschen festgestellt oder das Pachtverhältnis aufgelöst wird, zu fassen.
(3) Die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Der Beschluß des Jagdausschusses hat den Namen des Pächters, die Höhe des Pachtschillings und die für die freihändige Verpachtung maßgebenden Gründe zu enthalten. Um die Erteilung der Genehmigung hat der Jagdausschuß unverzüglich nach Beschlußfassung unter Vorlage einer Ausfertigung des Beschlusses anzusuchen.
(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Genehmigung zu versagen, wenn die Voraussetzungen der Abs1 bis 3 nicht vorliegen.
(5) Wird gegen die Genehmigung einer Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens berufen, so gilt derjenige, dem die Genossenschaftsjagd verpachtet wurde, bis zur rechtskräftigen Außerkraftsetzung dieser Verpachtung als Pächter dieser Jagd.
(6) Die Bestimmungen des §25 Abs2, §26, §27, §28 Abs2, §29 lita, §33, §34, §35, §36, §37 und §38 finden auf die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens sinngemäß Anwendung.
§40
Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses
(1) Der Jagdausschuß kann das bestehende Jagdpachtverhältnis für die folgende Jagdperiode verlängern, wenn eine Verlängerung entweder im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft gelegen ist. Der Beschluß ist im vorletzten Jagdjahr oder während der ersten Hälfte des letzten Jagdjahres der laufenden Jagdperiode zu fassen.
(2) Die Bestimmungen des §39 Abs3 bis 6 finden auf die Verlängerung sinngemäß Anwendung.
§41
Ausfertigung des Pachtvertrages
(1) Nach rechtskräftiger Genehmigung der im Wege der öffentlichen Versteigerung (§§28 ff) oder des freien Übereinkommens (§39) vorgenommenen Verpachtung der Genossenschaftsjagd oder nach Zuerkennung eines Vorpachtrechtes im Sinne des §14 Abs3 und 4 hat der Obmann des Jagdausschusses den Pachtvertrag unter Verwendung des von der Landesregierung im Verordnungswege festzusetzenden Vertragsmusters auszufertigen.
(2) In den Pachtvertrag ist jedenfalls die Bestimmung aufzunehmen, daß der Jagdpächter verpflichtet ist, bei Ablauf des Pachtverhältnisses das Jagdgebiet mit einem den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Wildstand der Jagdgenossenschaft zu übergeben und zu diesem Zwecke in den letzten beiden Pachtjahren nicht mehr Wild abzuschießen, als dem Durchschnitt der Strecken in den vorhergehenden Pachtjahren entspricht.
(3) Der Pachtvertrag ist von dem Obmann und einem Mitglied des Jagdausschusses sowie von dem Pächter zu unterfertigen und sodann der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen, welche nach Überprüfung der Vertragsausfertigung die erfolgte Genehmigung der Verpachtung auf dem Pachtvertrage zu bestätigen hat.
§42
Genossenschaftsjagdverwalter
(1) Wenn zu Beginn der Jagdperiode eine den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Verpachtung der Genossenschaftsjagd nicht erfolgt ist oder ein bestehendes Pachtverhältnis im Laufe der Jagdperiode erlischt oder aufgelöst wird, so ist für die Zeit bis zur Verpachtung ein Genossenschaftsjagdverwalter zur Ausübung der Jagd und zur Betreuung des Genossenschaftsjagdgebietes zu bestellen.
(2) Ungeachtet der erfolgten Bestellung eines Genossenschaftsjagdverwalters ist binnen drei Monaten die Verpachtung für den Rest der Jagdperiode in die Wege zu leiten.
(3) Kommt eine Verpachtung gemäß Abs2 nicht zustande, dann ist eine Versteigerung vorzunehmen, sobald angenommen werden kann, daß diese erfolgversprechend ist.
§43
Bestellung des Genossenschaftsjagdverwalters
(1) Der Genossenschaftsjagdverwalter ist durch den Jagdausschuß zu bestellen; die Bestellung bedarf der Genehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde. Unterläßt der Jagdausschuß die Bestellung innerhalb einer von der Bezirksverwaltungsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Genossenschaftsjagdverwalter zu bestellen.
(2) Als Genossenschaftsjagdverwalter können nur solche Personen bestellt werden, die zur Pachtung eines Genossenschaftsjagdgebietes im Sinne der Bestimmungen des §26 Abs1 zugelassen sind und nach ihrer bisherigen jagdlichen Betätigung die Gewähr für eine den Interessen der Jagdwirtschaft und den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Jagdausübung bieten.
(3) Wenn der Genossenschaftsjagdverwalter in der Folge den gesetzlichen Anforderungen oder den ihm obliegenden Verpflichtungen nicht entspricht, hat die Bezirksverwaltungbehörde über Antrag des Jagdausschusses oder allenfalls von Amts wegen die Bestellung eines anderen Genossenschaftsjagdverwalters zu veranlassen, insoferne sich nicht die Möglichkeit einer Versteigerung des Genossenschaftsjagdgebietes ergibt (§42 Abs2 und 3)."
2.4. Daß die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften - insbesondere §§39, 42 und 43 Nö. JG - in Widerspruch zum Gleichheitssatz stünden, behaupten die Bf. nicht. Auch der VfGH hegt aus der Sicht dieses Beschwerdefalles keine solchen Bedenken.
Da es auch an jeglichen Hinweisen dafür fehlt, daß die bel. Beh. den anzuwendenden Bestimmungen fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte, könnte das Gleichheitsrecht lediglich verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre. Davon kann jedoch keine Rede sein.
Die bel. Beh. kam in der Begründung des angegochtenen Bescheides zu dem Ergebnis, die aufschiebende Wirkung der damals von den Bf. zu B275/78 erhobenen Beschwerde bestehe darin, daß die Jagdgesellschaft Kleinrust für die Dauer des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht Pächterin der Jagd sei, sondern als solche gelte. In Anbetracht der Rechtslage kann der bel. Beh. nicht der Vorwurf gemacht werden, daß der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch stünde, was entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 8783/1980) den Vorwurf der Willkür rechtfertigen würde. Anhaltspunkte dafür, daß sich die bel. Beh. bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Bf. gelegenen oder anderen unsachlichen Erwägungen habe leiten lassen, sind aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht erkennbar.
Eine Gleichheitsverletzung liegt somit nicht vor. Die Prüfung der Frage, ob die Behörde richtig entschieden hat, fällt nicht in die Zuständigkeit des VfGH.
2.5. Die Bf. machen ferner geltend, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein. Sie sehen diese Rechtsverletzung darin, daß die Behörde erster Instanz auf Weisung der Oberbehörde eine Entscheidung in bestimmter Richtung gefällt habe.
Wie der VfGH in seinem Erk. VfSlg. 4233/1962 ausgeführt hat, kann es aufgrund der in Art20 B-VG vorgesehenen Regelung nicht verfassungswidrig sein, wenn der Inhalt eines Bescheides der unteren Instanz von der Weisung der Oberbehörde bestimmt wird. Es wäre, wie der VfGH in VfSlg. 4464/1963 dargetan hat, selbst nicht verfassungswidrig, wenn bei Erlassung eines Bescheides die eigene Willensbildung der nachgeordneten Verwaltungsbehörde durch die Erteilung einer Weisung seitens der vorgesetzten Behörde gänzlich ausgeschaltet worden wäre (vgl. VfSlg. 7772/1976).
Die Bf. sind demnach durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Jagdrecht, Genossenschaftsjagd, Weisung, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B53.1979Dokumentnummer
JFT_10159387_79B00053_00