TE Vfgh Beschluss 1984/6/25 B786/83, G78/84, G79/84, G80/84

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Veröffentlicht am 25.06.1984
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Index

53 Wirtschaftsförderung
53/01 Wirtschaftsförderung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
InvestitionsprämienG §4 Z2
InvestitionsprämienG §8
UStG 1972 §12 Abs2 Z2
VfGG §20

Leitsatz

B-VG Art140; Individualanträge auf Aufhebung von §4 Z2 und §8 Investitionsprämiengesetz, §12 Abs2 Z2 litc UStG 1972; mangelnde Antragslegitimation

Spruch

Die Gesetzesprüfungsanträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Bf. erhob unter Berufung auf Art144 B-VG eine beim VfGH am 21. Dezember 1983 eingelangte Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Sbg. vom 10. November 1983, Z 37-GA3-L/1983. Mit diesem Bescheid war einem Ansuchen des Bf. um Zuerkennung einer Investitionsprämie gemäß §4 Z2 des Investitionsprämiengesetzes, BGBl. 110/1982, nicht stattgegeben worden.

In einem beim VfGH am 10. Feber 1984 eingelangten Schriftsatz erklärte der Bf., daß sich seine Beschwerde "auf zwei unabhängigen Ebenen" bewege. Einerseits erhebe er eine "ganz normale Bescheidbeschwerde nach Art144 (1) B-VG", andererseits ermögliche ihm "ein Individualantrag i.S.d. Art140 (1) B-VG - in Verbindung mit §62

(1) VfGG - eine zweite Beschwerdelegitimation". Er beantrage die Aufhebung des §4 Z2 und des §8 des Investitionsprämiengesetzes, BGBl. 110/1982, sowie des 12 Abs2 Z2 litc des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223/1972, (idF des Abschn. VI Art1 Z7 des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. 645/1977).

2. Die zur Aufhebung beantragten Gesetzesbestimmungen lauten:

a) §4 Z2 des Investitionsprämiengesetzes:

"Eine Investitionsprämie kann nicht geltend gemacht werden

1. ...

2. für Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen und Krafträder, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen, sowie für Luftfahrzeuge ..."

b) §8 des Investitionsprämiengesetzes:

"Scheiden Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine Investitionsprämie geltend gemacht wurde, vor Ablauf der fünf auf das Kalenderjahr (Wirtschafsjahr) ihrer Anschaffung oder Herstellung folgenden Jahre aus dem Betriebsvermögen aus, werden sie vor Ablauf dieser Frist in eine im Ausland gelegene Betriebsstätte verbracht oder wird der Betrieb (Teilbetrieb) vor Ablauf dieser Frist veräußert oder aufgegeben, dann ist die Investitionsprämie, die auf die betreffenden Wirtschaftsgüter entfällt, vom Steuerpflichtigen (von der Gesellschaft) zurückzuzahlen. Wird der Betrieb oder ein Teilbetrieb unentgeltlich übertragen, dann gehen die Verpflichtungen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen auf den Rechtsnachfolger über."

c) §12 Abs2 Z2 litc des Umsatzsteuergesetzes:

"(2) Lieferungen oder sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Hievon bestehen folgende Ausnahmen, die sinngemäß auch für die Einfuhr von Gegenständen gelten:

1. Lieferungen ...

2. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen,

a) ...

b) ...

c) die in Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die ausschließlich dem Zweck der gewerblichen Weiterveräußerung, der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen."

3. a) §4 Z2 des Investitionsprämiengesetzes ist für den Bf. durch den von ihm mit Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG bekämpften Bescheid der Finanzlandesdirektion für Sbg. vom 10. November 1983 wirksam geworden. Es fehlt damit die für den Individualantrag iS des Art140 B-VG geforderte Voraussetzung, daß das angefochtene Gesetz für die antragstellende Person (insbesondere) ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Dem Einschreiter kommt demnach keine Antragslegitimation zu. Der Antrag auf Aufhebung des §4 Z2 des Investitionsprämiengesetzes war daher zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 8748/1980).

b) Die Bestimmung des §8 des Investitionsprämiengesetzes ist bei der Erlassung des vom Antragsteller mit Beschwerde nach Art144 B-VG bekämpften Bescheides weder angewendet worden, noch war diese Bestimmung anzuwenden.

Grundlegende Voraussetzung der Legitimation zur Stellung eines Antrages auf Aufhebung dieser Bestimmung wäre, daß sie in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen und diese im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit verletzt hätte.

