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E6JNorm
61997CJ0212 Centros VORAB;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2005/14/0122 E 20. September 2006Rechtssatz
Dem Beschwerdefall liegt die Konstellation zu Grunde, dass eine Kapitalgesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat der EU gegründet worden ist, die den Sitz der Hauptverwaltung und Geschäftsleitung in Österreich hat und im Hinblick auf die Judikatur des EuGH (EuGH-Entscheidungen vom 9. März 1999 Centros, Rs C-212/97, vom 5. November 2002, Überseering, Rs C-208/00, und vom 30. September 2003, Inspire Art, Rs C-167/01) in Österreich als juristische Person anerkannt wird. Jedenfalls in Bezug auf eine solche Gesellschaft (Gesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten mit inländischer Hauptverwaltung und Geschäftsleitung) ist es - vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts - sachlich nicht gerechtfertigt, die Besteuerung der Gewinnausschüttungen anders vorzunehmen, als bei nach österreichischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaften mit inländischer Geschäftsleitung. Für die Kapitalertragsteuererhebung nach § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 auf Bezüge aus ausländischen juristischen Personen mit Hauptverwaltung/Geschäftsleitung in Österreich, hinsichtlich welcher die genannten gleichheitsrechtlichen Überlegungen eine Gleichbehandlung fordern, hält der Verwaltungsgerichtshof die von Doralt/Kirchmayr (EStG, § 27 EStG Tz 24), in Bezug auf § 27 Abs 1 Z 1 EStG 1988 formuliere Auffassung für zutreffend, wonach zu den Gewinnanteilen aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch Gewinnanteile an ausländischen Kapitalgesellschaften gehören, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft einer inländischen vergleichbar ist. Der erst seit dem Beitritt Österreichs zur EU rechtlich mögliche und erst im Gefolge der zitierten Rechtsprechung des EuGH zur Bedeutung gelangte Typus der nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft mit Hauptverwaltung/Geschäftsleitung in Österreich ist im gegebenen Zusammenhang durchaus als inländische Gesellschaft anzusehen. Dass der Gesetzgeber eine solche - in der gleichen Lage wie eine nach österreichischem Recht gegründete Körperschaft befindliche - Gesellschaft mit Hauptverwaltung und Geschäftsleitung im Inland nicht der Kapitalertragsteuerpflicht unterwerfen wollte, ist weder aus der historischen Entwicklung dieser Bestimmung noch aus deren Zweck ableitbar. Ist auch die Vergleichbarkeit dieser nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft mit einer österreichischen Kapitalgesellschaft gegeben, spricht nichts dagegen, von "Gewinnanteilen (Dividenden) Zinsen und sonstigen Bezügen aus Aktien" iSd § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 auszugehen (vgl im Ergebnis ebenfalls für die Kapitalertragsteuerplicht Dommes/Eckert/Lembeck/Metzler, SWI 2005, 537). Die Annahme von Aktien iSd § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 setzt somit voraus, dass eine einer inländischen Beteiligung in Form von Aktien vergleichbare Beteiligungsform vorliegt. Dabei wird insb darauf abzustellen sein, ob die ausländische Gesellschaft eine von den Gesellschaftern unabhängige Rechtspersönlichkeit hat, ein festes, im Eigentum der Gesellschaft stehendes Gesellschaftskapital aufweist, die Haftung für Gesellschaftsschulden eine auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte ist, die Möglichkeit der Gewinnausschüttung besteht und die Gesellschafter (etwa durch die Bestellung von Organwaltern) die Willensbildung bestimmen (vgl Kirchmayr, Besteuerung von Beteiligungserträgen, Wien 2004, 309 f).
Gerichtsentscheidung
EuGH 61997J0212 Centros VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005140124.X04Im RIS seit
23.10.2006Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013