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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Arbeitszeitgesetz; keine Bedenken gegen §28 in bezug auf die dadurch bewirkte strafrechtliche Haftung des Arbeitgebers und nicht des DienstnehmersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1978 wurde der Bf. in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H GesmbH von der Bezirkshauptmannschaft Perg wegen einer Verwaltungsübertretung nach §16 Abs3 bzw. §14 Abs2 Arbeitszeitgesetz vom 11. Dezember 1969, BGBl. 461/1969 idF BGBl. 2/1975 (künftig: AZG) bestraft, weil er den Lenker seines LKW mit dem Pol. Kennzeichen O-..., am 20. Juni 1977 von 6.30 Uhr bis 24.00 Uhr und am 24. Juni 1977 von 3.30 Uhr bis 20.00 Uhr zu Dienstleistungen herangezogen habe, sodaß sich am 20. Juni 1977 eine Einsatzzeit von 17 1/2 Stunden und am 24. Juni 1977 eine solche von 16 1/2 Stunden ergab und er weiters den Lenker des genannten LKW am 4. Juli 1977 zu einer Lenkzeit von über 10 Stunden verwendet habe; hiefür wurde über den Bf. gemäß §28 Abs1 AZG eine Geldstrafe von 3000 S für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von sechs Tagen verhängt.
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 16. April 1980, Z Ge-27.623/4-1980/Bra/P, abgewiesen. Gleichzeitig wurde der Spruch des angefochtenen Bescheides "dahingehend abgeändert, als der Ausdruck '... Lenker seines Lastkraftwagens ...' durch den Ausdruck
'... Lenker des Lastkraftwagens ...' ersetzt" wurde.
2.1. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit liegt nach Ansicht des Bf. vor, weil von der bel. Beh. bei Erlassung des angefochtenen Bescheides §28 AZG und damit eine gleichheitswidrige Norm angewendet worden sei. Die Verfassungswidrigkeit der genannten Rechtsnorm erblickt der Bf. darin, daß ein Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des AZG nur für den Fall unter Strafsanktion gestellt wird, daß es von Arbeitgebern oder deren Bevollmächtigten gesetzt wird. Der Bf. vermeint, es sei "im Ergebnis geradezu grotesk, daß Dienstnehmer, die sich bewußt über die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und die ausdrücklichen Anweisungen des Arbeitgebers bzw. dessen Bevollmächtigter hinwegsetzen, straflos bleiben, während der Arbeitgeber, der gar keine Möglichkeit hat, die Einhaltung seiner Anweisungen und des Arbeitszeitgesetzes zu erzwingen, bestraft wird".
3.2. Der VfGH hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §28
AZG.
Den vom Bf. vorgebrachten Bedenken ist zunächst entgegenzuhalten, daß Arbeitgeber aufgrund der Bestimmungen des Arbeitsrechts durchaus in der Lage sind, auf Verstöße gegen ihre Anordnungen wirksam zu reagieren. Demnach ist es nicht gleichheitswidrig, daß nur der Arbeitgeber (sein verantwortlicher Geschäftsführer), nicht aber auch die Dienstnehmer eines Gewerbebetriebes strafrechtlich für ein gesetzwidriges Verhalten der im Betrieb Beschäftigten haften, wenn es bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit des Arbeitgebers (Geschäftsführer) hintangehalten hätte werden können; es geht nicht an, daß dieser seine Verantwortung auf die im Betrieb beschäftigten Personen abwälzt. Der VfGH verweist zu diesen Ausführungen auf seine bereits in VfSlg. 9187/1981, damals wohl zum Vollzugsbereich geäußerten, inhaltlich jedoch gleichgelagerten Überlegungen.
Der VfGH hegt demnach keine Bedenken, die ihn zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gegen §28 Abs1 AZG veranlassen würden.
3.3. Gegen die sonst angewendeten Bestimmungen wurden Bedenken nicht geltend gemacht, solche sind auch im VfGH nicht entstanden (vgl. auch VfSlg. 9982/1984 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Bestimmungen käme eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur in Frage, wenn der Behörde Willkür anzulasten wäre. Ein solcher Vorwurf wurde vom Bf. nicht erhoben; die Verwaltungsakten bieten auch keinerlei Anhaltspunkt, daß der Behörde ein solcher Vorwurf zu machen wäre.
Die Beurteilung der Frage, ob die Behörde richtig entschieden hat, obliegt ausschließlich dem VwGH.
3.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Arbeitsrecht, ArbeitszeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B300.1980Dokumentnummer
JFT_10159373_80B00300_00