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10 VerfassungsrechtLeitsatz
VerfGG §82; rechtswirksame Zustellung an die Bf. persönlich trotz behaupteten Bestandes einer Zustellbevollmächtigung; Versäumnis der BeschwerdefristSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 14. November 1974 erwarb die Bf. von der A-C WohnungseigentumsAG einen mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft im Gerichtsbezirk Bad Hofgastein. Punkt X des Vertrages lautet:
"Der Käufer ermächtigt hiemit Herrn Dr. F G, Rechtsanwalt in Wien, aufgrund der Ihm erteilten beglaubigten Vollmacht alle weiteren für die Erwerbung der Eigentumswohnung notwendigen Eingaben zu fertigen und Rechtshandlungen zu unternehmen, insbesondere den Wohnungseigentumsvertrag zu fertigen."
In der von der Verkäuferin eingereichten Abgabenerklärung wurde für den Kaufvertrag die Grunderwerbsteuerbefreiung nach §4 Abs1 Z3 litb GrEStG in Anspruch genommen.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 1975 schrieb das Finanzamt der Bf. Grunderwerbsteuer in der Höhe von 14723 S mit der Begründung vor, das Wohn- und Geschäftshaus sei nur zu 60 vH von einem begünstigten Bauträger geschaffen worden und der Erwerb daher zu 40 vH steuerpflichtig. Am 15. Jänner 1976 erhob die Bf. gegen diesen Bescheid Berufung. Am 2. Feber 1976 erging an die Bf. eine Berufungsvorentscheidung, gegen die sie wiederum "Berufung" erhob.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion Sbg. vom 14. Juni 1976 wurde die Entscheidung über die Berufung der Bf. bis zum Vorliegen einer Entscheidung des VwGH in einer bei ihm anhängigen Rechtssache gemäß §281 Abs1 BAO ausgesetzt. Der Aussetzungsbeschluß wurde der Bf. zuhanden Dr. G zugestellt. Nach Fortsetzung des Verfahrens wies die Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom 24. April 1979 die Berufung ab. Der Berufungsbescheid wurde - wie schon der Abgabenbescheid und die Berufungsvorentscheidung - persönlich zugestellt (das Schriftstück wurde am 10. Mai 1979 beim Postamt hinterlegt und in der Folge von der Bf. behoben).
Am 24. Mai 1979 richtete die Bf. an das Finanzamt ein Schreiben, worin sie die Berufungsentscheidung "mit großem Bedauern" zur Kenntnis nimmt, die Anrufung des VfGH als gemeinsame Aufgabe der Wohnungseigentümer erklärt und um Bewilligung der Ratenzahlung ersucht. Diese Zahlungserleichterung wurde mit Bescheid vom 30. Mai 1979 bewilligt. Am 10. Jänner 1981 begehrte die Bf. die Rückzahlung der inzwischen bezahlten Grunderwerbsteuer mit der Begründung, die vertragsausfertigenden Rechtsanwälte hätten ihr zur Kenntnis gebracht, daß laut Urteil des VfGH vom 23. Oktober 1980 - dem Erk. VfSlg. 8940/1980 - die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer zu Unrecht erfolgt sei. Dieses Begehren wies das Finanzamt mit Bescheid vom 15. Jänner 1981 unter Hinweis auf die rechtskräftige Berufungsentscheidung vom 24. April 1979 ab.
2. Die gegen die Berufungsentscheidung vom 24. April 1979 gerichtete, am 15. Juni 1981 eingebrachte Beschwerde an den VfGH ist nach Auffassung der Bf. rechtzeitig, weil sie irrtümlich angenommen habe, daß die Berufungsentscheidung ihrem Vertreter zugestellt worden sei und dieser für sie ebenso VfGH-Beschwerde erhoben habe, wie für die anderen Käufer. Erst nach dem Erk. des VfGH habe sich herausgestellt, daß die Berufungsentscheidung nicht zuhanden Dr. G zugestellt worden sei. Sie habe sie erst am 4. Mai 1981 ihrem Vertreter überbracht, sodaß der Zustellmangel erst zu diesem Zeitpunkt geheilt worden sei.
