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64 Besonderes Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art14 Abs2Leitsatz
Gehaltsgesetz 1956 iVm. dem Landeslehrer-Dienstgesetz; Festsetzung des Vorrückungsstichtages einer nö. Volksschullehrerin gemäß §12; Zuständigkeit der Nö. Landesregierung und nicht des Bundesministers; kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung einer diese - rechtskräftig gewordene - Festsetzung betreffende BerufungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Mit Dekret vom 28. Juli 1976 hatte der Landesschulrat für NÖ die Bf. zum provisorischen Volksschullehrer ernannt und gleichzeitig gemäß den Bestimmungen des §12 GehaltsG den Vorrückungsstichtag festgesetzt; bei Festsetzung des Vorrückungsstichtages war ein Zeitraum von einem Jahr, 9 Monaten und 20 Tagen nicht herangezogen worden.
b) Mit Bescheid des Landesschulrates für NÖ vom 27. November 1979 wurde das Begehren der Bf. "auf Wegfall des Überstellungsverlustes im Ausmaß von einem Jahr, 9 Monaten und 20 Tagen" gemäß §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der von der Bf. gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat die Nö. Landesregierung mit Bescheid vom 7. Juli 1980 keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, die bel. Beh. wäre zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen. Die Bf. habe nicht ihre Ernennung zum provisorischen Volksschullehrer, sondern lediglich die Festsetzung des Vorrückungsstichtages bekämpft, also eine Frage, welche ausschließlich nach dem GehaltsG zu beurteilen sei. Da das GehaltsG nach seinem §96 durch den jeweiligen Bundesminister als oberste Dienstbehörde zu vollziehen sei, wäre zur Entscheidung über die Berufung der Bf. ausschließlich der Bundesminister für Unterricht und Kunst zuständig gewesen. Die Bf. habe aufgrund dessen gegen den genannten Bundesminister beim VwGH eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingebracht.
Zu diesem Vorbringen ist die Bf. auf den zu dem genannten Antrag ergangenen Beschluß des VwGH vom 13. Oktober 1980, Z 1740/80, zu verweisen, mit welchem die Beschwerde zurückgewiesen worden ist. Der VwGH hat ausgesprochen, daß nicht der Bundesminister für Unterricht und Kunst, sondern die Nö. Landesregierung zur Entscheidung über die von der Bf. erhobene Berufung zuständig war, und hat auf die Bestimmungen des Art14 Abs2 und Abs4 lita B-VG hingewiesen; der Anwendungsbereich des GehaltsG umfasse gemäß seinem §1 nur Bundesbeamte; die Anwendbarkeit des GehaltsG auf Landeslehrer ergebe sich erst aufgrund des §45 Landeslehrer-DienstG, dessen Vollziehung nach Art14 Abs2 B-VG grundsätzlich den Ländern obliege; §7 Abs1 Landeslehrer-DienstG bestimme, daß der Instanzenzug bei Ausübung der Diensthoheit über die Landeslehrer vom Landesschulrat an die Landesregierung geht.
Diesen Ausführungen des VwGH ist nichts hinzuzufügen.
2. Die Bf. bringt weiters vor, dem Dekret vom 28. Juli 1976 sei keine Rechtsmittelbelehrung angeschlossen, daher sei - wenn dem Dekret Bescheidcharakter zukomme - die Rechtsmittelfrist "perpetuiert", und das Rechtsmittel könne daher "jederzeit erhoben werden".
Die Bf. will damit offenbar zum Ausdruck bringen, daß die Festsetzung des Vorrückungsstichtages (noch) nicht in Rechtskraft erwachsen sei.
Abgesehen davon, daß nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH auch nicht als Bescheid bezeichneten Erledigungen Bescheidcharakter zukommt, wenn sie bindend Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt haben (s. zB VfSlg. 9247/1981, S 208, und die dort zitierte Vorjudikatur), ist nach §12 Abs9 GehaltsG der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen. Der VfGH hegt daher keinen Zweifel an der Bescheidqualität der im Ernennungsdekret vom 28. Juli 1976 enthaltenen Festsetzung des Vorrückungsstichtages der Bf.
Nach §61 Abs2 AVG gilt ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid, der keine Rechtsmittelbelehrung enthält, dann als rechtzeitig eingebracht, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde. Da die Bf. - wie aus den Verwaltungsakten zu ersehen ist - das Dekret vom 28. Juli 1976 am 3. September 1976 übernommen hat, ist entgegen der Auffassung der Bf. Rechtskraft eingetreten. Auch wenn die Behörde sich - wie die Bf. behauptet - in denkunmöglicher Weise auf die Bestimmung des §10 DienstrechtsverfahrensG, BGBl. 54/1958, gestützt hätte, änderte dies nichts am Bescheidcharakter des Ernennungsdekretes vom 28. Juli 1976 und dessen Rechtskraft.
3. Es liegt aber entgegen der Auffassung der Bf. nicht nur eine rechtskräftige Festsetzung der für den Vorrückungsstichtag maßgeblichen Zeiten vor, sondern es sind bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides auch keine neuen, die materielle Rechtskraft beseitigenden Rechtsvorschriften in Kraft getreten. Der Hinweis der Bf. auf die "Neuerung" des §5 Abs4 GehaltsüberleitungsG, wonach in den Zeitraum von vier Jahren für die Definitivstellung die für die Festsetzung des Vorrückungsstichtages berücksichtigten Zeiten ganz oder zT eingerechnet werden können, geht schon deshalb völlig fehl, weil diese Regelung bereits seit der ersten GehaltsüberleitungsG-Nov., BGBl. 243/1970, dem Rechtsbestand angehört.
4. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, daß die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter weder infolge Unzuständigkeit der bel. Beh. (s. oben unter Punkt 1.) noch dadurch verletzt worden ist, daß die Behörde zu Unrecht die Voraussetzungen des §68 Abs1 AVG (s. oben unter Punkt 2. und 3.) als gegeben angenommen hätte (zur ständigen Rechtsprechung des VfGH hiezu vgl. zB VfSlg. 8098/1977).
5. Bei diesem Ergebnis ist es ausgeschlossen, daß die Bf. in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre (vgl. zB VfSlg. 8741/1980).
Da die Bf. auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde, ist die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
Dienstrecht, Landeslehrer, Behördenzuständigkeit, Kompetenz Bund - Länder Dienstrecht, Kompetenz Bund - Länder Schulrecht, Dienstrechtsverfahren, Bescheidbegriff, Bescheid Rechtskraft, VorrückungsstichtagEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B473.1980Dokumentnummer
JFT_10159079_80B00473_00