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50 GewerberechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gelegenheitsverkehrsgesetz; keine Bedenken gegen §§34 Abs1 Z3 und 36 der gemäß §10 erlassenen Betriebsordnung, BGBl. 289/1955; keine Verletzung des Rechtes auf Erwerbsausübungsfreiheit durch die denkmögliche Nichtverlängerung eines TaxilenkerausweisesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Mit Bescheid vom 9. März 1978 wies der Landeshauptmann von Wien als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß §73 Abs2 AVG 1950 nach Säumigkeit der Behörde erster Instanz (Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt) den Antrag des Bf. auf Verlängerung der Geltungsdauer des Taxilenkerausweises Nr. 11976 gemäß §36 Abs2 iZm. §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. 289/1955, (im folgenden kurz "Betriebsordnung") ab.
b) Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Verkehr mit Bescheid vom 15. September 1980 keine Folge und bestätigte gemäß §36 Abs2 iVm. §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung den Bescheid des Landeshauptmannes vom 9. März 1978.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Verlängerung eines Taxilenkerausweises gemäß §36 Abs2 und §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung ua. von der Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers abhängig sei. Da diese V keine nähere Begriffsbestimmung für die Vertrauenswürdigkeit gebe, sei von der Bedeutung auszugehen, die diesem Ausdruck im allgemeinen Sprachgebrauch zukomme. Demnach komme dem "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zu, wie einem "sich verlassen" (vgl. hiezu die Erk. des VwGH vom 24. April 1963, Z 1097/61, und vom 21. Feber 1973, Z 720/72).
Es könne dem Bf. zwar allein aufgrund des einer Verurteilung nach §431 StG zugrunde liegenden Verhaltens (im Hinblick auf ein grobes Mitverschulden einer verletzten Fußgängerin) die Vertrauenswürdigkeit iS des §34 der Betriebsordnung nicht abgesprochen werden. Anders verhalte es sich jedoch mit dem dem Bf. zur Last gelegten Vergehen der Urkundenfälschung, nach dem der Bf., um die Rechtzeitigkeit einer Antragstellung um Gewährung einer Studienbeihilfe vorzutäuschen, den Tag der tatsächlichen Postaufgabe vom 17. Jänner 1975 auf den 2. Dezember 1974 rückdatiert hatte (vgl. hiezu das Erk. VfSlg. 8827/1980).
Daß dieses Verhalten des Bf. auf die Beurteilung seiner Vertrauenswürdigkeit als Lenker im Fahrdienst von Taxigewerben keinen Einfluß haben könne, vermöge die bel. Beh. nicht zu finden, möge es auch, wie vom Bf. ins Treffen geführt werde, durch seine wirtschaftliche Notlage ausgelöst worden sein.
Die bel. Beh. müsse vielmehr annehmen, daß jemand, der wie der Bf. auf die beschriebene Weise eine echte Urkunde mit dem Vorsatz verfälsche, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werde, nicht jenes Maß an Vertrauenswürdigkeit besitze, wie es ein die Leistung des Taxigewerbes beanspruchender Fahrgast von einem Taxilenker - insbesondere was die Einhaltung der Vorschriften über den Fahrbetrieb betreffe (vgl. hier vor allem §§40 und 44 der Betriebsordnung) - erwarten müsse.
Sodann wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters festgestellt, daß der Bf. in den letzten fünf Jahren wiederholt wegen Übertretungen von Straßenverkehrsvorschriften rechtskräftig bestraft worden sei.
Im Hinblick auf die Art und Anzahl der vom Bf. begangenen Verwaltungsübertretungen sowie aufgrund des gerichtlich geahndeten Vergehens der Urkundenfälschung verbiete sich nach Auffassung der bel. Beh. die Annahme, daß der Bf. das gemäß §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung zu fordernde Maß an Vertrauenswürdigkeit noch besitze (Hinweis auf das Erk. des VwGH vom 21. Feber 1973, Z 720/72).