In der Sache führt die Beschwerde aus wie die in VfSlg. 8940/1980 erledigten Beschwerden.
II. Die Beschwerde ist verspätet.
Das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Verwaltungsverfahren ist mit der Bf. persönlich durchgeführt worden. Kein Verfahrensschritt der Bf. oder ihres behaupteten Vertreters hat den Finanzbehörden erster und zweiter Instanz Anlaß gegeben, eine Zustellung an einen Vertreter vorzunehmen. Die Bf. ist im Verfahren zur Steuerbemessung und im Berufungsverfahren nur persönlich eingeschritten und hat auch niemals eine Zustellung an Dr. G verlangt. Erst ein Einschreiten des Vertreters oder ein Zustellverlangen der Bf. hätte eine allfällige Vollmacht für das Verwaltungsverfahren wirksam machen können. Ob die in Punkt X des Kaufvertrages enthaltene Ermächtigung eine zureichende Vollmacht dargestellt hätte, kann dahingestellt bleiben, weil von dieser Ermächtigung im Verfahren niemals Gebrauch gemacht worden ist.
An diesem Urteil ändert auch der Umstand nichts, daß im Akt ein von Dr. G unterfertigter Schriftsatz (Antrag gemäß §245 Abs2 BAO, Berufung und Stundungsgesuch) vom 5. Dezember 1974 liegt, der als Einschreiter neben der Verkäuferin die Bf. nennt (deren Name dem im übrigen hektografierten Text eingefügt wurde) und folgenden Vermerk trägt:
"Vollmacht N wird
nachgebracht
Vollmacht A-C
bei BRP 20567/74 - Dr. S".
Denn dieser Schriftsatz ist am 9. Dezember 1974, also noch lange vor Erlassung eines Steuerbescheides an die Bf., beim Finanzamt eingegangen, bezieht sich auf einen (angeblichen) Bescheid vom 15. November 1974 (wobei die für die GZ und das Zustelldatum vorgesehenen Stellen des Textes freigelassen sind) und war daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung insoweit ungeeignet. Wenn die Bf. in der Folge gegen den Steuerbescheid vom 29. Dezember 1975 persönlich und ohne jeden Hinweis auf ein etwa bestehendes Vertretungsverhältnis Berufung erhob, konnte die Behörde nicht mehr den geringsten Zweifel darüber haben, daß die Bf. das Berufungsverfahren selbst führen und (ungeachtet des allfälligen Bestandes einer Vollmacht) nicht durch Dr. G vertreten sein wollte.
Eben deshalb läßt sich für den Standpunkt der Beschwerde auch daraus nichts gewinnen, daß die Abgabe mit Bescheid vom 13. Jänner 1976 über "Ansuchen vom 5. Dezember 1975, eingebracht am 9. Dezember 1975" - gemeint offenbar der Schriftsatz aus 1974 - gestundet und dieser Bescheid zuhanden Dr. G zugestellt wurde, daß dieser am 2. Feber 1976 neuerlich ein - nach der Aktenlage unerledigt gebliebenes - Stundungsgesuch einbrachte und daß auch der Aussetzungsbescheid an Dr. G ging. Da nämlich die das Berufungsverfahren betreffenden Schritte ausnahmslos von der Bf. gesetzt worden waren, mußten die Behörden keine allgemeine Zustellbevollmächtigung Dr. G annehmen. Eine Zustellung des Aussetzungsbescheides an diesen konnte die Bf. auch nicht in Irrtum führen. Das Verhalten der Bf. nach Zustellung der Berufungsentscheidung zeigt übrigens, daß sie die Zustellung selbst für wirksam ansah.
Die Beschwerde ist daher als verspätet zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 litb VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Fristen, Vertreter (Verwaltungsverfahren), Verwaltungsverfahren, Zustellung, ZustellbevollmächtigterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B283.1981Dokumentnummer
JFT_10159079_81B00283_00