Ein solcher Eingriff wäre für den Bf. nur dann in Betracht gekommen, wenn der Bf. wegen einer Behandlung von Wirtschaftsgütern iS der Bestimmung des §8 eine Investitionsprämie zurückzuzahlen hätte. Daß Wirtschaftsgüter einer solchen Behandlung unterzogen worden wären, wird vom Bf. selbst nicht einmal behauptet.

Mangels eines Eingriffes in seine Rechtssphäre ist der Einschreiter zur Stellung eines Antrages auf Aufhebung des §8 des Investitionsprämiengesetzes nicht legitimiert. Der Antrag war daher zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9275/1981).

c) Ein Individualantrag auf Aufhebung des §12 Abs2 Z2 litc des Umsatzsteuergesetzes 1972 ist vom VfGH bereits im Beschluß VfSlg. 8433/1978 (S 342) zurückgewiesen worden. Der VfGH hat folgendes ausgeführt:

"§12 Abs2 Z2 litc und" - der hier nicht in Betracht kommende - "§13 UStG 1972 können zwar die Rechtssphäre der Antragsteller aktuell berühren. Diese haben nämlich zunächst gemäß §21 Abs1 UStG 1972 die Umsatzsteuer monatlich (allenfalls nach §21 Abs2 vierteljährlich) selbst zu berechnen und entsprechende Vorauszahlungen zu leisten, ohne daß ein Bescheid vorausgehen müßte. Hiebei haben sie gegebenenfalls die bekämpften Vorsteuerabzugs-Bestimmungen zu beachten.

Die Rechtsordnung bietet den Antragstellern aber jedenfalls folgenden Weg zur Abwehr der behaupteten, durch die angebliche Verfassungswidrigkeit der bekämpften Bestimmungen des UStG 1972 bewirkten Rechtsverletzung:

Nach §23 Abs3 UStG 1972 hat das Finanzamt die Vorauszahlung unter anderem dann bescheidmäßig festzusetzen, wenn - nach Meinung des Finanzamtes - der Unternehmer die Vorauszahlung in einer Voranmeldung nicht richtig berechnet hat. Der Antragsteller kann durch die fristgerechte Abgabe einer seiner Rechtsauffassung entsprechenden Voranmeldung, in der er die maßgebenden Umstände dem §119 BAO entsprechend vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt, in die Lage kommen, einen Festsetzungsbescheid nach §23 Abs3 leg. cit. zu erwirken. Diesen Bescheid kann er nach Art144 B-VG beim VfGH und nach Art131 B-VG beim VwGH bekämpfen. In der Beschwerde an den VfGH kann er die amtswegige Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §12 Abs2 Z2 litc und des §13 UStG 1972 und in der Beschwerde an den VwGH die Stellung eines Antrages auf Prüfung der zitierten Gesetzesstelle anregen (vgl. Ott, Der Individualantrag nach Art140 Abs1 B-VG im Bereich der Umsatzsteuer, Zeitschrift für Gebühren und Verkehrsteuern 1978/4, S. 1 ff.).

Dieser Weg wäre für die Antragsteller durchaus zumutbar. Er würde für sie keine außergewöhnliche Härte mit sich bringen. Insbesondere würden sie sich bei dem oben geschilderten Vorgehen nicht der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen (vgl. den zitierten Artikel von Ott). Die Antragsteller müßten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich für sie ergeben, wenn sie den aufgezeigten Weg beschreiten, auch in jenen Fällen in Kaufnehmen, in denen sie die - im Bereiche der Vollziehung liegende - Rechtswidrigkeit von Steuerbescheiden rügen wollten. Von einer 'Erdrosselungsgefahr' für die Antragsteller kann unter den gegebenen Umständen keine Rede sein."

Der VfGH sieht keine Veranlassung, aus Anlaß des vorliegenden Antrages von den Ausführungen im Beschluß VfSlg. 8433/1978 abzugehen.

Der Antrag war mangels Legitimation des Einschreiters zurückzuweisen.

d) Bei den in lita bis c angeführten Ergebnissen war nicht zu untersuchen, ob die gestellten Individualanträge auch aus anderen Gründen zurückzuweisen gewesen wären.

4. Der Bf. behauptet, durch den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Sbg. vom 10. November 1983 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.

... (Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt). ...

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Auslegung eines Antrages, Investitionsprämie, Umsatzsteuer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B786.1983

Dokumentnummer

JFT_10159375_83B00786_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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