2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 15. September 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsausübung nach Art6 StGG und überdies durch Anwendung einer gesetzwidrigen V in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Landeshauptmann hat den Bescheid vom 9. März 1978 (I.1. lita) aufgrund des gestellten Devolutionsantrages als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, und nicht als Rechtsmittelinstanz erlassen. Der Bescheid ist als erstinstanzlicher Bescheid anzusehen, gegen den iS des Art103 Abs4 B-VG die Berufung an den zuständigen Bundesminister zulässig ist (vgl. den unter Hinweis auf das Erk. VwSlg. 9950 (A)/1979 an den Bf. ergangenen Beschl. des VwGH vom 31. Jänner 1980, Z 3472/78).
Der Bundesminister für Verkehr war zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig.
2. Für die Entscheidung der vorliegenden Beschwerde ist die Rechtslage maßgeblich, wie sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz, BGBl. 85/1952, iZm. §376 Z36 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. 50/1974 (GewO 1973), somit vor dem Inkrafttreten (1. Mai 1982) des Gesetzes BGBl. 486/1981, mit dem das Gelegenheitsverkehrsgesetz, das Güterbeförderungsgesetz und die GewO 1973 geändert wurden, bestanden hat.
Im Sinne der angeführten Bestimmungen (§10 Gelegenheitsverkehrsgesetz) kann (nunmehr, vgl. VfSlg. 8829/1980) der Bundesminister für Verkehr für die diesem BG unterliegenden Gewerbezweige mit V Vorschriften über die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit erlassen.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten gesetzlichen Vorschriften sind weder in der Beschwerde geltend gemacht worden, noch im Verfahren vor dem VfGH entstanden.
3. a) §34 Betriebsordnung lautet:
"§34. (1) Der Ausweis ist auszustellen, wenn der Bewerber
1. den nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften jeweils vorgeschriebenen Führerschein besitzt und nachweist, daß er mindestens ein Jahr hindurch einen Kraftwagen anstandslos gelenkt hat;
2. körperlich so leistungsfähig ist, daß er den sich aus der Eigenart des Gewerbes für ihn allenfalls ergebenden Verpflichtungen (Verladen von Gepäck, Unterstützung körperlich behinderter Fahrgäste und dergleichen) nachkommen kann;
3. vertrauenswürdig ist;
4. das 21. Lebensjahr vollendet hat;
5. Kenntnisse der Bestimmungen dieser Verordnung und besondere Kenntnisse der Verkehrsvorschriften, soweit sie sich auf das Taxi-Gewerbe beziehen, ferner Kenntnisse sonstiger einschlägiger gewerbepolizeilicher und sanitätspolizeilicher Vorschriften sowie schließlich entsprechende Ortskenntnisse nachweist.
(2) Als Nachweis im Sinne des Abs1 Z5 gilt auch ein Zeugnis über eine mit Erfolg abgelegte entsprechende Prüfung, die bei der nach dem Wohnsitz des Bewerbers in Betracht kommenden zuständigen Fachgruppe für das Personenfuhrwerks-Gewerbe im Einvernehmen mit dem zuständigen Wirtschaftsförderungsinstitut der bezüglichen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft abgehalten wurde."
b) §36 der Betriebsordnung lautet:
"§36. (1) Der Ausweis ist auf die Dauer von fünf Jahren auszustellen. Eine kürzere Geltungsdauer kann nur in begründeten Ausnahmefällen, zum Beispiel bei fortgeschrittenem Alter, wegen eines Leidens und dergleichen, festgesetzt werden.
(2) Nach Ablauf der Geltungsdauer kann der Ausweis auf Antrag auf jeweils weitere fünf Jahre verlängert werden, solange die im §34 bezeichneten Voraussetzungen gegeben sind."
c) §38 Abs1 der Betriebsordnung lautet:
"§38. (1) Der Ausweis kann von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zurückgenommen werden, wenn
a) die in §34 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, oder
b) der Lenker sich gröbliche Verletzungen der Bestimmungen dieser Verordnung oder der straßenpolizeilichen oder kraftfahrrechtlichen Vorschriften hat zuschulden kommen lassen, oder
c) der Lenker im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Lenker gerichtlich bestraft worden ist."
