TE Vfgh Erkenntnis 1984/9/21 B37/80

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Veröffentlicht am 21.09.1984
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art83 Abs2

Leitsatz

B-VG Art83 Abs2; Berufungsbescheid an Person gerichtet, die kein Rechtsmittel erhoben hat; verfassungswidrige Inanspruchnahme der Zuständigkeit

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die "W-GesmbH & Cie. Kommanditgesellschaft" (im folgenden kurz: "Kommanditgesellschaft") wurde im Jahre 1960 gegründet. Einziger Komplementär ist die "W-GesmbH"; Kommanditisten sind die Gemeinden Spital am Pyhrn und Windischgarsten sowie das Land OÖ.

Die "W-GesmbH" (im folgenden kurz: "GesmbH") wurde im Jahre 1959 ins Leben gerufen. Gegenstand des Unternehmens ist die Beteiligung als Komplementärin an der "W-GesmbH & Cie. Kommanditgesellschaft".

b) Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Linz schrieb der Kommanditgesellschaft mit Bescheiden vom 15. Dezember 1977 und 13. Feber 1978 für eine Kommanditeinlage und einen Forderungsverzicht des Landes OÖ Gesellschaftssteuer nach dem Kapitalverkehrssteuergesetz vor.

Dagegen erhob die Kommanditgesellschaft am 16. Jänner und 20. Feber 1978 Berufungen.

Die Finanzlandesdirektion für OÖ (FLD) gab mit Bescheid vom 19. November 1979 den Berufungen keine Folge. Die Berufungsentscheidung ist ausschließlich an die GesmbH adressiert und wurde auch nur dieser (am 18. Dezember 1979) zugestellt.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid erhebt die GesmbH die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH. Darin wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

3. Die FLD als bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet. Sie begehrt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der erstinstanzliche Bescheid erging an die Kommanditgesellschaft; sie war es, die dagegen berufen hat. Der zweitinstanzliche Bescheid wurde an die GesmbH gerichtet; es ist ausgeschlossen, die Person des Adressaten umzudeuten.

Die FLD hat also über die Berufung einer Person (der GesmbH) entschieden, die gar kein Rechtsmittel erhoben hatte. Die FLD als Berufungsbehörde hat damit im Ergebnis einer Person (der GesmbH) eine Steuerpflicht auferlegt, obgleich kein sie betreffendes Verfahren in erster Instanz durchgeführt worden war.

Die FLD hat sich somit eine ihr nach dem Gesetz nicht zukommende Kompetenz angemaßt und dadurch die bf. Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. zB VfSlg. 9179/1981, 9181/1981).

Der Bescheid war demnach aus diesem Grund - ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen - aufzuheben.

Schlagworte

Finanzverfahren, Verwaltungsverfahren, Berufung, Bescheiderlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B37.1980

Dokumentnummer

JFT_10159079_80B00037_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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