Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Nö. Bauordnung; Abweisung von Einwendungen einer Anrainerin gemäß §§98 ff.; Gestaltung subjektiv-öffentlicher Anrainerrechte - kein Eingriff in das EigentumSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. F und H M, die beteiligten Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens, stellten am 20. August 1976 durch das von ihnen beauftragte Bauunternehmen unter Vorlage von Einreichplänen und Baubeschreibungen bei der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern den Antrag auf baubehördliche Bewilligung des Abbruches eines Gebäudes und des Neubaues eines Betriebsgebäudes für die bestehende Fleischhauerei auf der Bauparzelle ..., KG Hadersdorf am Kamp, in Hadersdorf am Kamp, Hauptplatz. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern vom 9. Mai 1977 wurde nach Durchführung einer Bauverhandlung der Abbruch des Wirtschaftsgebäudes und der Neubau entsprechend den eingereichten Plänen auf der damals noch A und A S eigentümlichen Bauparzelle ... bewilligt. Die dagegen von M F und E L, der Bf. des verfassungsgerichtlichen Verfahrens, als Anrainer, denen die Bauparzelle ... gehörte, erhobene Berufung wies der Gemeinderat der angeführten Gemeinde mit Bescheid vom 8. Juni 1977 ab. Der dagegen von den Anrainerinnen erhobenen Vorstellung gab die Nö. Landesregierung mit Bescheid vom 15. Juli 1977 gemäß §61 Abs3 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-2, Folge, behob den angeführten Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den genannten Gemeinderat. Darauf behob der Gemeinderat mit Bescheid vom 9. August 1977 den Bescheid des Bürgermeisters vom 9. Mai 1977 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurück. Inzwischen war mit Bescheid des Bürgermeisters vom 9. August 1977 gemäß §10 der Nö. Bauordnung (Nö. BauO) die Bauparzelle ... in die Bauparzellen ... und ... geteilt worden. Letztere Parzelle ging in der Folge in das Eigentum der Bauwerber über.
2. Der Bürgermeister führte in Anwesenheit der Parteien und Sachverständigen am 1. September und am 26. September 1977 sowie am 17. November 1977 je eine Verhandlung durch. Am 1. Oktober 1977 starb die Anrainerin M F. Nachdem der Sachverständige für Bautechnik am 28. Dezember 1977 dargelegt hatte, warum die Beiziehung eines Sachverständigen für Statik nicht erforderlich sei, erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 3. Jänner 1978 unter Hinweis auf die angeführten Verhandlungen und unter Vorschreibung der dort als notwendig erkannten Auflagen gemäß §92 Abs1 und 7 sowie §100 Nö. BauO die beantragte Bewilligung. Die Einwendungen der Anrainer wurden gemäß §§98 ff. Nö. BauO abgewiesen.
Mit Bescheid vom 24. November 1978 gab der Gemeinderat der Berufung der Bf. teilweise Folge, indem aufgrund sachverständiger Äußerung weitere Auflagen vorgeschrieben wurden.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung gab die Nö. Landesregierung mit dem durch Beschwerde angefochtenen Bescheid vom 14. März 1979, Z II/2-V-795, gestützt auf §61 Nö. Gemeindeordnung, LGBl. 1000-2, nicht Folge.
In der Begründung wurde ausgeführt, nach dem für die Marktgemeinde
Hadersdorf-Kammern hinsichtlich der KG Hadersdorf geltenden
vereinfachten Flächenwidmungsplan liege das Baugrundstück ... im
Bauland, wobei eine besondere Nutzungsart nicht festgelegt sei. Die
Bf. habe den Verlauf der Grundgrenze zwischen den Bauparzellen ...
und ... bestritten. In einem solchen Fall habe die Baubehörde die
Frage des Grenzverlaufes aufgrund der maßgebenden Verhältnisse gemäß
§38 AVG 1950 als Vorfrage nach eigener Anschauung zu beurteilen. Die
Baubehörde habe durch Beiziehung eines Zivilgeometers am
26. September 1977 sowie durch Untersuchung des Mauerverbandes der
Grenzmauer - ob es sich hiebei nur um Pfeilerausbauten oder um
Pfeiler, die im Mauerverband mit der Brandmauer des Gebäudes auf
Bauparzelle ... ausgeführt wurden, handelt - durch Facharbeiter der
Baufirma alles unternommen, um diese Vorfrage beurteilen zu können.
Im übrigen hätten die Bauwerber aufgrund der Untersuchungsergebnisse
in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 1977 das Bauvorhaben
insofern abgeändert, daß an der Brandmauer, die nach Auffassung der
Bf. zur Bauparzelle ... gehört, mit Ausnahme jener Pfeiler, die nur
lose angebaut wurden (ehemalige Auflagepfeiler für das Pultdach des
Altbestandes des Bauwerkes), keine Abtragungen vorgenommen werden und
die Außenmauer (Brandwand) des neuen Betriebsgebäudes der Bauwerber
an die bestehende Brandwand der Bauparzelle ... angebaut werde, wobei
die Zwischenräume im Bereich der vorhandenen Bögen zwischen den Brandwänden nach entsprechender Isolierung gegen Feuchtigkeit ausgemauert würden. Dieser Beurteilung der baubehördlichen Instanzen schließe sich die Aufsichtsbehörde an. Diese sehe auch keine Rechtsverletzung darin, daß ein Sachverständiger für Statik entgegen dem Antrag der Bf. nicht beigezogen wurde. Schließlich sei die Wahrnehmung des Orts- und Landschaftsbildes kein Anrainerrecht.
3. Die Bf. macht in der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
4. Die bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid greift nicht in das Eigentum der Bf. ein. Durch ihn werden lediglich die sich aus der Nö. BauO ergebenden Anrainerrechte gestaltet. Diese sind jedoch nicht verfassungsgesetzlich gewährleistet und gehören überdies der Sphäre des öffentlichen Rechtes an. Die Bf. behauptet in der Beschwerde selbst, daß es sich bei ihren Einwendungen um subjektiv-öffentliche handelt. Über die Verletzung solcher subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte zu erkennen, ist ausschließlich der VwGH zuständig. Die Bf. ist somit in ihrem Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG nicht verletzt worden (s. VfSlg. 7591/1975 und andere Entscheidungen des VfGH, die die Rechtsordnung anderer Bundesländer betreffen, vgl. VfSlg. 2943/1955, 5936/1969, 7030/1973 und 9318/1982). Die behauptete Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat demnach nicht stattgefunden.
2. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Bf. in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.
3. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, NachbarrechteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B227.1979Dokumentnummer
JFT_10159080_79B00227_00