4. a) Der Bf. behauptet, "daß das Gesetz selbst keine Ermächtigung zu einer Befristung der Lenkerberechtigung erteilt" habe, "sodaß die Bestimmung des §36 der Betriebsordnung gesetzwidrig erlassen" worden sei, "abgesehen davon, daß sie auch infolge der Bestimmung des §38 der Betriebsordnung überflüssig" erscheine.
b) Zu diesem Vorbringen verweist der VfGH darauf, daß das Gesetz ausdrücklich die Ermächtigung erteilt, mit V Vorschriften über die Zuverlässigkeit der im Fahrdienst verwendeten Personen zu erlassen. Diese Ermächtigung allein rechtfertigt schon eine periodische Überprüfung der Zuverlässigkeit und damit eine Befristung der Geltungsdauer des Ausweises.
Gegen die Gesetzmäßigkeit der Bestimmung des §36 der Betriebsordnung bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken.
c) In der Beschwerde wird des weiteren vorgebracht, daß mit §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung "dem Gesetzesauftrag insofern nicht Genüge geleistet" sei, als "im Gegensatz zu den Z1 - 2 und 4 - 5 keinerlei die im Gesetz angeführte Zuverlässigkeit entsprechende Umschreibung bzw. Bestimmung" vorgenommen worden sei, "sodaß mangels einer solchen Determination eine entsprechende Auslegung nicht nach dem Wortlaut, sondern unter Heranziehung anderer, gleichfalls für die besonderen Voraussetzungen erlassener Bestimmungen dieser Verordnung zu erfolgen hat und die von der belangten Behörde getroffene Auslegung des Begriffes Vertrauenswürdigkeit demnach denkunmöglich" erscheine.
Ferner wird vorgebracht, daß die unter §38 Abs1 litb und c der Betriebsordnung angeführten Umstände "keinesfalls dem Begriff der Vertrauenswürdigkeit unterzuordnen" seien, "da sich ansonsten lita erübrigt hätte, welcher ausdrücklich auf §34, somit auch auf die geforderte Vertrauenswürdigkeit" verweise.
Sofern vom Bf. damit geltend gemacht werden sollte, daß die Regelung des §34 Abs1 der Betriebsordnung, nach der als Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit festgelegt ist, als eine das Verhalten der Behörde nicht hinreichend bestimmende Vorschrift zu beurteilen sei, ist festzuhalten, daß das sich aus dem Inhalt dieser Vorschrift ergebende Verhalten von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts durchaus überprüfbar ist. Damit ist die Regelung, auch wenn sie überflüssig sein sollte, nicht gesetzwidrig.
Zusammenfassend ergibt sich, daß gegen die bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen.
d) Die bel. Beh. ist unter Hinweis auf den Inhalt, den die Rechtsprechung der Bestimmung des §34 Abs1 Z3 der Betriebsordnung beigemessen hat, und unter Bedachtnahme auf die über den Bf. wegen einer Urkundenfälschung verhängte gerichtliche Strafe und wegen der mehrfachen Bestrafungen aufgrund von Übertretungen der StVO zur Auffassung gelangt, daß beim Bf. die erforderliche Vertrauenswürdigkeit für eine Verlängerung des Ausweises nicht vorliegt. Sie hat damit keineswegs in denkunmöglicher Gesetzesanwendung den Antrag des Bf. auf Verlängerung der Geltungsdauer seines Taxilenkerausweises abgelehnt. Allein schon daraus ergibt sich, daß, sofern der angefochtene Bescheid überhaupt in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung eingreifen sollte, die vom Bf. behauptete Verletzung dieses Rechtes nicht stattgefunden hat (vgl. VfSlg. 8492/1979).
Ob bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Gesetz auch richtig angewendet wurde, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Bescheiderlassung, Gelegenheitsverkehr, Devolution, ErwerbsausübungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B621.1980Dokumentnummer
JFT_10159078_80B00621_00