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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
B-VG Art140 Abs1; Individualantrag auf Aufhebung der §§1, 2 und 3 Nö. Forstausführungsgesetz; Legitimationsmangel, da anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit zur Verfügung steht (Gerichtsverfahren anhängig)Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. In einer von der Antragstellerin an den VfGH gerichteten Eingabe vom 5. Jänner 1982 wird der Antrag "auf Aufhebung des Nö Forstausführungsgesetzes vom 15. Dezember 1977, LGBl. 6851-0, hinsichtlich des ArtI, I. Hauptstück 'Waldteilung', insbesondere §§1, 2 und 3;" gestellt.
In der Eingabe wird ausgeführt, daß die Antragstellerin zu 1/4 Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 53, KG Perersdorf, Grundbuch St. Pölten, sei. Zu dieser Liegenschaft gehöre das Grundstück Nr. 356/1 Wald, Katasterausmaß von 22766 m.
Die anderen Miteigentümer (zu 3/4 Anteilen) hätten beim Kreisgericht St. Pölten eine Klage auf Zivilteilung eingebracht. In der Teilungsklage werde ausgeführt, daß eine Realteilung, welche die Bedingung des Mindestausmaßes der Teilungsgrundstücke von einem Hektar erfülle, nicht möglich sei, weshalb - allein aufgrund der Bestimmungen des Nö. Forstausführungsgesetzes, LGBl. 6851-0, - eine Realteilung undurchführbar sei und die Aufhebung des Miteigentums im Wege der Zivilteilung begehrt werde.
Sonstige Hindernisse für eine Realteilung bestünden nicht und würden auch nicht behauptet.
Durch die Bestimmungen der §§1, 2 und 3 des Nö. Forstausführungsgesetzes werde unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragstellerin eingegriffen. Der Antragstellerin stehe außer einem Individiualantrag nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die behauptete Rechtswidrigkeit des Gesetzes bewirkte Rechtsverletzung abzuwehren.
Zur Darlegung der Bedenken wird auf das Erk. VfSlg. 8458/1978 verwiesen, mit dem einzelne Bestimmungen des Sbg.
Forstrechts-Ausführungsgesetzes, LGBl. für Sbg. Nr. 80/1977, als verfassungswidrig aufgehoben wurden. Auch bei den von der Antragstellerin zur Aufhebung beantragten Gesetzesbestimmungen handle es sich nicht um die Regelung der Voraussetzungen, die von den Grundstückseigentümern bei der Teilung von Grundstücken zu beachten seien, sondern um Regelungen auf dem Gebiet des Zivilrechtswesens. Darüber hinaus seien die angefochtenen Bestimmungen verfassungswidrig, da sie "dem Forstgesetz 1975 widersprechen, bez. dortselbst keine Deckung" fänden.
2. Die §§1 bis 3 des Nö. Forstausführungsgesetzes lauten:
"§1
Die aus einer Teilung von Waldgrundstücken entstehenden Teilstücke müssen ein Mindestausmaß von 1 ha und eine Mindestbreite vom 50 m aufweisen. Die Mindestmaße gelten nicht für die Teilung eines Waldgrundstückes, das in einem Flächenwidmungsplan als Bauland oder Verkehrsfläche gewidmet ist, soweit hiefür eine rechtskräftige Rodungsbewilligung (§17 des §2 Forstgesetzes 1975) vorliegt.
Die Behörde hat eine Ausnahme von den Bestimmungen des §1 zu bewilligen, soweit
a) für ein Teilstück eine Rodungsbewilligung (§17 Forstgesetz 1975) erteilt wurde;
b) ein Teilstück mit einem benachbarten Waldgrundstück vereinigt wird und das daraus neu entstehende Grundstück dann das Mindestausmaß aufweist oder
c) ohne die Grundstücksteilung Anlagen im öffentlichen Interesse, wie der umfassenden Landesverteidigung, des Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, des Bergbaues, des Energiewesens, der Seil- und Güterwege oder Müllbeseitigung überhaupt nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand errichtet werden könnten.
§3
Die Teilung von Waldgrundstücken unter das Mindestausmaß gemäß §1 darf ohne das Vorliegen einer Ausnahmebewilligung gemäß §2 im Grundbuch nicht durchgeführt werden."
3. Gemäß Art140 B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der VfGH in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten aber kommt diese Antragsbefugnis zu. Es ist (wie der VfGH im Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausgeführt und in seiner späteren Judikatur mehrfach zum Beispiel VfSlg. 8148/1977, 8241/1978, 8276/1978 und 8485/1979 bestätigt hat) für die Antragslegitimation darüber hinaus auch erforderlich, daß dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht.
4. Ein derartiger Weg steht aber der Antragstellerin zur Verfügung. Wie sie selbst im Antrag ausführt, ist beim Kreisgericht St. Pölten ein Verfahren über eine Klage anhängig, mit der die Mehrheit der Miteigentümer (zu 3/4 Anteilen) des Grundstückes Nr. 356/1 aus dem Grunde eine Zivilteilung begehrt, daß eine - auch von der Antragstellerin (als Miteigentümerin zu 1/4 Anteil) angestrebte - Realteilung zufolge des in §1 des Nö. Forstausführungsgesetzes für eine Teilung von Waldgrundstücken festgesetzten Mindestausmaßes nicht möglich sei.
In diesem Verfahren wird das Gericht gegebenenfalls die Zulässigkeit einer Realteilung aufgrund der angeführten Bestimmungen des Nö. Forstausführungsgesetzes zu prüfen haben. Käme dabei das Gericht I. Instanz zur Ansicht, daß eine Realteilung zulässig und damit das Klagebegehren auf Zivilteilung iS des Verlangens der Antragstellerin abzuweisen wäre, so läge eine Beschwer der Antragstellerin überhaupt nicht (mehr) vor.
Käme hingegen das Gericht I. Instanz zur Ansicht, daß dem Begehren auf Zivilteilung mangels der Möglichkeit einer Realteilung stattzugeben wäre, böte die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil der Antragstellerin die Möglichkeit, sämtliche gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen des Nö. Forstausführungsgesetzes sprechenden Argumente darzulegen und die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages durch das Berufungsgericht anzuregen.
Es ist kein Umstand erkennbar, nach dem die Einhaltung des erörterten Weges für die Antragstellerin gewichtige Nachteile, insbesondere eine außergewöhnliche Härte (vgl. VfSlg. 8979/1980, 9285/1981, 9795/1983) zur Folge haben könnte. Ihr steht somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die von ihr angenommenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen der §§1 bis 3 des Nö. Forstausführungsgesetzes durch die Anregung beim Berufungsgericht geltend zu machen, daß beim VfGH ein Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der angeführten Bestimmungen gestellt wird. Damit fehlt der Antragstellerin die Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG und §62 Abs1 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Zivilrecht, Forstwesen, WaldteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:G2.1982Dokumentnummer
JFT_10159371_82G00002_00