TE Vfgh Erkenntnis 2006/6/24 B1178/05

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Veröffentlicht am 24.06.2006
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Index

66 Sozialversicherung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2160,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerdeführerin hatte bis Juni 2005 auf gemeinsame Rechnung und Gefahr mit ihrem (damaligen) Ehegatten einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von € 7000,-- geführt sowie Einnahmen aus dem Einstellen von Reitpferden erzielt. Am 31. März 2005 stellte die Beschwerdeführerin gemäß §23 Abs1b BSVG den Antrag, für diese Nebentätigkeit ab dem Kalenderjahr 2004 die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte als Beitragsgrundlage heranzuziehen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Juli 2005 stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich die vorläufigen monatlichen Beitragsgrundlagen der Beschwerdeführerin in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der Bauern (ua.) für das Jahr 2004 fest; als Beitragsgrundlage für den Betrieb wurde hiebei der für das Jahr 2004 maßgebliche - aus dem Einheitswert errechnete - Versicherungswert des Betriebes (EUR 1028,51) zuzüglich der in §23 Abs10a BSVG vorgesehenen Mindestbeitragsgrundlage für die ausgeübte Nebentätigkeit (EUR 583,48) in Ansatz gebracht.

Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin behauptet die Beschwerdeführerin, in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt zu sein, und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Für den Fall der Abweisung der Beschwerde oder der Ablehnung ihrer Behandlung stellt sie den Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Die am Beschwerdeverfahren beteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern erstattete eine schriftliche Äußerung, in welcher der angefochtene Bescheid verteidigt wird.

II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §295 Abs10 BSVG ein. Mit Erkenntnis vom 24. Juni 2006, G28/06, hob er diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.

III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B1178.2005

Dokumentnummer

JFT_09939376_05B01178_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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